selben. So lange kein Klagrecht vorhanden ist, kann dasselbe nicht versäumt, also auch nicht durch Versäumniß verloren werden. Es muß daher Actio nata seyn, wenn eine Verjährung anfangen soll (b).
Jedes Klagrecht aber hat zwey Bedingungen (§ 205): Erstlich, ein wirkliches, gegenwärtiges, verfolgbares Recht, und wo es an diesem fehlt, ist noch keine Verjährung möglich. Darum kann sie bey einer bedingten, oder auf einen Zeitpunkt ausgesetzten Obligation erst anfangen, wenn die Bedingung erfüllt, oder der Zeitpunkt eingetreten ist (c). -- Zweytens eine Rechtsverletzung, eine Störung, welche den Berechtigten zur Klage veranlaßt. Es kommt Alles darauf an, diese, die Klage bedingende, Rechtsverletzung richtig aufzufassen; die meisten Streitigkeiten in dieser Lehre entstehen aus Misverständnissen über die Natur derselben, und wenn es gelingt, hierüber eine Verständigung her- bey zu führen, so möchten wohl jene Streitigkeiten über den Anfangspunkt der Verjährung verschwinden.
Wird nun hier der Anfang der Verjährung in das
(b)L. 1 § 1 C. de ann. exc. (7. 40.) ".. sed ex quo ab ini- tio competit, et semel nata est ..". L. 3 C. de praescr. XXX. (7. 39.) "actiones XXX. anno- rum jugi silentio, ex quo jure competere coeperunt, vivendi ulterius non habeant faculta- tem." L. 30 C. de j. dot. (5. 12.) "ea mulieribus ex eo tempore opponatur, ex quo possunt ac- tiones movere." In dieser letzten Stelle ist von Usucapion und Klagverjährung zugleich die Rede.
(c)L. 7 § 4 C. de praescr. XXX. (7. 39.) "... in omnibus contractibus, in quibus sub ali- qua conditione vel sub die ... pacta ponuntur, post conditio- nis exitum, vel .. diei .. lap- sum, praescriptiones XXX vel XL annorum ... initium acci- piunt."
§. 239. Klagverjährung. Bedingungen. Actio nata.
ſelben. So lange kein Klagrecht vorhanden iſt, kann daſſelbe nicht verſäumt, alſo auch nicht durch Verſäumniß verloren werden. Es muß daher Actio nata ſeyn, wenn eine Verjährung anfangen ſoll (b).
Jedes Klagrecht aber hat zwey Bedingungen (§ 205): Erſtlich, ein wirkliches, gegenwärtiges, verfolgbares Recht, und wo es an dieſem fehlt, iſt noch keine Verjährung möglich. Darum kann ſie bey einer bedingten, oder auf einen Zeitpunkt ausgeſetzten Obligation erſt anfangen, wenn die Bedingung erfüllt, oder der Zeitpunkt eingetreten iſt (c). — Zweytens eine Rechtsverletzung, eine Störung, welche den Berechtigten zur Klage veranlaßt. Es kommt Alles darauf an, dieſe, die Klage bedingende, Rechtsverletzung richtig aufzufaſſen; die meiſten Streitigkeiten in dieſer Lehre entſtehen aus Misverſtändniſſen über die Natur derſelben, und wenn es gelingt, hierüber eine Verſtändigung her- bey zu führen, ſo möchten wohl jene Streitigkeiten über den Anfangspunkt der Verjährung verſchwinden.
Wird nun hier der Anfang der Verjährung in das
(b)L. 1 § 1 C. de ann. exc. (7. 40.) „.. sed ex quo ab ini- tio competit, et semel nata est ..”. L. 3 C. de praescr. XXX. (7. 39.) „actiones XXX. anno- rum jugi silentio, ex quo jure competere coeperunt, vivendi ulterius non habeant faculta- tem.” L. 30 C. de j. dot. (5. 12.) „ea mulieribus ex eo tempore opponatur, ex quo possunt ac- tiones movere.” In dieſer letzten Stelle iſt von Uſucapion und Klagverjährung zugleich die Rede.
(c)L. 7 § 4 C. de praescr. XXX. (7. 39.) „… in omnibus contractibus, in quibus sub ali- qua conditione vel sub die … pacta ponuntur, post conditio- nis exitum, vel .. diei .. lap- sum, praescriptiones XXX vel XL annorum … initium acci- piunt.”
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§. 239. Klagverjährung. Bedingungen. Actio nata.
ſelben. So lange kein Klagrecht vorhanden iſt, kann
daſſelbe nicht verſäumt, alſo auch nicht durch Verſäumniß
verloren werden. Es muß daher Actio nata ſeyn, wenn
eine Verjährung anfangen ſoll (b).
Jedes Klagrecht aber hat zwey Bedingungen (§ 205):
Erſtlich, ein wirkliches, gegenwärtiges, verfolgbares Recht,
und wo es an dieſem fehlt, iſt noch keine Verjährung
möglich. Darum kann ſie bey einer bedingten, oder auf
einen Zeitpunkt ausgeſetzten Obligation erſt anfangen, wenn
die Bedingung erfüllt, oder der Zeitpunkt eingetreten iſt (c).
— Zweytens eine Rechtsverletzung, eine Störung, welche
den Berechtigten zur Klage veranlaßt. Es kommt Alles
darauf an, dieſe, die Klage bedingende, Rechtsverletzung
richtig aufzufaſſen; die meiſten Streitigkeiten in dieſer Lehre
entſtehen aus Misverſtändniſſen über die Natur derſelben,
und wenn es gelingt, hierüber eine Verſtändigung her-
bey zu führen, ſo möchten wohl jene Streitigkeiten über
den Anfangspunkt der Verjährung verſchwinden.
Wird nun hier der Anfang der Verjährung in das
(b) L. 1 § 1 C. de ann. exc.
(7. 40.) „.. sed ex quo ab ini-
tio competit, et semel nata est
..”. L. 3 C. de praescr. XXX.
(7. 39.) „actiones XXX. anno-
rum jugi silentio, ex quo jure
competere coeperunt, vivendi
ulterius non habeant faculta-
tem.” L. 30 C. de j. dot. (5. 12.)
„ea mulieribus ex eo tempore
opponatur, ex quo possunt ac-
tiones movere.” In dieſer letzten
Stelle iſt von Uſucapion und
Klagverjährung zugleich die Rede.
(c) L. 7 § 4 C. de praescr.
XXX. (7. 39.) „… in omnibus
contractibus, in quibus sub ali-
qua conditione vel sub die …
pacta ponuntur, post conditio-
nis exitum, vel .. diei .. lap-
sum, praescriptiones XXX vel
XL annorum … initium acci-
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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841, S. 281. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system05_1841/295>, abgerufen am 16.07.2024.
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