Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841.

Bild:
<< vorherige Seite

§. 207. In personam, in rem actiones. (Fortsetzung.)
stitutionen richtig, und zugleich die Stelle selbst tadellos:
sie enthielte nicht eine Entstellung des älteren Rechts, son-
dern eine angemessene Reduction desselben auf den im All-
gemeinen veränderten Rechtszustand. Ich gehe aber noch
weiter, und behaupte, daß selbst im Sinn des älteren
Rechts alle Präjudicien ohne Unterschied in rem genannt
werden konnten. In dieser Allgemeinheit läßt sich der
Satz erst weiter unten beweisen (§. 209); allein in der
besonderen Anwendung auf die den Status betreffenden
Präjudicien, auf welche allein es hier ankommt, fehlt es
nicht an unmittelbaren Zeugnissen, die schon hier meine
Behauptung außer Zweifel setzen. Der Streit über Frey-
heit wurde durch vindicatio in libertatem oder in servitu-
tem
geführt. Auf dem bloßen Schein einer solchen in li-
bertatem vindicatio
beruhte die ganze Freylassung per
vindictam
(i). Eben so konnte die legitima tutela über
Frauen durch in jure cessio übertragen werden (k); da
nun die in jure cessio überhaupt eine symbolische Vindi-
cation war (l), so ist dadurch die Vindicationsform auch
für jene Art der Tutel erwiesen. Ja selbst der Rechts-
streit über das Daseyn einer väterlichen Gewalt konnte in
der feyerlichen Form einer vindicatio ex jure quiritium
geführt werden (m). Und eben so beruhte die feyerliche

(i) Livius XLI. 9.
(k) Gajus I. § 168. Ulpian.
XI. § 6 -- 8. XIX.
§ 11.
(l) Gajus II. § 24. Ulpian.
XIX.
§ 9. 10.
(m) L. 1 § 2 de R. V. (6. 1.).
Ich verstehe die schwierige Stelle
so, daß bey dem Streit über Pa-
ternität das praejudicium, wel-
ches nach meiner Ansicht stets in
rem
war, in verschiedenen Formen
gebraucht werden konnte, ähnlich

§. 207. In personam, in rem actiones. (Fortſetzung.)
ſtitutionen richtig, und zugleich die Stelle ſelbſt tadellos:
ſie enthielte nicht eine Entſtellung des älteren Rechts, ſon-
dern eine angemeſſene Reduction deſſelben auf den im All-
gemeinen veränderten Rechtszuſtand. Ich gehe aber noch
weiter, und behaupte, daß ſelbſt im Sinn des älteren
Rechts alle Präjudicien ohne Unterſchied in rem genannt
werden konnten. In dieſer Allgemeinheit läßt ſich der
Satz erſt weiter unten beweiſen (§. 209); allein in der
beſonderen Anwendung auf die den Status betreffenden
Präjudicien, auf welche allein es hier ankommt, fehlt es
nicht an unmittelbaren Zeugniſſen, die ſchon hier meine
Behauptung außer Zweifel ſetzen. Der Streit über Frey-
heit wurde durch vindicatio in libertatem oder in servitu-
tem
geführt. Auf dem bloßen Schein einer ſolchen in li-
bertatem vindicatio
beruhte die ganze Freylaſſung per
vindictam
(i). Eben ſo konnte die legitima tutela über
Frauen durch in jure cessio übertragen werden (k); da
nun die in jure cessio überhaupt eine ſymboliſche Vindi-
cation war (l), ſo iſt dadurch die Vindicationsform auch
für jene Art der Tutel erwieſen. Ja ſelbſt der Rechts-
ſtreit über das Daſeyn einer väterlichen Gewalt konnte in
der feyerlichen Form einer vindicatio ex jure quiritium
geführt werden (m). Und eben ſo beruhte die feyerliche

