Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841.Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. IV. Verletzung. für diese bald für jene einzelne Klage. Als Vermittlungdiente dabey der unbehülfliche, an sich ganz entbehrliche, Ausdruck res incorporalis (f); denn indem man die Ser- vituten und Erbschaften als solche res incorporales be- zeichnete, fand man kein Bedenken, darauf dieselbe vindi- catio anzuwenden, die bey der res corporalis bereits an- erkannt war: die Ausdrücke in der Formel konnten diesel- ben bleiben, da die Servituten und das Erbrecht eben sowohl dem alten, strengen Civilrecht angehörten, als das Eigenthum (g). In anderen Fällen wurde die Vermitt- lung durch eine utilis actio, das heißt durch die in der Formel selbst ausgedrückte Fiction des Eigenthums, be- wirkt (h). Als aber die Klagen solcher Art, in Folge an- erkannter praktischer Bedürfnisse, immer zahlreicher und mannichfaltiger wurden, gab man zulezt diesen mühsamen und umständlichen Versuch, die individuelle Eigenthums- klage auf andere individuelle Fälle durch Mittelbegriffe anzuwenden, auf, und so entstand unvermerkt der generi- sche Begriff der in rem actiones, dem alten gleichfalls ge- (f) Ich sage nicht, daß dieser Ausdruck zu dem erwähnten Zweck erfunden worden ist; das kann schon deswegen nicht angenommen werden, weil dieser Ausdruck auch die Obligationen umfaßt, also über die Anwendung auf die Vin- dication unkörperlicher Sachen weit hinaus reicht. -- Die Kritik des Begriffs der unkörperlichen Sachen gehört übrigens nicht hier- her, wird aber im vierten Buch angestellt werden. (g) Bey dem Eigenthum hieß die intentio: rem suam esse (Gajus IV. § 92), zum Beyspiel fundum Servilii esse (Note c); hier hieß es: jus nostrum esse (Gajus IV. § 3), oder heredita- tem nostram esse. (h) So z. B. die Formel der
Publicianischen Klage. Gajus IV. § 36. Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung. für dieſe bald für jene einzelne Klage. Als Vermittlungdiente dabey der unbehülfliche, an ſich ganz entbehrliche, Ausdruck res incorporalis (f); denn indem man die Ser- vituten und Erbſchaften als ſolche res incorporales be- zeichnete, fand man kein Bedenken, darauf dieſelbe vindi- catio anzuwenden, die bey der res corporalis bereits an- erkannt war: die Ausdrücke in der Formel konnten dieſel- ben bleiben, da die Servituten und das Erbrecht eben ſowohl dem alten, ſtrengen Civilrecht angehörten, als das Eigenthum (g). In anderen Fällen wurde die Vermitt- lung durch eine utilis actio, das heißt durch die in der Formel ſelbſt ausgedrückte Fiction des Eigenthums, be- wirkt (h). Als aber die Klagen ſolcher Art, in Folge an- erkannter praktiſcher Bedürfniſſe, immer zahlreicher und mannichfaltiger wurden, gab man zulezt dieſen mühſamen und umſtändlichen Verſuch, die individuelle Eigenthums- klage auf andere individuelle Fälle durch Mittelbegriffe anzuwenden, auf, und ſo entſtand unvermerkt der generi- ſche Begriff der in rem actiones, dem alten gleichfalls ge- (f) Ich ſage nicht, daß dieſer Ausdruck zu dem erwähnten Zweck erfunden worden iſt; das kann ſchon deswegen nicht angenommen werden, weil dieſer Ausdruck auch die Obligationen umfaßt, alſo über die Anwendung auf die Vin- dication unkörperlicher Sachen weit hinaus reicht. — Die Kritik des Begriffs der unkörperlichen Sachen gehört übrigens nicht hier- her, wird aber im vierten Buch angeſtellt werden. (g) Bey dem Eigenthum hieß die intentio: rem suam esse (Gajus IV. § 92), zum Beyſpiel fundum Servilii esse (Note c); hier hieß es: jus nostrum esse (Gajus IV. § 3), oder heredita- tem nostram esse. (h) So z. B. die Formel der
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Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung.
für dieſe bald für jene einzelne Klage. Als Vermittlung
diente dabey der unbehülfliche, an ſich ganz entbehrliche,
Ausdruck res incorporalis (f); denn indem man die Ser-
vituten und Erbſchaften als ſolche res incorporales be-
zeichnete, fand man kein Bedenken, darauf dieſelbe vindi-
catio anzuwenden, die bey der res corporalis bereits an-
erkannt war: die Ausdrücke in der Formel konnten dieſel-
ben bleiben, da die Servituten und das Erbrecht eben
ſowohl dem alten, ſtrengen Civilrecht angehörten, als das
Eigenthum (g). In anderen Fällen wurde die Vermitt-
lung durch eine utilis actio, das heißt durch die in der
Formel ſelbſt ausgedrückte Fiction des Eigenthums, be-
wirkt (h). Als aber die Klagen ſolcher Art, in Folge an-
erkannter praktiſcher Bedürfniſſe, immer zahlreicher und
mannichfaltiger wurden, gab man zulezt dieſen mühſamen
und umſtändlichen Verſuch, die individuelle Eigenthums-
klage auf andere individuelle Fälle durch Mittelbegriffe
anzuwenden, auf, und ſo entſtand unvermerkt der generi-
ſche Begriff der in rem actiones, dem alten gleichfalls ge-
(f) Ich ſage nicht, daß dieſer
Ausdruck zu dem erwähnten Zweck
erfunden worden iſt; das kann
ſchon deswegen nicht angenommen
werden, weil dieſer Ausdruck auch
die Obligationen umfaßt, alſo
über die Anwendung auf die Vin-
dication unkörperlicher Sachen
weit hinaus reicht. — Die Kritik
des Begriffs der unkörperlichen
Sachen gehört übrigens nicht hier-
her, wird aber im vierten Buch
angeſtellt werden.
(g) Bey dem Eigenthum hieß
die intentio: rem suam esse
(Gajus IV. § 92), zum Beyſpiel
fundum Servilii esse (Note c);
hier hieß es: jus nostrum esse
(Gajus IV. § 3), oder heredita-
tem nostram esse.
(h) So z. B. die Formel der
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