Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841.

Bild:
<< vorherige Seite
Beylage XIV.
XVIII.

Es dürfen jedoch Zwey Stellen nicht verschwiegen
werden, die gegen die Wahrheit der hier vorgetragenen
Lehre Zweifel erregen könnten.

Die eine, von Ulpian herrührend, lautet also (a):
Si servus vel filiusfamilias furtum commiserit, con-
dicendum est domino id, quod ad eum pervenit: in
residuum, noxae servum dominus dedere potest.

Auf den ersten Blick scheint diese Stelle die Condiction für
eine Delictsklage zu erklären, die als actio noxalis gegen
den Herrn angestellt werden könne. Da sie aber, so ver-
standen, allen vorher angeführten Beweisstellen geradezu
widersprechen würde, so muß vermittelst einer andern Er-
klärung die Vereinigung gesucht werden. Ulpian warf sich
die Frage auf, inwieweit das Vermögen eines Herrn durch
den von seinem Sklaven begangenen Diebstahl gefährdet
werden könne, und er beruhigt den Herrn damit, daß er
niemals unbedingt für die durch den Diebstahl herbeyge-
führten Obligationen zu haften brauche; durch die Con-
diction könne er gar Nichts verlieren, da sie ihn nur
nöthigen könne, Dasjenige heraus zu geben, Was ihm
durch den Diebstahl als Bereicherung zugekommen sey;
dann sey nur noch die furti actio übrig, die er allerdings
als actio noxalis übernehmen, und wodurch er den noch
übrigen Werth des Diebstahls (sogar erhöht, durch die

(a) L. 4 de cond. furt. (13. 1.).
Beylage XIV.
XVIII.

Es dürfen jedoch Zwey Stellen nicht verſchwiegen
werden, die gegen die Wahrheit der hier vorgetragenen
Lehre Zweifel erregen könnten.

Die eine, von Ulpian herrührend, lautet alſo (a):
Si servus vel filiusfamilias furtum commiserit, con-
dicendum est domino id, quod ad eum pervenit: in
residuum, noxae servum dominus dedere potest.

Auf den erſten Blick ſcheint dieſe Stelle die Condiction für
eine Delictsklage zu erklären, die als actio noxalis gegen
den Herrn angeſtellt werden könne. Da ſie aber, ſo ver-
ſtanden, allen vorher angeführten Beweisſtellen geradezu
widerſprechen würde, ſo muß vermittelſt einer andern Er-
klärung die Vereinigung geſucht werden. Ulpian warf ſich
die Frage auf, inwieweit das Vermögen eines Herrn durch
den von ſeinem Sklaven begangenen Diebſtahl gefährdet
werden könne, und er beruhigt den Herrn damit, daß er
niemals unbedingt für die durch den Diebſtahl herbeyge-
führten Obligationen zu haften brauche; durch die Con-
diction könne er gar Nichts verlieren, da ſie ihn nur
nöthigen könne, Dasjenige heraus zu geben, Was ihm
durch den Diebſtahl als Bereicherung zugekommen ſey;
dann ſey nur noch die furti actio übrig, die er allerdings
als actio noxalis übernehmen, und wodurch er den noch
übrigen Werth des Diebſtahls (ſogar erhöht, durch die

