der Grund, der dagegen hauptsächlich geltend gemacht wird, beruht auf folgender Bestimmung des Römischen Rechts. Wenn ein Käufer das Recht willkührlicher Auf- lösung des Kaufcontracts ausbedingt, so kann er dieses ausdrücklich auf unbeschränkte Zeit vorbehalten. Wird aber über die Zeit gar Nichts gesagt, so soll es so ange- sehen werden, als wäre dieser Vorbehalt auf 60 Tage ge- schehen (r). Diese Stelle beweißt deswegen nicht den von den Gegnern behaupteten Satz, weil sie überhaupt nicht von der Klagverjährung spricht, sondern von der bloßen Interpretation eines unbestimmten Vertrags, die dann na- türlich einer ausdrücklichen Erklärung weichen muß (s).
Dagegen ist es nach Ablauf der Verjährung durchaus gestattet, dieselbe durch Vertrag aufzuheben, das heißt auf die durch dieselbe erlangten Vortheile ganz oder theilweise zu verzichten. Dieses müssen auch Diejenigen einräumen, welche nach abgelaufener Verjährung die Fortdauer einer naturalis obligatio verneinen. Denn auch Diese geben zu, daß die Verjährung nur per exceptionem wirke, das Recht einer Exception aber ist jeder neuen Modification durch Rechtsgeschäfte empfänglich (§ 225).
Mit der hier für das Römische Recht vorgetragenen
Meynung; Eichmann in einer Note zu dieser Stelle hat die ent- gegengesetzte Meynung; eben so auch UnterholznerI. § 28.
(r)L. 31 § 22 de aedil ed. (21. 1.).
(s) Als Verjährung kann es schon deswegen nicht betrachtet werden, weil hier aus dem Ver- trag noch nicht eine actio nata abgeleitet werden kann, eben so wie bey dem Nebenvertrag über Rückverkauf (§ 241).
Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung.
der Grund, der dagegen hauptſächlich geltend gemacht wird, beruht auf folgender Beſtimmung des Römiſchen Rechts. Wenn ein Käufer das Recht willkührlicher Auf- löſung des Kaufcontracts ausbedingt, ſo kann er dieſes ausdrücklich auf unbeſchränkte Zeit vorbehalten. Wird aber über die Zeit gar Nichts geſagt, ſo ſoll es ſo ange- ſehen werden, als wäre dieſer Vorbehalt auf 60 Tage ge- ſchehen (r). Dieſe Stelle beweißt deswegen nicht den von den Gegnern behaupteten Satz, weil ſie überhaupt nicht von der Klagverjährung ſpricht, ſondern von der bloßen Interpretation eines unbeſtimmten Vertrags, die dann na- türlich einer ausdrücklichen Erklärung weichen muß (s).
Dagegen iſt es nach Ablauf der Verjährung durchaus geſtattet, dieſelbe durch Vertrag aufzuheben, das heißt auf die durch dieſelbe erlangten Vortheile ganz oder theilweiſe zu verzichten. Dieſes müſſen auch Diejenigen einräumen, welche nach abgelaufener Verjährung die Fortdauer einer naturalis obligatio verneinen. Denn auch Dieſe geben zu, daß die Verjährung nur per exceptionem wirke, das Recht einer Exception aber iſt jeder neuen Modification durch Rechtsgeſchäfte empfänglich (§ 225).
Mit der hier für das Römiſche Recht vorgetragenen
Meynung; Eichmann in einer Note zu dieſer Stelle hat die ent- gegengeſetzte Meynung; eben ſo auch UnterholznerI. § 28.
(r)L. 31 § 22 de aedil ed. (21. 1.).
(s) Als Verjährung kann es ſchon deswegen nicht betrachtet werden, weil hier aus dem Ver- trag noch nicht eine actio nata abgeleitet werden kann, eben ſo wie bey dem Nebenvertrag über Rückverkauf (§ 241).
