stete Erfüllung jede vorhandene Obligation an sich ver- nichtet hat, da bedarf es dieser Zuflucht zu der bloßen aequitas nicht; wo aber der Erfolg der schon gebrauchten Klage für die noch übrige nur eine indirecte Befriedigung darbietet, da ist das angeführte Princip für die richtige Behandlung der Klagenconcurrenz entscheidend (c).
In der Anwendung dieses Grundsatzes findet sich fol- gender, in der allgemeinen Natur der Klagen gegründeter Unterschied. Wenn die noch übrige Klage zu den strengen Klagen gehörte, so mußte die Exception in der Formel ausgedrückt seyn, damit sie der Judex berücksichtigen durfte; war es dagegen eine freye Klage (arbitrium), so war die Aufnahme der Exception zwar auch zulässig, auch stets sicherer, aber nicht nothwendig, indem der Arbiter auch die nicht ausgedrückte Exception beachten durfte und muß- te (d). In den Fällen dieser letzten Art sagen zuweilen die alten Juristen, hier wie anderwärts, daß die Wir- kung ipso jure eintrete, welcher Ausdruck freylich für solche Fälle nicht genau ist, und eigentlich nur sagen will, sie sey unabhängig von der Thätigkeit oder Unthätigkeit des Prätors, die bloße Überzeugung des Judex sey dazu völlig ausreichend.
Nach diesen Erörterungen werden folgende Anwendun- gen keine Schwierigkeit darbieten.
Bey der Concurrenz der a. venditi mit der Stipula-
(c) Diese Bemerkung ist gut ausgeführt von Göschen Vorle- sungen I. § 158. 159.
(d) Beylage XIII. Num. IV.
§. 236. Concurrenz der Klagen. (Fortſetzung.)
ſtete Erfüllung jede vorhandene Obligation an ſich ver- nichtet hat, da bedarf es dieſer Zuflucht zu der bloßen aequitas nicht; wo aber der Erfolg der ſchon gebrauchten Klage für die noch übrige nur eine indirecte Befriedigung darbietet, da iſt das angeführte Princip für die richtige Behandlung der Klagenconcurrenz entſcheidend (c).
In der Anwendung dieſes Grundſatzes findet ſich fol- gender, in der allgemeinen Natur der Klagen gegründeter Unterſchied. Wenn die noch übrige Klage zu den ſtrengen Klagen gehörte, ſo mußte die Exception in der Formel ausgedrückt ſeyn, damit ſie der Judex berückſichtigen durfte; war es dagegen eine freye Klage (arbitrium), ſo war die Aufnahme der Exception zwar auch zuläſſig, auch ſtets ſicherer, aber nicht nothwendig, indem der Arbiter auch die nicht ausgedrückte Exception beachten durfte und muß- te (d). In den Fällen dieſer letzten Art ſagen zuweilen die alten Juriſten, hier wie anderwärts, daß die Wir- kung ipso jure eintrete, welcher Ausdruck freylich für ſolche Fälle nicht genau iſt, und eigentlich nur ſagen will, ſie ſey unabhängig von der Thätigkeit oder Unthätigkeit des Prätors, die bloße Überzeugung des Judex ſey dazu völlig ausreichend.
Nach dieſen Erörterungen werden folgende Anwendun- gen keine Schwierigkeit darbieten.
Bey der Concurrenz der a. venditi mit der Stipula-
(c) Dieſe Bemerkung iſt gut ausgeführt von Göſchen Vorle- ſungen I. § 158. 159.
(d) Beylage XIII. Num. IV.
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§. 236. Concurrenz der Klagen. (Fortſetzung.)
ſtete Erfüllung jede vorhandene Obligation an ſich ver-
nichtet hat, da bedarf es dieſer Zuflucht zu der bloßen
aequitas nicht; wo aber der Erfolg der ſchon gebrauchten
Klage für die noch übrige nur eine indirecte Befriedigung
darbietet, da iſt das angeführte Princip für die richtige
Behandlung der Klagenconcurrenz entſcheidend (c).
In der Anwendung dieſes Grundſatzes findet ſich fol-
gender, in der allgemeinen Natur der Klagen gegründeter
Unterſchied. Wenn die noch übrige Klage zu den ſtrengen
Klagen gehörte, ſo mußte die Exception in der Formel
ausgedrückt ſeyn, damit ſie der Judex berückſichtigen durfte;
war es dagegen eine freye Klage (arbitrium), ſo war die
Aufnahme der Exception zwar auch zuläſſig, auch ſtets
ſicherer, aber nicht nothwendig, indem der Arbiter auch
die nicht ausgedrückte Exception beachten durfte und muß-
te (d). In den Fällen dieſer letzten Art ſagen zuweilen
die alten Juriſten, hier wie anderwärts, daß die Wir-
kung ipso jure eintrete, welcher Ausdruck freylich für
ſolche Fälle nicht genau iſt, und eigentlich nur ſagen will,
ſie ſey unabhängig von der Thätigkeit oder Unthätigkeit
des Prätors, die bloße Überzeugung des Judex ſey dazu
völlig ausreichend.
Nach dieſen Erörterungen werden folgende Anwendun-
gen keine Schwierigkeit darbieten.
Bey der Concurrenz der a. venditi mit der Stipula-
(c) Dieſe Bemerkung iſt gut
ausgeführt von Göſchen Vorle-
ſungen I. § 158. 159.
(d) Beylage XIII. Num. IV.
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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841, S. 261. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system05_1841/275>, abgerufen am 23.12.2024.
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