Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841.Stricti juris, bonae fidei actiones. XII. scriptis verbis quae de aestimato proponitur, et eaquae ex permutatione competit(f), et hereditatis pe- titio(g). Im § 29 wird noch hinzugefügt die actio rei uxoriae, an deren Stelle jetzt eine actio ex sti- pulatu, gleichfalls als b. f. actio, gesetzt worden sey. daß sie im älteren Recht überhaupt keine gewöhnliche actio, sondern ein ganz eigenthümliches, den Agri- mensoren zustehendes, arbitrium war, wobey übrigens ein ähnlich freyes Ermessen wie bey einer b. f. actio gelten mochte. Manche setzen den Grund darin, daß diese Klage quasi ex maleficio ge- wesen sey (Marezoll bey Linde X. S. 290.), was jedoch nicht richtig scheint; denn daß der Rich- ter auch auf zufällig verübten do- lus dabey Rücksicht nehmen soll, ist nichts Besonderes, da es auch bey den zwey anderen Theilungs- klagen gilt; eigentlicher Klagegrund ist hier der dolus niemals. (f) Manche haben angenommen, nur diese zwey Fälle der actio praescriptis verbis seyen b. f., weil nur sie hier genannt seyen; es ist jedoch kaum denkbar, daß irgend ein anderer Fall derselben, so wie sie in L. 5 praescript. verbis (19. 5.) zusammengestellt sind, stricti juris seyn sollte. Namentlich steht damit ganz im Widerspruch die sehr allgemeine Äußerung Ulpians in L. 1 pr. de aestim. (19. 3.) "quotiens enim de nomine contractus alicujus ambigeretur, ... dandam aesti- matoriam praescriptis verbis actionem: est enim negotium civile gestum, et quidem bona fide. Quare omnia et hic lo- cum habent, quae in bonae fidei judiciis diximus." Eben so entscheidend ist folgender Umstand. Die Klage gegen Den, cui rem inspiciendam dedi, geht nur auf dolus, nicht auf culpa, wenn er von dem Geschäft keinen Vortheil hat. L. 17 § 2 de praescr. verb. (19. 5.), L. 10 § 1 L. 12 pr. commod. (13. 6.). Gerade Die- ses aber ist eine Eigenthümlichkeit der b. f. contractus. L. 108 § 12 de leg. 1. (30 un.). Im Sinn Justinians sind daher jene zwey Fälle augenscheinlich blos Beyspiele; vielleicht hatte der alte Jurist, von welchem sie herrühren, sie schon eben so gemeynt: viel- leicht waren es aber auch zu sei- ner Zeit erst die einzigen aner- kannten Fälle überhaupt, worin eine actio praescriptis verbis gelten sollte; ganz gewiß hat er nicht sagen wollen, diese Klage gelte auch in den übrigen Fällen aber als stricti juris actio, son- dern wenn er die beiden Fälle in einem ausschließenden Sinn er- wähnte, so wollte er für die übri- gen Fälle jede Civilklage verneinen. (g) Vgl. oben Num. IX.
Stricti juris, bonae fidei actiones. XII. scriptis verbis quae de aestimato proponitur, et eaquae ex permutatione competit(f), et hereditatis pe- titio(g). Im § 29 wird noch hinzugefügt die actio rei uxoriae, an deren Stelle jetzt eine actio ex sti- pulatu, gleichfalls als b. f. actio, geſetzt worden ſey. daß ſie im älteren Recht überhaupt keine gewöhnliche actio, ſondern ein ganz eigenthümliches, den Agri- menſoren zuſtehendes, arbitrium war, wobey übrigens ein ähnlich freyes Ermeſſen wie bey einer b. f. actio gelten mochte. Manche ſetzen den Grund darin, daß dieſe Klage quasi ex maleficio ge- weſen ſey (Marezoll bey Linde X. S. 290.), was jedoch nicht richtig ſcheint; denn daß der Rich- ter auch auf zufällig verübten do- lus dabey Rückſicht nehmen ſoll, iſt nichts Beſonderes, da es auch bey den zwey anderen Theilungs- klagen gilt; eigentlicher Klagegrund iſt hier der dolus niemals. (f) Manche haben angenommen, nur dieſe zwey Fälle der actio praescriptis verbis ſeyen b. f., weil nur ſie hier genannt ſeyen; es iſt jedoch kaum denkbar, daß irgend ein anderer Fall derſelben, ſo wie ſie in L. 5 praescript. verbis (19. 5.) zuſammengeſtellt ſind, stricti juris ſeyn ſollte. Namentlich ſteht damit ganz im Widerſpruch die ſehr allgemeine Äußerung Ulpians in L. 1 pr. de aestim. (19. 