(a) L. 4 de cond. furt. (13. 1.).
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0576" n="562"/>
          <fw place="top" type="header">Beylage <hi rendition="#aq">XIV.</hi></fw><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#aq">XVIII.</hi> </hi> </head><lb/>
            <p>Es dürfen jedoch Zwey Stellen nicht ver&#x017F;chwiegen<lb/>
werden, die gegen die Wahrheit der hier vorgetragenen<lb/>
Lehre Zweifel erregen könnten.</p><lb/>
            <p>Die eine, von Ulpian herrührend, lautet al&#x017F;o <note place="foot" n="(a)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 4 <hi rendition="#i">de cond. furt.</hi></hi> (13. 1.).</note>:<lb/><hi rendition="#et"><hi rendition="#aq">Si servus vel filiusfamilias furtum commiserit, con-<lb/>
dicendum est domino id, <hi rendition="#i">quod ad eum pervenit:</hi> in<lb/>
residuum, <hi rendition="#i">noxae servum dominus dedere potest.</hi></hi></hi><lb/>
Auf den er&#x017F;ten Blick &#x017F;cheint die&#x017F;e Stelle die Condiction für<lb/>
eine Delictsklage zu erklären, die als <hi rendition="#aq">actio noxalis</hi> gegen<lb/>
den Herrn ange&#x017F;tellt werden könne. Da &#x017F;ie aber, &#x017F;o ver-<lb/>
&#x017F;tanden, allen vorher angeführten Beweis&#x017F;tellen geradezu<lb/>
wider&#x017F;prechen würde, &#x017F;o muß vermittel&#x017F;t einer andern Er-<lb/>
klärung die Vereinigung ge&#x017F;ucht werden. Ulpian warf &#x017F;ich<lb/>
die Frage auf, inwieweit das Vermögen eines Herrn durch<lb/>
den von &#x017F;einem Sklaven begangenen Dieb&#x017F;tahl gefährdet<lb/>
werden könne, und er beruhigt den Herrn damit, daß er<lb/>
niemals unbedingt für die durch den Dieb&#x017F;tahl herbeyge-<lb/>
führten Obligationen zu haften brauche; durch die Con-<lb/>
diction könne er gar Nichts verlieren, da &#x017F;ie ihn nur<lb/>
nöthigen könne, Dasjenige heraus zu geben, Was ihm<lb/>
durch den Dieb&#x017F;tahl als Bereicherung zugekommen &#x017F;ey;<lb/>
dann &#x017F;ey nur noch die <hi rendition="#aq">furti actio</hi> übrig, die er allerdings<lb/>
als <hi rendition="#aq">actio noxalis</hi> übernehmen, und wodurch er den noch<lb/>
übrigen Werth des Dieb&#x017F;tahls (&#x017F;ogar erhöht, durch die<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[562/0576] Beylage XIV. XVIII. Es dürfen jedoch Zwey Stellen nicht verſchwiegen werden, die gegen die Wahrheit der hier vorgetragenen Lehre Zweifel erregen könnten. Die eine, von Ulpian herrührend, lautet alſo (a): Si servus vel filiusfamilias furtum commiserit, con- dicendum est domino id, quod ad eum pervenit: in residuum, noxae servum dominus dedere potest. Auf den erſten Blick ſcheint dieſe Stelle die Condiction für eine Delictsklage zu erklären, die als actio noxalis gegen den Herrn angeſtellt werden könne. Da ſie aber, ſo ver- ſtanden, allen vorher angeführten Beweisſtellen geradezu widerſprechen würde, ſo muß vermittelſt einer andern Er- klärung die Vereinigung geſucht werden. Ulpian warf ſich die Frage auf, inwieweit das Vermögen eines Herrn durch den von ſeinem Sklaven begangenen Diebſtahl gefährdet werden könne, und er beruhigt den Herrn damit, daß er niemals unbedingt für die durch den Diebſtahl herbeyge- führten Obligationen zu haften brauche; durch die Con- diction könne er gar Nichts verlieren, da ſie ihn nur nöthigen könne, Dasjenige heraus zu geben, Was ihm durch den Diebſtahl als Bereicherung zugekommen ſey; dann ſey nur noch die furti actio übrig, die er allerdings als actio noxalis übernehmen, und wodurch er den noch übrigen Werth des Diebſtahls (ſogar erhöht, durch die (a) L. 4 de cond. furt. (13. 1.).

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system05_1841
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system05_1841/576
Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841, S. 562. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system05_1841/576>, abgerufen am 24.11.2024.