Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841.

Bild:
<< vorherige Seite

Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. IV. Verletzung.
der identische Theil absorbirt seyn, der nicht identische wird
noch ferner verfolgt werden können.

Es ergeben sich hieraus drey Klassen aller überhaupt
coexistirenden Klagen:

Erste Klasse. Vollständige Concurrenz. Die zweyte
Klage ist durch den Erfolg der ersten ganz absorbirt.
(Nach dem üblichen Sprachgebrauch: Elective Concurrenz.)
Zweyte Klasse. Partielle Concurrenz. Die zweyte
Klage ist durch den Erfolg der ersten zum Theil absorbirt.
Dritte Klasse. Keine Concurrenz. Die zweyte Klage
kann noch nach der ersten vollständig benutzt werden. (Cu-
mulative Concurrenz.)


Erste Klasse. Vollständige Concurrenz.

Die Regel, daß hier die zweyte Klage durch die erste
ganz absorbirt ist, wird anerkannt in folgender Stelle des
Ulpian (a):
Quotiens concurrunt plures actiones ejusdem rei
nomine,
una quis experiri debet.

Die Worte ejusdem rei nomine sind an sich zweydeu-
tig. Sie könnten heißen: mehrere Klagen aus derselben
Thatsache, oder auch: auf denselben Gegenstand.
Nähme man sie nun in der ersten Bedeutung, so wäre der
dadurch bedingte Satz offenbar unrichtig (§ 231), also
bleibt nur die zweyte Bedeutung als die allein mögliche
übrig. Diese wird nun auch unterstützt durch den inneren

(a) L. 43 § 1 de R. J. (50. 17) aus Ulp. lib. 28 ad ed.

Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung.
der identiſche Theil abſorbirt ſeyn, der nicht identiſche wird
noch ferner verfolgt werden können.

Es ergeben ſich hieraus drey Klaſſen aller überhaupt
coexiſtirenden Klagen:

Erſte Klaſſe. Vollſtändige Concurrenz. Die zweyte
Klage iſt durch den Erfolg der erſten ganz abſorbirt.
(Nach dem üblichen Sprachgebrauch: Elective Concurrenz.)
Zweyte Klaſſe. Partielle Concurrenz. Die zweyte
Klage iſt durch den Erfolg der erſten zum Theil abſorbirt.
Dritte Klaſſe. Keine Concurrenz. Die zweyte Klage
kann noch nach der erſten vollſtändig benutzt werden. (Cu-
mulative Concurrenz.)


Erſte Klaſſe. Vollſtändige Concurrenz.

Die Regel, daß hier die zweyte Klage durch die erſte
ganz abſorbirt iſt, wird anerkannt in folgender Stelle des
Ulpian (a):
Quotiens concurrunt plures actiones ejusdem rei
nomine,
una quis experiri debet.

Die Worte ejusdem rei nomine ſind an ſich zweydeu-
tig. Sie könnten heißen: mehrere Klagen aus derſelben
Thatſache, oder auch: auf denſelben Gegenſtand.
Nähme man ſie nun in der erſten Bedeutung, ſo wäre der
dadurch bedingte Satz offenbar unrichtig (§ 231), alſo
bleibt nur die zweyte Bedeutung als die allein mögliche
übrig. Dieſe wird nun auch unterſtützt durch den inneren

