§. 249. Aufhebung des Klagrechts. III.Verjährung. Wirkung. (Fortsetzung.)
Die Entscheidung der aufgestellten Streitfrage ist oft durch Äußerungen in unsren Rechtsquellen versucht worden, welche entweder von einer verlornen actio, oder aber von einer aufgehobenen obligatio sprechen. Stellen der ersten Art wurden für die schwächere, Stellen der zweyten für die stärkere Wirkung als Beweise angeführt. Dieses Verfah- ren ist nicht etwa deswegen zu tadeln, weil den alten Ju- risten, deren Aussprüche wir in den Digesten lesen, die dreyßigjährige Verjährung unbekannt war; denn was sie von der Wirkung der damals als Ausnahme geltenden Klagverjährung, z. B. der prätorischen Annalklagen, be- haupten, können wir ohne Bedenken auch auf die erst im neueren Recht eingeführte dreyßigjährige Verjährung an- wenden. Der Fehler in jenem Verfahren liegt vielmehr darin, daß jene schwankenden, unbestimmten Ausdrücke ohne Grund als Entscheidungen für die vorliegende Frage gelten sollen. Denn mit der Behauptung einer verlornen actio, wie einer (durch Exeeption) aufgehobenen obligatio, ist die Fortdauer oder Zerstörung der naturalis obligatio
Thibaut, der im Lauf der Zeit drey verschiedene Meynungen an- genommen hat: zuerst die hier ver- theidigte, zuletzt die der Gegner, in einer mittleren Zeit den Unter- gang des Rechts selbst, bey der dreyßigjährigen, der bloßen Klage bey den kürzeren. Verjährung S. 118. Pandekten Ausg. 7 § 1056. 1062. Ausg. 8 § 1019. 1025. Braun's Erörterungen zu § 1056.
Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung.
§. 249. Aufhebung des Klagrechts. III.Verjährung. Wirkung. (Fortſetzung.)
Die Entſcheidung der aufgeſtellten Streitfrage iſt oft durch Äußerungen in unſren Rechtsquellen verſucht worden, welche entweder von einer verlornen actio, oder aber von einer aufgehobenen obligatio ſprechen. Stellen der erſten Art wurden für die ſchwächere, Stellen der zweyten für die ſtärkere Wirkung als Beweiſe angeführt. Dieſes Verfah- ren iſt nicht etwa deswegen zu tadeln, weil den alten Ju- riſten, deren Ausſprüche wir in den Digeſten leſen, die dreyßigjährige Verjährung unbekannt war; denn was ſie von der Wirkung der damals als Ausnahme geltenden Klagverjährung, z. B. der prätoriſchen Annalklagen, be- haupten, können wir ohne Bedenken auch auf die erſt im neueren Recht eingeführte dreyßigjährige Verjährung an- wenden. Der Fehler in jenem Verfahren liegt vielmehr darin, daß jene ſchwankenden, unbeſtimmten Ausdrücke ohne Grund als Entſcheidungen für die vorliegende Frage gelten ſollen. Denn mit der Behauptung einer verlornen actio, wie einer (durch Exeeption) aufgehobenen obligatio, iſt die Fortdauer oder Zerſtörung der naturalis obligatio
Thibaut, der im Lauf der Zeit drey verſchiedene Meynungen an- genommen hat: zuerſt die hier ver- theidigte, zuletzt die der Gegner, in einer mittleren Zeit den Unter- gang des Rechts ſelbſt, bey der dreyßigjährigen, der bloßen Klage bey den kürzeren. Verjährung S. 118. Pandekten Ausg. 7 § 1056. 1062. Ausg. 8 § 1019. 1025. Braun’s Erörterungen zu § 1056.
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Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung.
§. 249.
Aufhebung des Klagrechts. III. Verjährung. Wirkung.
(Fortſetzung.)
Die Entſcheidung der aufgeſtellten Streitfrage iſt oft durch
Äußerungen in unſren Rechtsquellen verſucht worden, welche
entweder von einer verlornen actio, oder aber von einer
aufgehobenen obligatio ſprechen. Stellen der erſten Art
wurden für die ſchwächere, Stellen der zweyten für die
ſtärkere Wirkung als Beweiſe angeführt. Dieſes Verfah-
ren iſt nicht etwa deswegen zu tadeln, weil den alten Ju-
riſten, deren Ausſprüche wir in den Digeſten leſen, die
dreyßigjährige Verjährung unbekannt war; denn was
ſie von der Wirkung der damals als Ausnahme geltenden
Klagverjährung, z. B. der prätoriſchen Annalklagen, be-
haupten, können wir ohne Bedenken auch auf die erſt im
neueren Recht eingeführte dreyßigjährige Verjährung an-
wenden. Der Fehler in jenem Verfahren liegt vielmehr
darin, daß jene ſchwankenden, unbeſtimmten Ausdrücke
ohne Grund als Entſcheidungen für die vorliegende Frage
gelten ſollen. Denn mit der Behauptung einer verlornen
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(n) Thibaut, der im Lauf der Zeit
drey verſchiedene Meynungen an-
genommen hat: zuerſt die hier ver-
theidigte, zuletzt die der Gegner,
in einer mittleren Zeit den Unter-
gang des Rechts ſelbſt, bey der
dreyßigjährigen, der bloßen Klage
bey den kürzeren. Verjährung
S. 118. Pandekten Ausg. 7 § 1056.
1062. Ausg. 8 § 1019. 1025.
Braun’s Erörterungen zu § 1056.
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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841, S. 374. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system05_1841/388>, abgerufen am 23.12.2024.
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