quo furtum factum est. Quod si pretiosior facta sit, ejus duplum quanti tunc, cum pretiosior facta sit, fuerit, aestimabitur: quia et tunc furtum ejus factum esse verius est.
Hier scheint geradezu das Interesse als Simplum ne- girt, der Sachwerth angenommen, wodurch die Stelle mit allen vorher zusammengestellten in Widerspruch treten würde. Manche haben nun in der That eine Controverse unter den alten Juristen über diese Frage behauptet, und man könnte versuchen, diese mit der wahrscheinlichen Ent- wicklung der Rechtsregel (Num. V.) in Verbindung zu setzen. Indessen muß diese Meynung gänzlich verworfen werden, weil gerade derselbe Ulpian in einer der bestimm- testen einzelnen Entscheidungen (Num. V. d) das Interesse als Simplum anerkennt.
Sieht man auf die in unsrer Stelle enthaltenen ein- zelnen Anwendungen, so ist Ulpians Meynung offenbar diese. Wenn der Werth, welcher zur Zeit des Diebstahls gefordert werden konnte, in der Folge vermindert worden oder ganz verschwunden ist, so wird dadurch die im Ur- theil auszusprechende Summe nicht geringer; ist jener Werth gestiegen, so wird die Summe größer. Der Gegensatz also, der ihm hier vorschwebt, betrifft die verschiedenen Zeitpunkte möglicher Schätzung, nicht den Unterschied des Sachwerths vom Interesse; wenn nun dennoch seine Aus- drücke mehr auf diesen letzten Gegensatz zu gehen scheinen, so hat er dieselben allerdings nicht sorgfältig gewählt.
Beylage XII.
quo furtum factum est. Quod si pretiosior facta sit, ejus duplum quanti tunc, cum pretiosior facta sit, fuerit, aestimabitur: quia et tunc furtum ejus factum esse verius est.
Hier ſcheint geradezu das Intereſſe als Simplum ne- girt, der Sachwerth angenommen, wodurch die Stelle mit allen vorher zuſammengeſtellten in Widerſpruch treten würde. Manche haben nun in der That eine Controverſe unter den alten Juriſten über dieſe Frage behauptet, und man könnte verſuchen, dieſe mit der wahrſcheinlichen Ent- wicklung der Rechtsregel (Num. V.) in Verbindung zu ſetzen. Indeſſen muß dieſe Meynung gänzlich verworfen werden, weil gerade derſelbe Ulpian in einer der beſtimm- teſten einzelnen Entſcheidungen (Num. V. d) das Intereſſe als Simplum anerkennt.
Sieht man auf die in unſrer Stelle enthaltenen ein- zelnen Anwendungen, ſo iſt Ulpians Meynung offenbar dieſe. Wenn der Werth, welcher zur Zeit des Diebſtahls gefordert werden konnte, in der Folge vermindert worden oder ganz verſchwunden iſt, ſo wird dadurch die im Ur- theil auszuſprechende Summe nicht geringer; iſt jener Werth geſtiegen, ſo wird die Summe größer. Der Gegenſatz alſo, der ihm hier vorſchwebt, betrifft die verſchiedenen Zeitpunkte möglicher Schätzung, nicht den Unterſchied des Sachwerths vom Intereſſe; wenn nun dennoch ſeine Aus- drücke mehr auf dieſen letzten Gegenſatz zu gehen ſcheinen, ſo hat er dieſelben allerdings nicht ſorgfältig gewählt.
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Beylage XII.
quo furtum factum est. Quod si pretiosior facta
sit, ejus duplum quanti tunc, cum pretiosior facta
sit, fuerit, aestimabitur: quia et tunc furtum ejus
factum esse verius est.
Hier ſcheint geradezu das Intereſſe als Simplum ne-
girt, der Sachwerth angenommen, wodurch die Stelle mit
allen vorher zuſammengeſtellten in Widerſpruch treten
würde. Manche haben nun in der That eine Controverſe
unter den alten Juriſten über dieſe Frage behauptet, und
man könnte verſuchen, dieſe mit der wahrſcheinlichen Ent-
wicklung der Rechtsregel (Num. V.) in Verbindung zu
ſetzen. Indeſſen muß dieſe Meynung gänzlich verworfen
werden, weil gerade derſelbe Ulpian in einer der beſtimm-
teſten einzelnen Entſcheidungen (Num. V. d) das Intereſſe
als Simplum anerkennt.
Sieht man auf die in unſrer Stelle enthaltenen ein-
zelnen Anwendungen, ſo iſt Ulpians Meynung offenbar
dieſe. Wenn der Werth, welcher zur Zeit des Diebſtahls
gefordert werden konnte, in der Folge vermindert worden
oder ganz verſchwunden iſt, ſo wird dadurch die im Ur-
theil auszuſprechende Summe nicht geringer; iſt jener Werth
geſtiegen, ſo wird die Summe größer. Der Gegenſatz
alſo, der ihm hier vorſchwebt, betrifft die verſchiedenen
Zeitpunkte möglicher Schätzung, nicht den Unterſchied des
Sachwerths vom Intereſſe; wenn nun dennoch ſeine Aus-
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ſo hat er dieſelben allerdings nicht ſorgfältig gewählt.
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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841, S. 452. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system05_1841/466>, abgerufen am 23.11.2024.
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