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0426"n="412"/><fwplace="top"type="header">Buch <hirendition="#aq">II.</hi> Rechtsverhältniſſe. Kap. <hirendition="#aq">IV.</hi> Verletzung.</fw><lb/>
der Grund, der dagegen hauptſächlich geltend gemacht<lb/>
wird, beruht auf folgender Beſtimmung des Römiſchen<lb/>
Rechts. Wenn ein Käufer das Recht willkührlicher Auf-<lb/>
löſung des Kaufcontracts ausbedingt, ſo kann er dieſes<lb/>
ausdrücklich auf unbeſchränkte Zeit vorbehalten. Wird<lb/>
aber über die Zeit gar Nichts geſagt, ſo ſoll es ſo ange-<lb/>ſehen werden, als wäre dieſer Vorbehalt auf 60 Tage ge-<lb/>ſchehen <noteplace="foot"n="(r)"><hirendition="#aq"><hirendition="#i">L.</hi> 31 § 22 <hirendition="#i">de aedil ed.</hi></hi><lb/>
(21. 1.).</note>. Dieſe Stelle beweißt deswegen nicht den von<lb/>
den Gegnern behaupteten Satz, weil ſie überhaupt nicht<lb/>
von der Klagverjährung ſpricht, ſondern von der bloßen<lb/>
Interpretation eines unbeſtimmten Vertrags, die dann na-<lb/>
türlich einer ausdrücklichen Erklärung weichen muß <noteplace="foot"n="(s)">Als Verjährung kann es<lb/>ſchon deswegen nicht betrachtet<lb/>
werden, weil hier aus dem Ver-<lb/>
trag noch nicht eine <hirendition="#aq">actio nata</hi><lb/>
abgeleitet werden kann, eben ſo<lb/>
wie bey dem Nebenvertrag über<lb/>
Rückverkauf (§ 241).</note>.</p><lb/><p>Dagegen iſt es nach Ablauf der Verjährung durchaus<lb/>
geſtattet, dieſelbe durch Vertrag aufzuheben, das heißt auf<lb/>
die durch dieſelbe erlangten Vortheile ganz oder theilweiſe<lb/>
zu verzichten. Dieſes müſſen auch Diejenigen einräumen,<lb/>
welche nach abgelaufener Verjährung die Fortdauer einer<lb/><hirendition="#aq">naturalis obligatio</hi> verneinen. Denn auch Dieſe geben zu,<lb/>
daß die Verjährung nur <hirendition="#aq">per exceptionem</hi> wirke, das Recht<lb/>
einer Exception aber iſt jeder neuen Modification durch<lb/>
Rechtsgeſchäfte empfänglich (§ 225).</p><lb/><p>Mit der hier für das Römiſche Recht vorgetragenen<lb/><notexml:id="seg2pn_68_2"prev="#seg2pn_68_1"place="foot"n="(q)">Meynung; <hirendition="#g">Eichmann</hi> in einer<lb/>
Note zu dieſer Stelle hat die ent-<lb/>
gegengeſetzte Meynung; eben ſo<lb/>
auch <hirendition="#g">Unterholzner</hi><hirendition="#aq">I.</hi> § 28.</note><lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[412/0426]
Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung.
der Grund, der dagegen hauptſächlich geltend gemacht
wird, beruht auf folgender Beſtimmung des Römiſchen
Rechts. Wenn ein Käufer das Recht willkührlicher Auf-
löſung des Kaufcontracts ausbedingt, ſo kann er dieſes
ausdrücklich auf unbeſchränkte Zeit vorbehalten. Wird
aber über die Zeit gar Nichts geſagt, ſo ſoll es ſo ange-
ſehen werden, als wäre dieſer Vorbehalt auf 60 Tage ge-
ſchehen (r). Dieſe Stelle beweißt deswegen nicht den von
den Gegnern behaupteten Satz, weil ſie überhaupt nicht
von der Klagverjährung ſpricht, ſondern von der bloßen
Interpretation eines unbeſtimmten Vertrags, die dann na-
türlich einer ausdrücklichen Erklärung weichen muß (s).
Dagegen iſt es nach Ablauf der Verjährung durchaus
geſtattet, dieſelbe durch Vertrag aufzuheben, das heißt auf
die durch dieſelbe erlangten Vortheile ganz oder theilweiſe
zu verzichten. Dieſes müſſen auch Diejenigen einräumen,
welche nach abgelaufener Verjährung die Fortdauer einer
naturalis obligatio verneinen. Denn auch Dieſe geben zu,
daß die Verjährung nur per exceptionem wirke, das Recht
einer Exception aber iſt jeder neuen Modification durch
Rechtsgeſchäfte empfänglich (§ 225).
Mit der hier für das Römiſche Recht vorgetragenen
(q)
(r) L. 31 § 22 de aedil ed.
(21. 1.).
(s) Als Verjährung kann es
ſchon deswegen nicht betrachtet
werden, weil hier aus dem Ver-
trag noch nicht eine actio nata
abgeleitet werden kann, eben ſo
wie bey dem Nebenvertrag über
Rückverkauf (§ 241).
(q) Meynung; Eichmann in einer
Note zu dieſer Stelle hat die ent-
gegengeſetzte Meynung; eben ſo
auch Unterholzner I. § 28.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841, S. 412. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system05_1841/426>, abgerufen am 16.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.