Beylage XIII. Stricti juris, bonae fidei actiones.
tor aber war an diesen Unterschied auf keine Weise ge- bunden (Num. V.).
XX.
Fassen wir die hier dargestellten Übergänge, welche zwischen beiden Klassen von Klagen wahrgenommen wer- den (Num. XVI -- XIX.) zusammen, so erscheint darin das Bestreben, den strengen Klagen eine freyere Natur mitzu- theilen, vorherrschend vor dem entgegengesetzten Verfahren. Wir dürfen also wohl annehmen, daß man die Eigenthüm- lichkeit der stricti juris actiones nicht etwa als das an sich Bessere, Wünschenswerthe ansah, sondern nur als die aus der älteren Zeit als vorherrschend betrachtete Regel, von deren Fesseln man sich allmälig frey zu machen suchte. Es geschah aber Dieses auf dieselbe Weise, die wir auch in der Entwicklung anderer Institute des Römischen Rechts wahrnehmen; nicht plötzlich, vermittelst eines durchgreifen- den Acts der Gesetzgebung, sondern durch eine Nachhülfe in einzelnen Fällen, die sich der älteren Rechtsform unge- zwungen und fortbildend anschloß, so daß die strengere und freyere Form lange Zeit neben einander bestanden, und auch der individuellen Willkühr ein weiter Spielraum hierin gelassen wurde.
Beylage XIII. Stricti juris, bonae fidei actiones.
tor aber war an dieſen Unterſchied auf keine Weiſe ge- bunden (Num. V.).
XX.
Faſſen wir die hier dargeſtellten Übergänge, welche zwiſchen beiden Klaſſen von Klagen wahrgenommen wer- den (Num. XVI — XIX.) zuſammen, ſo erſcheint darin das Beſtreben, den ſtrengen Klagen eine freyere Natur mitzu- theilen, vorherrſchend vor dem entgegengeſetzten Verfahren. Wir dürfen alſo wohl annehmen, daß man die Eigenthüm- lichkeit der stricti juris actiones nicht etwa als das an ſich Beſſere, Wünſchenswerthe anſah, ſondern nur als die aus der älteren Zeit als vorherrſchend betrachtete Regel, von deren Feſſeln man ſich allmälig frey zu machen ſuchte. Es geſchah aber Dieſes auf dieſelbe Weiſe, die wir auch in der Entwicklung anderer Inſtitute des Römiſchen Rechts wahrnehmen; nicht plötzlich, vermittelſt eines durchgreifen- den Acts der Geſetzgebung, ſondern durch eine Nachhülfe in einzelnen Fällen, die ſich der älteren Rechtsform unge- zwungen und fortbildend anſchloß, ſo daß die ſtrengere und freyere Form lange Zeit neben einander beſtanden, und auch der individuellen Willkühr ein weiter Spielraum hierin gelaſſen wurde.
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Beylage XIII. Stricti juris, bonae fidei actiones.
tor aber war an dieſen Unterſchied auf keine Weiſe ge-
bunden (Num. V.).
XX.
Faſſen wir die hier dargeſtellten Übergänge, welche
zwiſchen beiden Klaſſen von Klagen wahrgenommen wer-
den (Num. XVI — XIX.) zuſammen, ſo erſcheint darin das
Beſtreben, den ſtrengen Klagen eine freyere Natur mitzu-
theilen, vorherrſchend vor dem entgegengeſetzten Verfahren.
Wir dürfen alſo wohl annehmen, daß man die Eigenthüm-
lichkeit der stricti juris actiones nicht etwa als das an
ſich Beſſere, Wünſchenswerthe anſah, ſondern nur als die
aus der älteren Zeit als vorherrſchend betrachtete Regel,
von deren Feſſeln man ſich allmälig frey zu machen ſuchte.
Es geſchah aber Dieſes auf dieſelbe Weiſe, die wir auch
in der Entwicklung anderer Inſtitute des Römiſchen Rechts
wahrnehmen; nicht plötzlich, vermittelſt eines durchgreifen-
den Acts der Geſetzgebung, ſondern durch eine Nachhülfe
in einzelnen Fällen, die ſich der älteren Rechtsform unge-
zwungen und fortbildend anſchloß, ſo daß die ſtrengere
und freyere Form lange Zeit neben einander beſtanden,
und auch der individuellen Willkühr ein weiter Spielraum
hierin gelaſſen wurde.
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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841, S. 502. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system05_1841/516>, abgerufen am 12.01.2025.
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