(a) L. 43 § 1 de R. J. (50. 17) aus Ulp. lib. 28 ad ed.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0230" n="216"/><fw place="top" type="header">Buch <hi rendition="#aq">II.</hi> Rechtsverhältni&#x017F;&#x017F;e. Kap. <hi rendition="#aq">IV.</hi> Verletzung.</fw><lb/>
der identi&#x017F;che Theil ab&#x017F;orbirt &#x017F;eyn, der nicht identi&#x017F;che wird<lb/>
noch ferner verfolgt werden können.</p><lb/>
            <p>Es ergeben &#x017F;ich hieraus drey Kla&#x017F;&#x017F;en aller überhaupt<lb/>
coexi&#x017F;tirenden Klagen:</p><lb/>
            <list>
              <item><hi rendition="#g">Er&#x017F;te Kla&#x017F;&#x017F;e</hi>. Voll&#x017F;tändige Concurrenz. Die zweyte<lb/>
Klage i&#x017F;t durch den Erfolg der er&#x017F;ten ganz ab&#x017F;orbirt.<lb/>
(Nach dem üblichen Sprachgebrauch: Elective Concurrenz.)</item><lb/>
              <item><hi rendition="#g">Zweyte Kla&#x017F;&#x017F;e</hi>. Partielle Concurrenz. Die zweyte<lb/>
Klage i&#x017F;t durch den Erfolg der er&#x017F;ten zum Theil ab&#x017F;orbirt.</item><lb/>
              <item><hi rendition="#g">Dritte Kla&#x017F;&#x017F;e</hi>. Keine Concurrenz. Die zweyte Klage<lb/>
kann noch nach der er&#x017F;ten voll&#x017F;tändig benutzt werden. (Cu-<lb/>
mulative Concurrenz.)</item>
            </list><lb/>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
            <p><hi rendition="#g">Er&#x017F;te Kla&#x017F;&#x017F;e</hi>. Voll&#x017F;tändige Concurrenz.</p><lb/>
            <p>Die Regel, daß hier die zweyte Klage durch die er&#x017F;te<lb/>
ganz ab&#x017F;orbirt i&#x017F;t, wird anerkannt in folgender Stelle des<lb/>
Ulpian <note place="foot" n="(a)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 43 § 1 <hi rendition="#i">de R. J.</hi></hi> (50. 17) aus <hi rendition="#aq">Ulp. lib. 28 ad ed.</hi></note>:<lb/><hi rendition="#et"><hi rendition="#aq">Quotiens concurrunt plures actiones <hi rendition="#i">ejusdem rei<lb/>
nomine,</hi> una quis experiri debet.</hi></hi></p><lb/>
            <p>Die Worte <hi rendition="#aq">ejusdem rei nomine</hi> &#x017F;ind an &#x017F;ich zweydeu-<lb/>
tig. Sie könnten heißen: mehrere Klagen aus der&#x017F;elben<lb/><hi rendition="#g">That&#x017F;ache</hi>, oder auch: auf den&#x017F;elben <hi rendition="#g">Gegen&#x017F;tand</hi>.<lb/>
Nähme man &#x017F;ie nun in der er&#x017F;ten Bedeutung, &#x017F;o wäre der<lb/>
dadurch bedingte Satz offenbar unrichtig (§ 231), al&#x017F;o<lb/>
bleibt nur die zweyte Bedeutung als die allein mögliche<lb/>
übrig. Die&#x017F;e wird nun auch unter&#x017F;tützt durch den inneren<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[216/0230] Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung. der identiſche Theil abſorbirt ſeyn, der nicht identiſche wird noch ferner verfolgt werden können. Es ergeben ſich hieraus drey Klaſſen aller überhaupt coexiſtirenden Klagen: Erſte Klaſſe. Vollſtändige Concurrenz. Die zweyte Klage iſt durch den Erfolg der erſten ganz abſorbirt. (Nach dem üblichen Sprachgebrauch: Elective Concurrenz.) Zweyte Klaſſe. Partielle Concurrenz. Die zweyte Klage iſt durch den Erfolg der erſten zum Theil abſorbirt. Dritte Klaſſe. Keine Concurrenz. Die zweyte Klage kann noch nach der erſten vollſtändig benutzt werden. (Cu- mulative Concurrenz.) Erſte Klaſſe. Vollſtändige Concurrenz. Die Regel, daß hier die zweyte Klage durch die erſte ganz abſorbirt iſt, wird anerkannt in folgender Stelle des Ulpian (a): Quotiens concurrunt plures actiones ejusdem rei nomine, una quis experiri debet. Die Worte ejusdem rei nomine ſind an ſich zweydeu- tig. Sie könnten heißen: mehrere Klagen aus derſelben Thatſache, oder auch: auf denſelben Gegenſtand. Nähme man ſie nun in der erſten Bedeutung, ſo wäre der dadurch bedingte Satz offenbar unrichtig (§ 231), alſo bleibt nur die zweyte Bedeutung als die allein mögliche übrig. Dieſe wird nun auch unterſtützt durch den inneren (a) L. 43 § 1 de R. J. (50. 17) aus Ulp. lib. 28 ad ed.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system05_1841
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system05_1841/230
Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841, S. 216. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system05_1841/230>, abgerufen am 25.11.2024.