Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841.

Bild:
<< vorherige Seite

Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. IV. Verletzung.
jenen Zweck sehr bequemen und angemessenen, Prozeßform
der Exceptionen, die freylich erst seit der Einführung der
formulae möglich war (§ 226. m). Zweytens in der voll-
ständigeren, befriedigenderen materiellen Ausbildung der
auf die aequitas bezüglichen Rechtsregeln, wodurch das
Edict, und später die Arbeit der Juristen, für diesen wie
für andere Theile des Rechts wohlthätig wurde.

An die spätere Zeit des Römischen Rechts aber wird
jene Lehre in folgender Weise angeknüpft (f). Die Excep-
tionen in jener eigenthümlichen Natur erhielten sich nur
kurze Zeit. Schon als man anfieng, das prätorische Recht
als ein eigentliches jus anzusehen, hatte sich ihr Wesen
verändert; mit dem ordo judiciorum giengen sie völlig
unter, und jetzt war zwischen ihnen und den Civileinreden,
z. B. der Zahlung, durchaus kein Unterschied mehr übrig.
Wenn in den Justinianischen Rechtsbüchern von den Ex-
ceptionen in alter Weise geredet wird, so ist dieses leerer
Schein, zu erklären aus der Art, wie jene Bücher ent-
standen sind; man behielt die Ausdrücke der älteren Zeit
bey, während die Begriffe selbst verschwunden waren.

Wenn nun auch diese Ansichten in so vollständiger
Ausbildung nur selten gefunden werden, so scheinen doch
die Meisten darin völlig einverstanden, daß der Römische
Begriff der Exceptionen für unser heutiges Recht ganz
unbrauchbar geworden sey, und durch einen anderen, sehr

(f) Albrecht S. 52. 72. 82 fg. 108 fg.

Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung.
jenen Zweck ſehr bequemen und angemeſſenen, Prozeßform
der Exceptionen, die freylich erſt ſeit der Einführung der
formulae möglich war (§ 226. m). Zweytens in der voll-
ſtändigeren, befriedigenderen materiellen Ausbildung der
auf die aequitas bezüglichen Rechtsregeln, wodurch das
Edict, und ſpäter die Arbeit der Juriſten, für dieſen wie
für andere Theile des Rechts wohlthätig wurde.

An die ſpätere Zeit des Römiſchen Rechts aber wird
jene Lehre in folgender Weiſe angeknüpft (f). Die Excep-
tionen in jener eigenthümlichen Natur erhielten ſich nur
kurze Zeit. Schon als man anfieng, das prätoriſche Recht
als ein eigentliches jus anzuſehen, hatte ſich ihr Weſen
verändert; mit dem ordo judiciorum giengen ſie völlig
unter, und jetzt war zwiſchen ihnen und den Civileinreden,
z. B. der Zahlung, durchaus kein Unterſchied mehr übrig.
Wenn in den Juſtinianiſchen Rechtsbüchern von den Ex-
ceptionen in alter Weiſe geredet wird, ſo iſt dieſes leerer
Schein, zu erklären aus der Art, wie jene Bücher ent-
ſtanden ſind; man behielt die Ausdrücke der älteren Zeit
bey, während die Begriffe ſelbſt verſchwunden waren.

Wenn nun auch dieſe Anſichten in ſo vollſtändiger
Ausbildung nur ſelten gefunden werden, ſo ſcheinen doch
die Meiſten darin völlig einverſtanden, daß der Römiſche
Begriff der Exceptionen für unſer heutiges Recht ganz
unbrauchbar geworden ſey, und durch einen anderen, ſehr

