terscheidende der bonae fidei actio dargestellt worden ist, hat nicht überall dieselbe Natur. In den meisten Anwen- dungen bezieht sie sich auf die fest bestimmten Rechte der Parteyen, woran auch der Prätor im einzelnen Rechts- streit Nichts ändern konnte; so verhält es sich mit den nur in der b. f. actio geltenden Verzugszinsen (III. b.); eben so mit der milderen Beurtheilung der Culpa (IV. f.). In Einer Anwendung dagegen (IV. a.) bezieht sie sich le- diglich auf das Verhältniß des Judex zum Prätor, also auf die mehr oder minder buchstäbliche Befolgung der vor- geschriebenen formula, wozu der Judex verpflichtet seyn sollte.
Diese freyere oder beschränktere Macht aber stand hier, so wie bey allen strengen oder freyen Klagen überhaupt (System § 218), im Zusammenhang mit der persönlichen Beschaffenheit des urtheilenden Richters, indem dieser für die str. j. actio nur aus dem album der judices genommen werden durfte, welche Beschränkung für den arbiter in der b. f. actio wegfiel. Offenbar lag nun darin ein größeres Vertrauen, welches dem arbiter der b. f. actio gewährt wurde. Jedoch würde es unrichtig seyn, dieses Vertrauen auf eine allgemeine, klassenweise eintretende, Vermuthung größerer Zuverlässigkeit zurückführen zu wollen, da es ja widersinnig gewesen wäre, die Einsicht oder Redlichkeit ei- nes Richters blos deswegen geringer zu schätzen, weil sein Name im album der judices stand. Vielmehr scheint je- nes größere Vertrauen daraus erklärt werden zu müssen,
Stricti juris, bonae fidei actiones. V.
terſcheidende der bonae fidei actio dargeſtellt worden iſt, hat nicht überall dieſelbe Natur. In den meiſten Anwen- dungen bezieht ſie ſich auf die feſt beſtimmten Rechte der Parteyen, woran auch der Prätor im einzelnen Rechts- ſtreit Nichts ändern konnte; ſo verhält es ſich mit den nur in der b. f. actio geltenden Verzugszinſen (III. b.); eben ſo mit der milderen Beurtheilung der Culpa (IV. f.). In Einer Anwendung dagegen (IV. a.) bezieht ſie ſich le- diglich auf das Verhältniß des Judex zum Prätor, alſo auf die mehr oder minder buchſtäbliche Befolgung der vor- geſchriebenen formula, wozu der Judex verpflichtet ſeyn ſollte.
Dieſe freyere oder beſchränktere Macht aber ſtand hier, ſo wie bey allen ſtrengen oder freyen Klagen überhaupt (Syſtem § 218), im Zuſammenhang mit der perſönlichen Beſchaffenheit des urtheilenden Richters, indem dieſer für die str. j. actio nur aus dem album der judices genommen werden durfte, welche Beſchränkung für den arbiter in der b. f. actio wegfiel. Offenbar lag nun darin ein größeres Vertrauen, welches dem arbiter der b. f. actio gewährt wurde. Jedoch würde es unrichtig ſeyn, dieſes Vertrauen auf eine allgemeine, klaſſenweiſe eintretende, Vermuthung größerer Zuverläſſigkeit zurückführen zu wollen, da es ja widerſinnig geweſen wäre, die Einſicht oder Redlichkeit ei- nes Richters blos deswegen geringer zu ſchätzen, weil ſein Name im album der judices ſtand. Vielmehr ſcheint je- nes größere Vertrauen daraus erklärt werden zu müſſen,
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0483"n="469"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#aq">Stricti juris, bonae fidei actiones. V.</hi></fw><lb/>
terſcheidende der <hirendition="#aq">bonae fidei actio</hi> dargeſtellt worden iſt,<lb/>
hat nicht überall dieſelbe Natur. In den meiſten Anwen-<lb/>
dungen bezieht ſie ſich auf die feſt beſtimmten Rechte der<lb/>
Parteyen, woran auch der Prätor im einzelnen Rechts-<lb/>ſtreit Nichts ändern konnte; ſo verhält es ſich mit den<lb/>
