Cession gehört, ihrem juristischen Wesen nach, recht eigent- lich der Lehre von den Klagen an, indem sie sich auf Rechte der verschiedensten Art beziehen kann, und in die- sen überall die Klagbarkeit als solche zum Gegenstand hat. Faßt man sie jedoch von ihrer praktischen Seite auf, näm- lich nach dem überwiegenden Werth, den sie für das wirk- liche Leben hat, so gehört sie vorzugsweise dem Obliga- tionenrecht an, und kann nur in Verbindung mit demselben vollständig verstanden werden. -- Der Tod ist nicht immer ein Grund des Übergangs eines Klagrechts auf andere Per- sonen, indem durch ihn das Klagrecht in vielen Fällen vielmehr ganz untergeht.
Der Untergang der Klagrechte kommt in folgenden Ab- stufungen vor:
1) Indem das Recht selbst vernichtet wird, welches der Klage zum Grunde liegt, und durch sie verfolgt werden konnte.
Beyspiele: wenn das Thier zufällig stirbt, welches bisher vindicirt werden konnte; wenn die Schuld, auf welche bisher geklagt werden konnte, bezahlt wird, da durch die Zahlung die Obligation selbst vernichtet wird.
2) Indem der Anspruch des Klägers, zu dessen Schutz das Klagrecht diente, auf andere Weise Befriedigung erhält.
Beyspiel: Wenn die Sache, welche bisher vindicirt oder condicirt werden konnte, durch Zufall in den Besitz des Eigenthümers zurück kehrt (a).
3) Indem, ohne Befriedigung des Klägers, die Verletzung
(a)L. 54 § 3 de furtis (47.2.).
§. 230. Aufhebung des Klagrechts. Tod.
Ceſſion gehört, ihrem juriſtiſchen Weſen nach, recht eigent- lich der Lehre von den Klagen an, indem ſie ſich auf Rechte der verſchiedenſten Art beziehen kann, und in die- ſen überall die Klagbarkeit als ſolche zum Gegenſtand hat. Faßt man ſie jedoch von ihrer praktiſchen Seite auf, näm- lich nach dem überwiegenden Werth, den ſie für das wirk- liche Leben hat, ſo gehört ſie vorzugsweiſe dem Obliga- tionenrecht an, und kann nur in Verbindung mit demſelben vollſtändig verſtanden werden. — Der Tod iſt nicht immer ein Grund des Übergangs eines Klagrechts auf andere Per- ſonen, indem durch ihn das Klagrecht in vielen Fällen vielmehr ganz untergeht.
Der Untergang der Klagrechte kommt in folgenden Ab- ſtufungen vor:
1) Indem das Recht ſelbſt vernichtet wird, welches der Klage zum Grunde liegt, und durch ſie verfolgt werden konnte.
Beyſpiele: wenn das Thier zufällig ſtirbt, welches bisher vindicirt werden konnte; wenn die Schuld, auf welche bisher geklagt werden konnte, bezahlt wird, da durch die Zahlung die Obligation ſelbſt vernichtet wird.
2) Indem der Anſpruch des Klägers, zu deſſen Schutz das Klagrecht diente, auf andere Weiſe Befriedigung erhält.
Beyſpiel: Wenn die Sache, welche bisher vindicirt oder condicirt werden konnte, durch Zufall in den Beſitz des Eigenthümers zurück kehrt (a).
3) Indem, ohne Befriedigung des Klägers, die Verletzung
(a)L. 54 § 3 de furtis (47.2.).
