Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841.Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. IV. Verletzung. in einem späteren Rechtsstreit Gebrauch machen wollte (e).Diese Prozeßform wurde nun allerdings in allen Prozes- sen über den Status angewendet, aber auch in manchen anderen Prozessen, und namentlich in solchen, deren Ge- genstand Obligationen waren (f). Aus dieser Entdeckung hat man nun neuerlich schließen wollen, die angeführte Stelle der Institutionen sey eine Erfindung der Juristen Justinians, und dem Römischen Recht eigentlich fremd (g); beide Stücke dieser Behauptung aber können nicht zuge- geben werden. Zuvörderst nämlich ist es im Sinn des Justinianischen Rechts völlig richtig zu sagen, Präjudi- cialklagen sind Klagen aus dem Status, da von den übri- gen Präjudicialklagen des älteren Rechts (quanta dos sit, an praedictum sit u. s. w.) keine einzige mehr vor- kommt (h); wenigstens im Sinn des Justinianischen Rechts also wäre die gewöhnliche Erklärung jener Stelle der In- (e) Dieses sagt schon Theophi- lus in § 13 J. de act., allein es war eine unfruchtbare Notiz, so- lange wir die Bestandtheile der formula und deren Zusammenhang nicht kannten. Bey Gajus IV. § 44. 48 findet sich nun nicht nur eine vollgültigere Bestätigung, son- dern es ist vorzüglich die Bedeu- tung jener Eigenthümlichkeit man- cher Klagen erst klar geworden. (f) Gajus III. § 123. IV. § 44. Paulus V. 9. § 1. L. 30 de reb. auct. jud. (42. 5.). -- Nicht da- hin gehört Gajus IV. § 94, denn diese sponsio hatte allerdings eine condemnatio, die aber nur eine bloße Formalität war "nec tamen haec summa sponsionis exigi- tur." Es war also kein praeju- dicium, kam aber im Zweck und Erfolg mit einem solchen überein, und daher nennt es Gajus eine sponsio praejudicialis. (g) Düroi Bemerkungen S. 406 -- 410, besonders S. 409. (h) Daß einmal in den Dige-
sten ein solcher Fall genannt wird, (Note f), muß als eine blos an- tiquarische Notiz betrachtet werden; denn Niemand wird behaupten, daß in unsrem Recht ein solcher Fall anders als jeder gewöhnliche Rechts- streit behandelt werden dürfe. Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung. in einem ſpäteren Rechtsſtreit Gebrauch machen wollte (e).Dieſe Prozeßform wurde nun allerdings in allen Prozeſ- ſen über den Status angewendet, aber auch in manchen anderen Prozeſſen, und namentlich in ſolchen, deren Ge- genſtand Obligationen waren (f). Aus dieſer Entdeckung hat man nun neuerlich ſchließen wollen, die angeführte Stelle der Inſtitutionen ſey eine Erfindung der Juriſten Juſtinians, und dem Römiſchen Recht eigentlich fremd (g); beide Stücke dieſer Behauptung aber können nicht zuge- geben werden. Zuvörderſt nämlich iſt es im Sinn des Juſtinianiſchen Rechts völlig richtig zu ſagen, Präjudi- cialklagen ſind Klagen aus dem Status, da von den übri- gen Präjudicialklagen des älteren Rechts (quanta dos sit, an praedictum sit u. ſ. w.) keine einzige mehr vor- kommt (h); wenigſtens im Sinn des Juſtinianiſchen Rechts alſo wäre die gewöhnliche Erklärung jener Stelle der In- (e) Dieſes ſagt ſchon Theophi- lus in § 13 J. de act., allein es war eine unfruchtbare Notiz, ſo- lange wir die Beſtandtheile der formula und deren Zuſammenhang nicht kannten. Bey Gajus IV. § 44. 