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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841.

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Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. IV. Verletzung.
ziehung auf das frühere Rechtsverhältniß gleichgültig ist.
Ganz verschieden von der späteren mala fides ist es, wenn
durch ein neues Rechtsgeschäft auf die Vortheile der Ver-
jährung verzichtet wird; von der Wirkung eines solchen
Vertrags wird weiter unten die Rede seyn (h).

Der hier widerlegten vierten Meynung liegt jedoch
eine relative Wahrheit zum Grunde, die nun noch aner-
kannt werden muß. Wenn ein Geldschuldner nicht blos
weiß, daß er Schuldner ist, sondern durch unredliche Hand-
lungen den Ablauf der Verjährung herbey führt, indem
er etwa den Glaubiger durch täuschende Versicherungen
von der Klage abhält, so kann man, blos auf den ma-
teriellen Erfolg gesehen, sagen, daß die Verjährung durch
mala fides gehindert werde. Genau richtig aber ist dieser
Ausdruck nicht; vielmehr muß man behaupten, daß die frühere
Klage durch Ablauf der Verjährung wirklich verloren wor-
den ist, daß jedoch der vorige Glaubiger durch eine ganz
neue Klage, die doli actio, vollständige Entschädigung er-
langen kann (i).

§. 246.
Aufhebung des Klagrechts. III. Verjährung. Bedingun-
gen. c. Bona fides.
(Fortsetzung.)

In der Reihe der Meynungen, welche das Erforderniß
der bona fides betreffen, ist bisher eine nicht erwähnt

(h) So behandelt die Sache
auch das Preußische allg. Land-
recht I. 9 § 564.
(i) L. 1 § 6 de dolo (4. 3.)
" .. nisi in hoc quoque dolus
malus admissus sit, ut tempus
exiret.
"

Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung.
ziehung auf das frühere Rechtsverhältniß gleichgültig iſt.
Ganz verſchieden von der ſpäteren mala fides iſt es, wenn
durch ein neues Rechtsgeſchäft auf die Vortheile der Ver-
jährung verzichtet wird; von der Wirkung eines ſolchen
Vertrags wird weiter unten die Rede ſeyn (h).

Der hier widerlegten vierten Meynung liegt jedoch
eine relative Wahrheit zum Grunde, die nun noch aner-
kannt werden muß. Wenn ein Geldſchuldner nicht blos
weiß, daß er Schuldner iſt, ſondern durch unredliche Hand-
lungen den Ablauf der Verjährung herbey führt, indem
er etwa den Glaubiger durch täuſchende Verſicherungen
von der Klage abhält, ſo kann man, blos auf den ma-
teriellen Erfolg geſehen, ſagen, daß die Verjährung durch
mala fides gehindert werde. Genau richtig aber iſt dieſer
Ausdruck nicht; vielmehr muß man behaupten, daß die frühere
Klage durch Ablauf der Verjährung wirklich verloren wor-
den iſt, daß jedoch der vorige Glaubiger durch eine ganz
neue Klage, die doli actio, vollſtändige Entſchädigung er-
langen kann (i).

§. 246.
Aufhebung des Klagrechts. III. Verjährung. Bedingun-
gen. c. Bona fides.
(Fortſetzung.)

In der Reihe der Meynungen, welche das Erforderniß
der bona fides betreffen, iſt bisher eine nicht erwähnt

(h) So behandelt die Sache
auch das Preußiſche allg. Land-
recht I. 9 § 564.
(i) L. 1 § 6 de dolo (4. 3.)
„ .. nisi in hoc quoque dolus
malus admissus sit, ut tempus
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[342/0356] Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung. ziehung auf das frühere Rechtsverhältniß gleichgültig iſt. Ganz verſchieden von der ſpäteren mala fides iſt es, wenn durch ein neues Rechtsgeſchäft auf die Vortheile der Ver- jährung verzichtet wird; von der Wirkung eines ſolchen Vertrags wird weiter unten die Rede ſeyn (h). Der hier widerlegten vierten Meynung liegt jedoch eine relative Wahrheit zum Grunde, die nun noch aner- kannt werden muß. Wenn ein Geldſchuldner nicht blos weiß, daß er Schuldner iſt, ſondern durch unredliche Hand- lungen den Ablauf der Verjährung herbey führt, indem er etwa den Glaubiger durch täuſchende Verſicherungen von der Klage abhält, ſo kann man, blos auf den ma- teriellen Erfolg geſehen, ſagen, daß die Verjährung durch mala fides gehindert werde. Genau richtig aber iſt dieſer Ausdruck nicht; vielmehr muß man behaupten, daß die frühere Klage durch Ablauf der Verjährung wirklich verloren wor- den iſt, daß jedoch der vorige Glaubiger durch eine ganz neue Klage, die doli actio, vollſtändige Entſchädigung er- langen kann (i). §. 246. Aufhebung des Klagrechts. III. Verjährung. Bedingun- gen. c. Bona fides. (Fortſetzung.) In der Reihe der Meynungen, welche das Erforderniß der bona fides betreffen, iſt bisher eine nicht erwähnt (h) So behandelt die Sache auch das Preußiſche allg. Land- recht I. 9 § 564. (i) L. 1 § 6 de dolo (4. 3.) „ .. nisi in hoc quoque dolus malus admissus sit, ut tempus exiret.”

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841, S. 342. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system05_1841/356>, abgerufen am 23.12.2024.