nur in der <hirendition="#aq">b. f. actio</hi> geltenden Verzugszinſen (<hirendition="#aq">III. b.</hi>);<lb/>
eben ſo mit der milderen Beurtheilung der Culpa (<hirendition="#aq">IV. f.</hi>).<lb/>
In Einer Anwendung dagegen (<hirendition="#aq">IV. a.</hi>) bezieht ſie ſich le-<lb/>
diglich auf das Verhältniß des Judex zum Prätor, alſo<lb/>
auf die mehr oder minder buchſtäbliche Befolgung der vor-<lb/>
geſchriebenen <hirendition="#aq">formula,</hi> wozu der Judex verpflichtet ſeyn<lb/>ſollte.</p><lb/><p>Dieſe freyere oder beſchränktere Macht aber ſtand hier,<lb/>ſo wie bey allen ſtrengen oder freyen Klagen überhaupt<lb/>
(Syſtem § 218), im Zuſammenhang mit der perſönlichen<lb/>
Beſchaffenheit des urtheilenden Richters, indem dieſer für<lb/>
die <hirendition="#aq">str. j. actio</hi> nur aus dem <hirendition="#aq">album</hi> der <hirendition="#aq">judices</hi> genommen<lb/>
werden durfte, welche Beſchränkung für den <hirendition="#aq">arbiter</hi> in der<lb/><hirendition="#aq">b. f. actio</hi> wegfiel. Offenbar lag nun darin ein größeres<lb/>
Vertrauen, welches dem <hirendition="#aq">arbiter</hi> der <hirendition="#aq">b. f. actio</hi> gewährt<lb/>
wurde. Jedoch würde es unrichtig ſeyn, dieſes Vertrauen<lb/>
auf eine allgemeine, klaſſenweiſe eintretende, Vermuthung<lb/>
größerer Zuverläſſigkeit zurückführen zu wollen, da es ja<lb/>
widerſinnig geweſen wäre, die Einſicht oder Redlichkeit ei-<lb/>
nes Richters blos deswegen geringer zu ſchätzen, weil ſein<lb/>
Name im <hirendition="#aq">album</hi> der <hirendition="#aq">judices</hi>ſtand. Vielmehr ſcheint je-<lb/>
nes größere Vertrauen daraus erklärt werden zu müſſen,<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[469/0483]
Stricti juris, bonae fidei actiones. V.
terſcheidende der bonae fidei actio dargeſtellt worden iſt,
hat nicht überall dieſelbe Natur. In den meiſten Anwen-
dungen bezieht ſie ſich auf die feſt beſtimmten Rechte der
Parteyen, woran auch der Prätor im einzelnen Rechts-
ſtreit Nichts ändern konnte; ſo verhält es ſich mit den
nur in der b. f. actio geltenden Verzugszinſen (III. b.);
eben ſo mit der milderen Beurtheilung der Culpa (IV. f.).
In Einer Anwendung dagegen (IV. a.) bezieht ſie ſich le-
diglich auf das Verhältniß des Judex zum Prätor, alſo
auf die mehr oder minder buchſtäbliche Befolgung der vor-
geſchriebenen formula, wozu der Judex verpflichtet ſeyn
ſollte.
Dieſe freyere oder beſchränktere Macht aber ſtand hier,
ſo wie bey allen ſtrengen oder freyen Klagen überhaupt
(Syſtem § 218), im Zuſammenhang mit der perſönlichen
Beſchaffenheit des urtheilenden Richters, indem dieſer für
die str. j. actio nur aus dem album der judices genommen
werden durfte, welche Beſchränkung für den arbiter in der
b. f. actio wegfiel. Offenbar lag nun darin ein größeres
Vertrauen, welches dem arbiter der b. f. actio gewährt
wurde. Jedoch würde es unrichtig ſeyn, dieſes Vertrauen
auf eine allgemeine, klaſſenweiſe eintretende, Vermuthung
größerer Zuverläſſigkeit zurückführen zu wollen, da es ja
widerſinnig geweſen wäre, die Einſicht oder Redlichkeit ei-
nes Richters blos deswegen geringer zu ſchätzen, weil ſein
Name im album der judices ſtand. Vielmehr ſcheint je-
nes größere Vertrauen daraus erklärt werden zu müſſen,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841, S. 469. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system05_1841/483>, abgerufen am 23.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.