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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841.

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Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. IV. Verletzung.

Als nun die umfassende dreyßigjährige Klagverjäh-
rung eingeführt wurde, in einer Zeit worin ohnehin die
Strenge des alten Civilrechts fast nur noch als historische
Erinnerung übrig war, konnte wohl Niemand daran zwei-
feln, daß hier dieselbe accessio temporis, wie bey der
longi temporis praescriptio, angewendet werden müsse;
es konnte hier um so weniger zweifelhaft seyn, weil nur
selten 30 Jahre unter den unveränderten ursprünglichen
Personen ablaufen werden. Wahrscheinlich haben es des-
wegen die Kaiser nicht einmal der Mühe werth erachtet,
über eine so unzweifelhafte Frage eine ausdrückliche Be-
stimmung zu geben. Wenn aber auch früher noch irgend
ein Zweifel an der unbeschränkten Anwendbarkeit der ac-
cessio
auf die Klagverjährung möglich gewesen wäre, so
hätte dieser wenigstens ganz verschwinden müssen, seitdem
Justinian sie für die weit strengere Usucapion vorgeschrie-
ben hatte (Note ii).

Blos beyläufig kommen im neuesten Recht folgende
Äußerungen vor, welche ganz misbraucht werden würden,
wenn man aus den nicht völlig bestimmten Ausdrücken
einiger derselben, allgemeine Regeln bilden wollte, die mit
den hier aufgestellten Grundsätzen im Widerspruch ständen.

Eine reine Anwendung dieser Grundsätze ist es, wenn
für die vierzigjährige Verjährung der Hypothekarklage der
Schuldner selbst mit seinem Erben als identisch behan-

L. un. C. de usuc. transform. (7. 31.).
Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung.

Als nun die umfaſſende dreyßigjährige Klagverjäh-
rung eingeführt wurde, in einer Zeit worin ohnehin die
Strenge des alten Civilrechts faſt nur noch als hiſtoriſche
Erinnerung übrig war, konnte wohl Niemand daran zwei-
feln, daß hier dieſelbe accessio temporis, wie bey der
longi temporis praescriptio, angewendet werden müſſe;
es konnte hier um ſo weniger zweifelhaft ſeyn, weil nur
ſelten 30 Jahre unter den unveränderten urſprünglichen
Perſonen ablaufen werden. Wahrſcheinlich haben es des-
wegen die Kaiſer nicht einmal der Mühe werth erachtet,
über eine ſo unzweifelhafte Frage eine ausdrückliche Be-
ſtimmung zu geben. Wenn aber auch früher noch irgend
ein Zweifel an der unbeſchränkten Anwendbarkeit der ac-
cessio
auf die Klagverjährung möglich geweſen wäre, ſo
hätte dieſer wenigſtens ganz verſchwinden müſſen, ſeitdem
Juſtinian ſie für die weit ſtrengere Uſucapion vorgeſchrie-
ben hatte (Note ii).

Blos beyläufig kommen im neueſten Recht folgende
Äußerungen vor, welche ganz misbraucht werden würden,
wenn man aus den nicht völlig beſtimmten Ausdrücken
einiger derſelben, allgemeine Regeln bilden wollte, die mit
den hier aufgeſtellten Grundſätzen im Widerſpruch ſtänden.

Eine reine Anwendung dieſer Grundſätze iſt es, wenn
für die vierzigjährige Verjährung der Hypothekarklage der
Schuldner ſelbſt mit ſeinem Erben als identiſch behan-

L. un. C. de usuc. transform. (7. 31.).
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[364/0378] Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung. Als nun die umfaſſende dreyßigjährige Klagverjäh- rung eingeführt wurde, in einer Zeit worin ohnehin die Strenge des alten Civilrechts faſt nur noch als hiſtoriſche Erinnerung übrig war, konnte wohl Niemand daran zwei- feln, daß hier dieſelbe accessio temporis, wie bey der longi temporis praescriptio, angewendet werden müſſe; es konnte hier um ſo weniger zweifelhaft ſeyn, weil nur ſelten 30 Jahre unter den unveränderten urſprünglichen Perſonen ablaufen werden. Wahrſcheinlich haben es des- wegen die Kaiſer nicht einmal der Mühe werth erachtet, über eine ſo unzweifelhafte Frage eine ausdrückliche Be- ſtimmung zu geben. Wenn aber auch früher noch irgend ein Zweifel an der unbeſchränkten Anwendbarkeit der ac- cessio auf die Klagverjährung möglich geweſen wäre, ſo hätte dieſer wenigſtens ganz verſchwinden müſſen, ſeitdem Juſtinian ſie für die weit ſtrengere Uſucapion vorgeſchrie- ben hatte (Note ii). Blos beyläufig kommen im neueſten Recht folgende Äußerungen vor, welche ganz misbraucht werden würden, wenn man aus den nicht völlig beſtimmten Ausdrücken einiger derſelben, allgemeine Regeln bilden wollte, die mit den hier aufgeſtellten Grundſätzen im Widerſpruch ſtänden. Eine reine Anwendung dieſer Grundſätze iſt es, wenn für die vierzigjährige Verjährung der Hypothekarklage der Schuldner ſelbſt mit ſeinem Erben als identiſch behan- (ii) (ii) L. un. C. de usuc. transform. (7. 31.).

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841, S. 364. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system05_1841/378>, abgerufen am 23.12.2024.