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0211"n="197"/><fwplace="top"type="header">§. 230. Aufhebung des Klagrechts. Tod.</fw><lb/>
Ceſſion gehört, ihrem juriſtiſchen Weſen nach, recht eigent-<lb/>
lich der Lehre von den Klagen an, indem ſie ſich auf<lb/>
Rechte der verſchiedenſten Art beziehen kann, und in die-<lb/>ſen überall die Klagbarkeit als ſolche zum Gegenſtand hat.<lb/>
Faßt man ſie jedoch von ihrer praktiſchen Seite auf, näm-<lb/>
lich nach dem überwiegenden Werth, den ſie für das wirk-<lb/>
liche Leben hat, ſo gehört ſie vorzugsweiſe dem Obliga-<lb/>
tionenrecht an, und kann nur in Verbindung mit demſelben<lb/>
vollſtändig verſtanden werden. — Der Tod iſt nicht immer ein<lb/>
Grund des Übergangs eines Klagrechts auf andere Per-<lb/>ſonen, indem durch ihn das Klagrecht in vielen Fällen<lb/>
vielmehr ganz untergeht.</p><lb/><p>Der Untergang der Klagrechte kommt in folgenden Ab-<lb/>ſtufungen vor:</p><lb/><p>1) Indem das Recht ſelbſt vernichtet wird, welches der<lb/>
Klage zum Grunde liegt, und durch ſie verfolgt werden konnte.</p><lb/><p>Beyſpiele: wenn das Thier zufällig ſtirbt, welches<lb/>
bisher vindicirt werden konnte; wenn die Schuld, auf<lb/>
welche bisher geklagt werden konnte, bezahlt wird, da<lb/>
durch die Zahlung die Obligation ſelbſt vernichtet wird.</p><lb/><p>2) Indem der Anſpruch des Klägers, zu deſſen Schutz<lb/>
das Klagrecht diente, auf andere Weiſe Befriedigung erhält.</p><lb/><p>Beyſpiel: Wenn die Sache, welche bisher vindicirt<lb/>
oder condicirt werden konnte, durch Zufall in den Beſitz<lb/>
des Eigenthümers zurück kehrt <noteplace="foot"n="(a)"><hirendition="#aq"><hirendition="#i">L.</hi> 54 § 3 <hirendition="#i">de furtis</hi></hi> (47.2.).</note>.</p><lb/><p>3) Indem, ohne Befriedigung des Klägers, die Verletzung<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[197/0211]
§. 230. Aufhebung des Klagrechts. Tod.
Ceſſion gehört, ihrem juriſtiſchen Weſen nach, recht eigent-
lich der Lehre von den Klagen an, indem ſie ſich auf
Rechte der verſchiedenſten Art beziehen kann, und in die-
ſen überall die Klagbarkeit als ſolche zum Gegenſtand hat.
Faßt man ſie jedoch von ihrer praktiſchen Seite auf, näm-
lich nach dem überwiegenden Werth, den ſie für das wirk-
liche Leben hat, ſo gehört ſie vorzugsweiſe dem Obliga-
tionenrecht an, und kann nur in Verbindung mit demſelben
vollſtändig verſtanden werden. — Der Tod iſt nicht immer ein
Grund des Übergangs eines Klagrechts auf andere Per-
ſonen, indem durch ihn das Klagrecht in vielen Fällen
vielmehr ganz untergeht.
Der Untergang der Klagrechte kommt in folgenden Ab-
ſtufungen vor:
1) Indem das Recht ſelbſt vernichtet wird, welches der
Klage zum Grunde liegt, und durch ſie verfolgt werden konnte.
Beyſpiele: wenn das Thier zufällig ſtirbt, welches
bisher vindicirt werden konnte; wenn die Schuld, auf
welche bisher geklagt werden konnte, bezahlt wird, da
durch die Zahlung die Obligation ſelbſt vernichtet wird.
2) Indem der Anſpruch des Klägers, zu deſſen Schutz
das Klagrecht diente, auf andere Weiſe Befriedigung erhält.
Beyſpiel: Wenn die Sache, welche bisher vindicirt
oder condicirt werden konnte, durch Zufall in den Beſitz
des Eigenthümers zurück kehrt (a).
3) Indem, ohne Befriedigung des Klägers, die Verletzung
(a) L. 54 § 3 de furtis (47.2.).
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841, S. 197. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system05_1841/211>, abgerufen am 23.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.