3.) „quotiens enim de nomine contractus alicujus ambigeretur, … dandam aesti- matoriam praescriptis verbis actionem: est enim negotium civile gestum, et quidem bona fide. Quare omnia et hic lo- cum habent, quae in bonae fidei judiciis diximus.” Eben ſo entſcheidend iſt folgender Umſtand. Die Klage gegen Den, cui rem inspiciendam dedi, geht nur auf dolus, nicht auf culpa, wenn er von dem Geſchäft keinen Vortheil hat. L. 17 § 2 de praescr. verb. (19. 5.), L. 10 § 1 L. 12 pr. commod. (13. 6.). Gerade Die- ſes aber iſt eine Eigenthümlichkeit der b. f. contractus. L. 108 § 12 de leg. 1. (30 un.). Im Sinn Juſtinians ſind daher jene zwey Fälle augenſcheinlich blos Beyſpiele; vielleicht hatte der alte Juriſt, von welchem ſie herrühren, ſie ſchon eben ſo gemeynt: viel- leicht waren es aber auch zu ſei- ner Zeit erſt die einzigen aner- kannten Fälle überhaupt, worin eine actio praescriptis verbis gelten ſollte; ganz gewiß hat er nicht ſagen wollen, dieſe Klage gelte auch in den übrigen Fällen aber als stricti juris actio, ſon- dern wenn er die beiden Fälle in einem ausſchließenden Sinn er- wähnte, ſo wollte er für die übri- gen Fälle jede Civilklage verneinen. (g) Vgl. oben Num. IX.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p> <pb facs="#f0499" n="485"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#aq">Stricti juris, bonae fidei actiones. XII.</hi> </fw><lb/> <hi rendition="#et"><hi rendition="#aq">scriptis verbis quae de aestimato proponitur, et ea<lb/> quae ex permutatione competit</hi><note place="foot" n="(f)">Manche haben angenommen,<lb/> nur dieſe zwey Fälle der <hi rendition="#aq">actio<lb/> praescriptis verbis</hi> ſeyen <hi rendition="#aq">b. f.,</hi><lb/> weil nur ſie hier genannt ſeyen;<lb/> es iſt jedoch kaum denkbar, daß<lb/> irgend ein anderer Fall derſelben,<lb/> ſo wie ſie in <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 5 <hi rendition="#i">praescript.<lb/> verbis</hi></hi> (19. 5.) zuſammengeſtellt<lb/> ſind, <hi rendition="#aq">stricti juris</hi> ſeyn ſollte.<lb/> Namentlich ſteht damit ganz im<lb/> Widerſpruch die ſehr allgemeine<lb/> Äußerung Ulpians in <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 1 <hi rendition="#i">pr. de<lb/> aestim.</hi> (19. 3.) „quotiens enim<lb/> de nomine contractus alicujus<lb/> ambigeretur, … dandam aesti-<lb/> matoriam praescriptis verbis<lb/> actionem: <hi rendition="#i">est enim negotium<lb/> civile gestum, et quidem bona<lb/> fide. Quare</hi> omnia et hic lo-<lb/> cum habent, quae in bonae<lb/> fidei judiciis diximus.”</hi> Eben ſo<lb/> entſcheidend iſt folgender Umſtand.<lb/> Die Klage gegen Den, <hi rendition="#aq">cui rem<lb/> inspiciendam dedi,</hi> geht nur auf<lb/><hi rendition="#aq">dolus,</hi> nicht auf <hi rendition="#aq">culpa,</hi> wenn er<lb/> von dem Geſchäft keinen Vortheil<lb/> hat. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 17 § 2 <hi rendition="#i">de praescr. verb.</hi><lb/> (19. 5.), <hi rendition="#i">L.</hi> 10 § 1 <hi rendition="#i">L.</hi> 12 <hi rendition="#i">pr.<lb/> commod.</hi></hi> (13. 6.). Gerade Die-<lb/> ſes aber iſt eine Eigenthümlichkeit<lb/> der <hi rendition="#aq">b. f. contractus. <hi rendition="#i">L.</hi> 108<lb/> § 12 <hi rendition="#i">de leg.</hi> 1. (30 un.).</hi> Im<lb/> Sinn Juſtinians ſind daher jene<lb/> zwey Fälle augenſcheinlich blos<lb/> Beyſpiele; vielleicht hatte der alte<lb/> Juriſt, von welchem ſie herrühren,<lb/> ſie ſchon eben ſo gemeynt: viel-<lb/> leicht waren es aber auch zu ſei-<lb/> ner Zeit erſt die einzigen aner-<lb/> kannten Fälle überhaupt, worin<lb/> eine <hi rendition="#aq">actio praescriptis verbis</hi><lb/> gelten ſollte; ganz gewiß hat er<lb/> nicht ſagen wollen, dieſe Klage<lb/> gelte auch in den übrigen Fällen<lb/> aber als <hi rendition="#aq">stricti juris actio,</hi> ſon-<lb/> dern wenn er die beiden Fälle in<lb/> einem ausſchließenden Sinn er-<lb/> wähnte, ſo wollte er für die übri-<lb/> gen Fälle jede Civilklage verneinen.