48 findet ſich nun nicht nur eine vollgültigere Beſtätigung, ſon- dern es iſt vorzüglich die Bedeu- tung jener Eigenthümlichkeit man- cher Klagen erſt klar geworden. (f) Gajus III. § 123. IV. § 44. Paulus V. 9. § 1. L. 30 de reb. auct. jud. (42. 5.). — Nicht da- hin gehört Gajus IV. § 94, denn dieſe sponsio hatte allerdings eine condemnatio, die aber nur eine bloße Formalität war „nec tamen haec summa sponsionis exigi- tur.” Es war alſo kein praeju- dicium, kam aber im Zweck und Erfolg mit einem ſolchen überein, und daher nennt es Gajus eine sponsio praejudicialis. (g) Düroi Bemerkungen S. 406 — 410, beſonders S. 409. (h) Daß einmal in den Dige-
ſten ein ſolcher Fall genannt wird, (Note f), muß als eine blos an- tiquariſche Notiz betrachtet werden; denn Niemand wird behaupten, daß in unſrem Recht ein ſolcher Fall anders als jeder gewöhnliche Rechts- ſtreit behandelt werden dürfe. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0034" n="20"/><fw place="top" type="header">Buch <hi rendition="#aq">II.</hi> Rechtsverhältniſſe. Kap. <hi rendition="#aq">IV.</hi> Verletzung.</fw><lb/> in einem ſpäteren Rechtsſtreit Gebrauch machen wollte <note place="foot" n="(e)">Dieſes ſagt ſchon <hi rendition="#k"><hi rendition="#aq">Theophi-<lb/> lus</hi></hi> in § 13 <hi rendition="#aq">J. de act.,</hi> allein es<lb/> war eine unfruchtbare Notiz, ſo-<lb/> lange wir die Beſtandtheile der<lb/><hi rendition="#aq">formula</hi> und deren Zuſammenhang<lb/> nicht kannten. Bey <hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">Gajus</hi> IV.</hi><lb/> § 44. 48 findet ſich nun nicht nur<lb/> eine vollgültigere Beſtätigung, ſon-<lb/> dern es iſt vorzüglich die Bedeu-<lb/> tung jener Eigenthümlichkeit man-<lb/> cher Klagen erſt klar geworden.</note>.<lb/> Dieſe Prozeßform wurde nun allerdings in allen Prozeſ-<lb/> ſen über den <hi rendition="#aq">Status</hi> angewendet, aber auch in manchen<lb/> anderen Prozeſſen, und namentlich in ſolchen, deren Ge-<lb/> genſtand Obligationen waren <note place="foot" n="(f)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">Gajus</hi> III. § 123. IV. § 44.<lb/><hi rendition="#k">Paulus</hi> V. 9. § 1. <hi rendition="#i">L.</hi> 30 <hi rendition="#i">de reb.<lb/> auct. jud.</hi></hi> (42. 5.). — Nicht da-<lb/> hin gehört <hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">Gajus</hi> IV.</hi> § 94, denn<lb/> dieſe <hi rendition="#aq">sponsio</hi> hatte allerdings eine<lb/><hi rendition="#aq">condemnatio,</hi> die aber nur eine<lb/> bloße Formalität war <hi rendition="#aq">„nec tamen<lb/> haec summa sponsionis <hi rendition="#i">exigi-<lb/> tur.”</hi></hi> Es war alſo kein <hi rendition="#aq">praeju-<lb/> dicium,</hi> kam aber im Zweck und<lb/> Erfolg mit einem ſolchen überein,<lb/> und daher nennt es Gajus eine<lb/><hi rendition="#aq">sponsio praejudicialis.</hi></note>. Aus dieſer Entdeckung<lb/> hat man nun neuerlich ſchließen wollen, die angeführte<lb/> Stelle der Inſtitutionen ſey eine Erfindung der Juriſten<lb/> Juſtinians, und dem Römiſchen Recht eigentlich fremd <note place="foot" n="(g)"><hi rendition="#g">Düroi</hi> Bemerkungen S. 406<lb/> — 410, beſonders S. 409.