(i) Livius XLI. 9.
(k) Gajus I. § 168. Ulpian.
XI. § 6 — 8. XIX.
§ 11.
(l) Gajus II. § 24. Ulpian.
XIX.
§ 9. 10.
(m) L. 1 § 2 de R. V. (6. 1.).
Ich verſtehe die ſchwierige Stelle
ſo, daß bey dem Streit über Pa-
ternität das praejudicium, wel-
ches nach meiner Anſicht ſtets in
rem
war, in verſchiedenen Formen
gebraucht werden konnte, ähnlich
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0035" n="21"/><fw place="top" type="header">§. 207. <hi rendition="#aq">In personam, in rem actiones.</hi> (Fort&#x017F;etzung.)</fw><lb/>
&#x017F;titutionen richtig, und zugleich die Stelle &#x017F;elb&#x017F;t tadellos:<lb/>
&#x017F;ie enthielte nicht eine Ent&#x017F;tellung des älteren Rechts, &#x017F;on-<lb/>
dern eine angeme&#x017F;&#x017F;ene Reduction de&#x017F;&#x017F;elben auf den im All-<lb/>
gemeinen veränderten Rechtszu&#x017F;tand. Ich gehe aber noch<lb/>
weiter, und behaupte, daß &#x017F;elb&#x017F;t im Sinn des älteren<lb/>
Rechts alle Präjudicien ohne Unter&#x017F;chied <hi rendition="#aq">in rem</hi> genannt<lb/>
werden konnten. In die&#x017F;er Allgemeinheit läßt &#x017F;ich der<lb/>
Satz er&#x017F;t weiter unten bewei&#x017F;en (§. 209); allein in der<lb/>
be&#x017F;onderen Anwendung auf die den <hi rendition="#aq">Status</hi> betreffenden<lb/>
Präjudicien, auf welche allein es hier ankommt, fehlt es<lb/>
nicht an unmittelbaren Zeugni&#x017F;&#x017F;en, die &#x017F;chon hier meine<lb/>
Behauptung außer Zweifel &#x017F;etzen. Der Streit über Frey-<lb/>
heit wurde durch <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">vindicatio</hi> in libertatem</hi> oder <hi rendition="#aq">in servitu-<lb/>
tem</hi> geführt. Auf dem bloßen Schein einer &#x017F;olchen <hi rendition="#aq">in li-<lb/>
bertatem vindicatio</hi> beruhte die ganze Freyla&#x017F;&#x017F;ung <hi rendition="#aq">per<lb/>
vindictam</hi> <note place="foot" n="(i)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">Livius</hi> XLI.</hi> 9.</note>. Eben &#x017F;o konnte die <hi rendition="#aq">legitima tutela</hi> über<lb/>
Frauen durch <hi rendition="#aq">in jure cessio</hi> übertragen werden <note place="foot" n="(k)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">Gajus</hi> I. § 168. <hi rendition="#k">Ulpian</hi>.<lb/>
XI. § 6 &#x2014; 8. XIX.</hi> § 11.</note>; da<lb/>
nun die <hi rendition="#aq">in jure cessio</hi> überhaupt eine &#x017F;ymboli&#x017F;che Vindi-<lb/>
cation war <note place="foot" n="(l)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">Gajus</hi> II. § 24. <hi rendition="#k">Ulpian</hi>.<lb/>
XIX.</hi> § 9. 10.</note>, &#x017F;o i&#x017F;t dadurch die Vindicationsform auch<lb/>
für jene Art der Tutel erwie&#x017F;en. Ja &#x017F;elb&#x017F;t der Rechts-<lb/>
&#x017F;treit über das Da&#x017F;eyn einer väterlichen Gewalt konnte in<lb/>
der feyerlichen Form einer <hi rendition="#aq">vindicatio ex jure quiritium</hi><lb/>
geführt werden <note xml:id="seg2pn_4_1" next="#seg2pn_4_2" place="foot" n="(m)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 1 § 2 <hi rendition="#i">de R. V.</hi></hi> (6. 1.).<lb/>
Ich ver&#x017F;tehe die &#x017F;chwierige Stelle<lb/>
&#x017F;o, daß bey dem Streit über Pa-<lb/>
ternität das <hi rendition="#aq">praejudicium,</hi> wel-<lb/>
ches nach meiner An&#x017F;icht &#x017F;tets <hi rendition="#aq">in<lb/>
rem</hi> war, in ver&#x017F;chiedenen Formen<lb/>
gebraucht werden konnte, ähnlich</note>. Und eben &#x017F;o beruhte die feyerliche<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[21/0035] §. 207. In personam, in rem actiones. (Fortſetzung.) ſtitutionen richtig, und zugleich die Stelle ſelbſt tadellos: ſie enthielte nicht eine Entſtellung des älteren Rechts, ſon- dern eine angemeſſene Reduction deſſelben auf den im All- gemeinen veränderten Rechtszuſtand. Ich gehe aber noch weiter, und behaupte, daß ſelbſt im Sinn des älteren Rechts alle Präjudicien ohne Unterſchied in rem genannt werden konnten. In dieſer Allgemeinheit läßt ſich der Satz erſt weiter unten beweiſen (§. 209); allein in der beſonderen Anwendung auf die den Status betreffenden Präjudicien, auf welche allein es hier ankommt, fehlt es nicht an unmittelbaren Zeugniſſen, die ſchon hier meine Behauptung außer Zweifel ſetzen. Der Streit über Frey- heit wurde durch vindicatio in libertatem oder in servitu- tem geführt. Auf dem bloßen Schein einer ſolchen in li- bertatem vindicatio beruhte die ganze Freylaſſung per vindictam (i). Eben ſo konnte die legitima tutela über Frauen durch in jure cessio übertragen werden (k); da nun die in jure cessio überhaupt eine ſymboliſche Vindi- cation war (l), ſo iſt dadurch die Vindicationsform auch für jene Art der Tutel erwieſen. Ja ſelbſt der Rechts- ſtreit über das Daſeyn einer väterlichen Gewalt konnte in der feyerlichen Form einer vindicatio ex jure quiritium geführt werden (m). Und eben ſo beruhte die feyerliche (i) Livius XLI. 9. (k) Gajus I. § 168. Ulpian. XI. § 6 — 8. XIX. § 11. (l) Gajus II. § 24. Ulpian. XIX. § 9. 10. (m) L. 1 § 2 de R. V. (6. 1.). Ich verſtehe die ſchwierige Stelle ſo, daß bey dem Streit über Pa- ternität das praejudicium, wel- ches nach meiner Anſicht ſtets in rem war, in verſchiedenen Formen gebraucht werden konnte, ähnlich

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system05_1841
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system05_1841/35
Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841, S. 21. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system05_1841/35>, abgerufen am 22.12.2024.