</note><hi rendition="#aq">, et hereditatis pe-<lb/> titio</hi><note place="foot" n="(g)">Vgl. oben Num. <hi rendition="#aq">IX.</hi></note>. Im § 29 wird noch hinzugefügt die <hi rendition="#aq">actio<lb/> rei uxoriae,</hi> an deren Stelle jetzt eine <hi rendition="#aq">actio ex sti-<lb/> pulatu,</hi> gleichfalls als <hi rendition="#aq">b. f. actio,</hi> geſetzt worden ſey.</hi> </p><lb/> <p> <note xml:id="seg2pn_75_2" prev="#seg2pn_75_1" place="foot" n="(e)">daß ſie im älteren Recht überhaupt<lb/> keine gewöhnliche <hi rendition="#aq">actio,</hi> ſondern<lb/> ein ganz eigenthümliches, den Agri-<lb/> menſoren zuſtehendes, <hi rendition="#aq">arbitrium</hi><lb/> war, wobey übrigens ein ähnlich<lb/> freyes Ermeſſen wie bey einer <hi rendition="#aq">b. f.<lb/> actio</hi> gelten mochte. Manche<lb/> ſetzen den Grund darin, daß dieſe<lb/> Klage <hi rendition="#aq">quasi ex maleficio</hi> ge-<lb/> weſen ſey (<hi rendition="#g">Marezoll</hi> bey Linde<lb/><hi rendition="#aq">X.</hi> S. 290.), was jedoch nicht<lb/> richtig ſcheint; denn daß der Rich-<lb/> ter auch auf zufällig verübten <hi rendition="#aq">do-<lb/> lus</hi> dabey Rückſicht nehmen ſoll,<lb/> iſt nichts Beſonderes, da es auch<lb/> bey den zwey anderen Theilungs-<lb/> klagen gilt; eigentlicher Klagegrund<lb/> iſt hier der <hi rendition="#aq">dolus</hi> niemals.</note> </p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [485/0499]
Stricti juris, bonae fidei actiones. XII.
scriptis verbis quae de aestimato proponitur, et ea
quae ex permutatione competit (f), et hereditatis pe-
titio (g). Im § 29 wird noch hinzugefügt die actio
rei uxoriae, an deren Stelle jetzt eine actio ex sti-
pulatu, gleichfalls als b. f. actio, geſetzt worden ſey.
(e)
(f) Manche haben angenommen,
nur dieſe zwey Fälle der actio
praescriptis verbis ſeyen b. f.,
weil nur ſie hier genannt ſeyen;
es iſt jedoch kaum denkbar, daß
irgend ein anderer Fall derſelben,
ſo wie ſie in L. 5 praescript.
verbis (19. 5.) zuſammengeſtellt
ſind, stricti juris ſeyn ſollte.
Namentlich ſteht damit ganz im
Widerſpruch die ſehr allgemeine
Äußerung Ulpians in L. 1 pr. de
aestim. (19. 3.) „quotiens enim
de nomine contractus alicujus
ambigeretur, … dandam aesti-
matoriam praescriptis verbis
actionem: est enim negotium
civile gestum, et quidem bona
fide. Quare omnia et hic lo-
cum habent, quae in bonae
fidei judiciis diximus.” Eben ſo
entſcheidend iſt folgender Umſtand.
Die Klage gegen Den, cui rem
inspiciendam dedi, geht nur auf
dolus, nicht auf culpa, wenn er
von dem Geſchäft keinen Vortheil
hat. L. 17 § 2 de praescr. verb.
(19. 5.), L. 10 § 1 L. 12 pr.
commod. (13. 6.). Gerade Die-
ſes aber iſt eine Eigenthümlichkeit
der b. f. contractus. L. 108
§ 12 de leg. 1. (30 un.). Im
Sinn Juſtinians ſind daher jene
zwey Fälle augenſcheinlich blos
Beyſpiele; vielleicht hatte der alte
Juriſt, von welchem ſie herrühren,
ſie ſchon eben ſo gemeynt: viel-
leicht waren es aber auch zu ſei-
ner Zeit erſt die einzigen aner-
kannten Fälle überhaupt, worin
eine actio praescriptis verbis
gelten ſollte; ganz gewiß hat er
nicht ſagen wollen, dieſe Klage
gelte auch in den übrigen Fällen
aber als stricti juris actio, ſon-
dern wenn er die beiden Fälle in
einem ausſchließenden Sinn er-
wähnte, ſo wollte er für die übri-
gen Fälle jede Civilklage verneinen.
(g) Vgl. oben Num. IX.
(e) daß ſie im älteren Recht überhaupt
keine gewöhnliche actio, ſondern
ein ganz eigenthümliches, den Agri-
menſoren zuſtehendes, arbitrium
war, wobey übrigens ein ähnlich
freyes Ermeſſen wie bey einer b. f.
actio gelten mochte. Manche
ſetzen den Grund darin, daß dieſe
Klage quasi ex maleficio ge-
weſen ſey (Marezoll bey Linde
X. S. 290.), was jedoch nicht
richtig ſcheint; denn daß der Rich-
ter auch auf zufällig verübten do-
lus dabey Rückſicht nehmen ſoll,
iſt nichts Beſonderes, da es auch
bey den zwey anderen Theilungs-
klagen gilt; eigentlicher Klagegrund
iſt hier der dolus niemals.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |