Noch wichtiger ist die Stipulation, das heißt der auf der Übereinstimmung mündlicher Frage und Antwort be- ruhende Vertrag, dessen Anwendung das einzige allgemein zureichende Mittel für die Römer war, jedem beliebigen Stoff vollständige Wirksamkeit vor Gericht zu verschaffen (Beyl. XIII. Num. XI.). Daß nun in der That jede Sti- pulation eine Condiction zur Folge hatte, ist unzweifel- haft (a). Hierin scheint aber eine Widerlegung der oben aufgestellten Grundansicht für die Condictionen zu liegen, indem die Stipulation auf eine versprochene neue Leistung, nicht auf ein Zurückgeben, gerichtet ist, also gar keine Analogie mit dem Darlehen zu haben scheint.
Dennoch halte ich auch hier denselben Zusammenhang mit dem Darlehen für gewiß, welcher so eben für die lit- terarum obligatio nachgewiesen worden ist. Wie nämlich diese letzte nichts Anderes ist, als die freywillige schrift- liche Unterwerfung unter die Folgen, die außerdem in der Natur des Darlehens gegründet sind, so ist die Sti- pulation eine freywillige mündliche Unterwerfung ganz gleicher Art. Durch beide Handlungen wird also die dem Darlehen natürliche Wirkung mit Willkühr und künstlich herbeygeführt, und man kann beide als die Fiction eines
(a)L. 9 § 3 L. 24 de R. C. (12. 1.), pr J. de V. O. (3. 15.). -- Der Einwurf, den man dagegen aus dem Namen der actio ex stipu- latu versuchen möchte, wird weiter unten beseitigt werden.
Beylage XIV.
X.
Noch wichtiger iſt die Stipulation, das heißt der auf der Übereinſtimmung mündlicher Frage und Antwort be- ruhende Vertrag, deſſen Anwendung das einzige allgemein zureichende Mittel für die Römer war, jedem beliebigen Stoff vollſtändige Wirkſamkeit vor Gericht zu verſchaffen (Beyl. XIII. Num. XI.). Daß nun in der That jede Sti- pulation eine Condiction zur Folge hatte, iſt unzweifel- haft (a). Hierin ſcheint aber eine Widerlegung der oben aufgeſtellten Grundanſicht für die Condictionen zu liegen, indem die Stipulation auf eine verſprochene neue Leiſtung, nicht auf ein Zurückgeben, gerichtet iſt, alſo gar keine Analogie mit dem Darlehen zu haben ſcheint.
Dennoch halte ich auch hier denſelben Zuſammenhang mit dem Darlehen für gewiß, welcher ſo eben für die lit- terarum obligatio nachgewieſen worden iſt. Wie nämlich dieſe letzte nichts Anderes iſt, als die freywillige ſchrift- liche Unterwerfung unter die Folgen, die außerdem in der Natur des Darlehens gegründet ſind, ſo iſt die Sti- pulation eine freywillige mündliche Unterwerfung ganz gleicher Art. Durch beide Handlungen wird alſo die dem Darlehen natürliche Wirkung mit Willkühr und künſtlich herbeygeführt, und man kann beide als die Fiction eines
(a)L. 9 § 3 L. 24 de R. C. (12. 1.), pr J. de V. O. (3. 15.). — Der Einwurf, den man dagegen aus dem Namen der actio ex stipu- latu verſuchen möchte, wird weiter unten beſeitigt werden.
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Beylage XIV.
X.
Noch wichtiger iſt die Stipulation, das heißt der auf
der Übereinſtimmung mündlicher Frage und Antwort be-
ruhende Vertrag, deſſen Anwendung das einzige allgemein
zureichende Mittel für die Römer war, jedem beliebigen
Stoff vollſtändige Wirkſamkeit vor Gericht zu verſchaffen
(Beyl. XIII. Num. XI.). Daß nun in der That jede Sti-
pulation eine Condiction zur Folge hatte, iſt unzweifel-
haft (a). Hierin ſcheint aber eine Widerlegung der oben
aufgeſtellten Grundanſicht für die Condictionen zu liegen,
indem die Stipulation auf eine verſprochene neue Leiſtung,
nicht auf ein Zurückgeben, gerichtet iſt, alſo gar keine
Analogie mit dem Darlehen zu haben ſcheint.
Dennoch halte ich auch hier denſelben Zuſammenhang
mit dem Darlehen für gewiß, welcher ſo eben für die lit-
terarum obligatio nachgewieſen worden iſt. Wie nämlich
dieſe letzte nichts Anderes iſt, als die freywillige ſchrift-
liche Unterwerfung unter die Folgen, die außerdem in
der Natur des Darlehens gegründet ſind, ſo iſt die Sti-
pulation eine freywillige mündliche Unterwerfung ganz
gleicher Art. Durch beide Handlungen wird alſo die dem
Darlehen natürliche Wirkung mit Willkühr und künſtlich
herbeygeführt, und man kann beide als die Fiction eines
(a) L. 9 § 3 L. 24 de R. C. (12.
1.), pr J. de V. O. (3. 15.). — Der
Einwurf, den man dagegen aus
dem Namen der actio ex stipu-
latu verſuchen möchte, wird weiter
unten beſeitigt werden.
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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841, S. 532. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system05_1841/546>, abgerufen am 21.11.2024.
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