(f) Albrecht S. 52. 72. 82 fg. 108 fg.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0196" n="182"/><fw place="top" type="header">Buch <hi rendition="#aq">II.</hi> Rechtsverhältni&#x017F;&#x017F;e. Kap. <hi rendition="#aq">IV.</hi> Verletzung.</fw><lb/>
jenen Zweck &#x017F;ehr bequemen und angeme&#x017F;&#x017F;enen, Prozeßform<lb/>
der Exceptionen, die freylich er&#x017F;t &#x017F;eit der Einführung der<lb/><hi rendition="#aq">formulae</hi> möglich war (§ 226. <hi rendition="#aq">m</hi>). Zweytens in der voll-<lb/>
&#x017F;tändigeren, befriedigenderen materiellen Ausbildung der<lb/>
auf die <hi rendition="#aq">aequitas</hi> bezüglichen Rechtsregeln, wodurch das<lb/>
Edict, und &#x017F;päter die Arbeit der Juri&#x017F;ten, für die&#x017F;en wie<lb/>
für andere Theile des Rechts wohlthätig wurde.</p><lb/>
            <p>An die &#x017F;pätere Zeit des Römi&#x017F;chen Rechts aber wird<lb/>
jene Lehre in folgender Wei&#x017F;e angeknüpft <note place="foot" n="(f)"><hi rendition="#g">Albrecht</hi> S. 52. 72. 82 fg. 108 fg.</note>. Die Excep-<lb/>
tionen in jener eigenthümlichen Natur erhielten &#x017F;ich nur<lb/>
kurze Zeit. Schon als man anfieng, das prätori&#x017F;che Recht<lb/>
als ein eigentliches <hi rendition="#aq">jus</hi> anzu&#x017F;ehen, hatte &#x017F;ich ihr We&#x017F;en<lb/>
verändert; mit dem <hi rendition="#aq">ordo judiciorum</hi> giengen &#x017F;ie völlig<lb/>
unter, und jetzt war zwi&#x017F;chen ihnen und den Civileinreden,<lb/>
z. B. der Zahlung, durchaus kein Unter&#x017F;chied mehr übrig.<lb/>
Wenn in den Ju&#x017F;tiniani&#x017F;chen Rechtsbüchern von den Ex-<lb/>
ceptionen in alter Wei&#x017F;e geredet wird, &#x017F;o i&#x017F;t die&#x017F;es leerer<lb/>
Schein, zu erklären aus der Art, wie jene Bücher ent-<lb/>
&#x017F;tanden &#x017F;ind; man behielt die Ausdrücke der älteren Zeit<lb/>
bey, während die Begriffe &#x017F;elb&#x017F;t ver&#x017F;chwunden waren.</p><lb/>
            <p>Wenn nun auch die&#x017F;e An&#x017F;ichten in &#x017F;o voll&#x017F;tändiger<lb/>
Ausbildung nur &#x017F;elten gefunden werden, &#x017F;o &#x017F;cheinen doch<lb/>
die Mei&#x017F;ten darin völlig einver&#x017F;tanden, daß der Römi&#x017F;che<lb/>
Begriff der Exceptionen für un&#x017F;er heutiges Recht ganz<lb/>
unbrauchbar geworden &#x017F;ey, und durch einen anderen, &#x017F;ehr<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[182/0196] Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung. jenen Zweck ſehr bequemen und angemeſſenen, Prozeßform der Exceptionen, die freylich erſt ſeit der Einführung der formulae möglich war (§ 226. m). Zweytens in der voll- ſtändigeren, befriedigenderen materiellen Ausbildung der auf die aequitas bezüglichen Rechtsregeln, wodurch das Edict, und ſpäter die Arbeit der Juriſten, für dieſen wie für andere Theile des Rechts wohlthätig wurde. An die ſpätere Zeit des Römiſchen Rechts aber wird jene Lehre in folgender Weiſe angeknüpft (f). Die Excep- tionen in jener eigenthümlichen Natur erhielten ſich nur kurze Zeit. Schon als man anfieng, das prätoriſche Recht als ein eigentliches jus anzuſehen, hatte ſich ihr Weſen verändert; mit dem ordo judiciorum giengen ſie völlig unter, und jetzt war zwiſchen ihnen und den Civileinreden, z. B. der Zahlung, durchaus kein Unterſchied mehr übrig. Wenn in den Juſtinianiſchen Rechtsbüchern von den Ex- ceptionen in alter Weiſe geredet wird, ſo iſt dieſes leerer Schein, zu erklären aus der Art, wie jene Bücher ent- ſtanden ſind; man behielt die Ausdrücke der älteren Zeit bey, während die Begriffe ſelbſt verſchwunden waren. Wenn nun auch dieſe Anſichten in ſo vollſtändiger Ausbildung nur ſelten gefunden werden, ſo ſcheinen doch die Meiſten darin völlig einverſtanden, daß der Römiſche Begriff der Exceptionen für unſer heutiges Recht ganz unbrauchbar geworden ſey, und durch einen anderen, ſehr (f) Albrecht S. 52. 72. 82 fg. 108 fg.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system05_1841
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system05_1841/196
Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841, S. 182. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system05_1841/196>, abgerufen am 23.12.2024.