</note>;<lb/> beide Stücke dieſer Behauptung aber können nicht zuge-<lb/> geben werden. Zuvörderſt nämlich iſt es im Sinn des<lb/> Juſtinianiſchen Rechts völlig richtig zu ſagen, Präjudi-<lb/> cialklagen ſind Klagen aus dem <hi rendition="#aq">Status,</hi> da von den übri-<lb/> gen Präjudicialklagen des älteren Rechts (<hi rendition="#aq">quanta dos<lb/> sit, an praedictum sit</hi> u. ſ. w.) keine einzige mehr vor-<lb/> kommt <note place="foot" n="(h)">Daß einmal in den Dige-<lb/> ſten ein ſolcher Fall genannt wird,<lb/> (Note <hi rendition="#aq">f</hi>), muß als eine blos an-<lb/> tiquariſche Notiz betrachtet werden;<lb/> denn Niemand wird behaupten, daß<lb/> in unſrem Recht ein ſolcher Fall<lb/> anders als jeder gewöhnliche Rechts-<lb/> ſtreit behandelt werden dürfe.</note>; wenigſtens im Sinn des Juſtinianiſchen Rechts<lb/> alſo wäre die gewöhnliche Erklärung jener Stelle der In-<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [20/0034]
Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung.
in einem ſpäteren Rechtsſtreit Gebrauch machen wollte (e).
Dieſe Prozeßform wurde nun allerdings in allen Prozeſ-
ſen über den Status angewendet, aber auch in manchen
anderen Prozeſſen, und namentlich in ſolchen, deren Ge-
genſtand Obligationen waren (f). Aus dieſer Entdeckung
hat man nun neuerlich ſchließen wollen, die angeführte
Stelle der Inſtitutionen ſey eine Erfindung der Juriſten
Juſtinians, und dem Römiſchen Recht eigentlich fremd (g);
beide Stücke dieſer Behauptung aber können nicht zuge-
geben werden. Zuvörderſt nämlich iſt es im Sinn des
Juſtinianiſchen Rechts völlig richtig zu ſagen, Präjudi-
cialklagen ſind Klagen aus dem Status, da von den übri-
gen Präjudicialklagen des älteren Rechts (quanta dos
sit, an praedictum sit u. ſ. w.) keine einzige mehr vor-
kommt (h); wenigſtens im Sinn des Juſtinianiſchen Rechts
alſo wäre die gewöhnliche Erklärung jener Stelle der In-
(e) Dieſes ſagt ſchon Theophi-
lus in § 13 J. de act., allein es
war eine unfruchtbare Notiz, ſo-
lange wir die Beſtandtheile der
formula und deren Zuſammenhang
nicht kannten. Bey Gajus IV.
§ 44. 48 findet ſich nun nicht nur
eine vollgültigere Beſtätigung, ſon-
dern es iſt vorzüglich die Bedeu-
tung jener Eigenthümlichkeit man-
cher Klagen erſt klar geworden.
(f) Gajus III. § 123. IV. § 44.
Paulus V. 9. § 1. L. 30 de reb.
auct. jud. (42. 5.). — Nicht da-
hin gehört Gajus IV. § 94, denn
dieſe sponsio hatte allerdings eine
condemnatio, die aber nur eine
bloße Formalität war „nec tamen
haec summa sponsionis exigi-
tur.” Es war alſo kein praeju-
dicium, kam aber im Zweck und
Erfolg mit einem ſolchen überein,
und daher nennt es Gajus eine
sponsio praejudicialis.
(g) Düroi Bemerkungen S. 406
— 410, beſonders S. 409.
(h) Daß einmal in den Dige-
ſten ein ſolcher Fall genannt wird,
(Note f), muß als eine blos an-
tiquariſche Notiz betrachtet werden;
denn Niemand wird behaupten, daß
in unſrem Recht ein ſolcher Fall
anders als jeder gewöhnliche Rechts-
ſtreit behandelt werden dürfe.
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