selbst, nicht auf den Andern. Darum ist ein solches Ge- schäft keine Schenkung.
Wer in einem Vergleich Etwas nachläßt, mit dem vollen Bewußtseyn einen Theil seines Rechts aufzugeben, schenkt dennoch nicht, da er die Kosten und die Unsicher- heit des Rechtsstreits vermeiden, nicht dem Gegner eine Liberalität beweisen will (§ 158. e). -- Ganz dieselbe Be- wandniß hat es in der Regel bey dem Accord der Glau- biger mit einem insolventen Schuldner, obgleich hier nach Umständen auch eine wahre Schenkungsabsicht vorkommen kann, so daß das Daseyn einer Schenkung auf einer fac- tischen Frage beruht.
In anderen Fällen ist die Bereicherung nur die gele- gentliche, aber unfehlbare Folge der Familienverhältnisse. Werden nun diese durch ein Rechtsgeschäft neu bestimmt, so gelten sie als das Überwiegende, und die Bereicherung tritt als untergeordnet zurück; auf sie ist dann die Absicht nicht zu beziehen, und die wirklich vorhandene Bereiche- rung kann nicht als Schenkung angesehen werden.
Wenn daher ein Ehegatte dem andern den unentgeld- lichen Mitgebrauch eines Hauses oder anderer Sachen überläßt, welches unter Fremden eine Schenkung seyn könnte (§ 146), so ist es keine Schenkung, weil es aus dem gemeinsamen häuslichen Leben folgt, und daraus fol- gen würde, auch wenn für den andern Theil kein Geld- gewinn damit verknüpft wäre (c).
(c)L. 18, L. 28 § 2, L. 31 § 1 de don. int. vir. (24. 1.).
IV. 6
§. 152. Schenkung. Begriff. 4. Abſicht.
ſelbſt, nicht auf den Andern. Darum iſt ein ſolches Ge- ſchäft keine Schenkung.
Wer in einem Vergleich Etwas nachläßt, mit dem vollen Bewußtſeyn einen Theil ſeines Rechts aufzugeben, ſchenkt dennoch nicht, da er die Koſten und die Unſicher- heit des Rechtsſtreits vermeiden, nicht dem Gegner eine Liberalität beweiſen will (§ 158. e). — Ganz dieſelbe Be- wandniß hat es in der Regel bey dem Accord der Glau- biger mit einem inſolventen Schuldner, obgleich hier nach Umſtänden auch eine wahre Schenkungsabſicht vorkommen kann, ſo daß das Daſeyn einer Schenkung auf einer fac- tiſchen Frage beruht.
In anderen Fällen iſt die Bereicherung nur die gele- gentliche, aber unfehlbare Folge der Familienverhältniſſe. Werden nun dieſe durch ein Rechtsgeſchäft neu beſtimmt, ſo gelten ſie als das Überwiegende, und die Bereicherung tritt als untergeordnet zurück; auf ſie iſt dann die Abſicht nicht zu beziehen, und die wirklich vorhandene Bereiche- rung kann nicht als Schenkung angeſehen werden.
Wenn daher ein Ehegatte dem andern den unentgeld- lichen Mitgebrauch eines Hauſes oder anderer Sachen überläßt, welches unter Fremden eine Schenkung ſeyn könnte (§ 146), ſo iſt es keine Schenkung, weil es aus dem gemeinſamen häuslichen Leben folgt, und daraus fol- gen würde, auch wenn für den andern Theil kein Geld- gewinn damit verknüpft wäre (c).
(c)L. 18, L. 28 § 2, L. 31 § 1 de don. int. vir. (24. 1.).
IV. 6
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§. 152. Schenkung. Begriff. 4. Abſicht.
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ſchäft keine Schenkung.
Wer in einem Vergleich Etwas nachläßt, mit dem
vollen Bewußtſeyn einen Theil ſeines Rechts aufzugeben,
ſchenkt dennoch nicht, da er die Koſten und die Unſicher-
heit des Rechtsſtreits vermeiden, nicht dem Gegner eine
Liberalität beweiſen will (§ 158. e). — Ganz dieſelbe Be-
wandniß hat es in der Regel bey dem Accord der Glau-
biger mit einem inſolventen Schuldner, obgleich hier nach
Umſtänden auch eine wahre Schenkungsabſicht vorkommen
kann, ſo daß das Daſeyn einer Schenkung auf einer fac-
tiſchen Frage beruht.
In anderen Fällen iſt die Bereicherung nur die gele-
gentliche, aber unfehlbare Folge der Familienverhältniſſe.
Werden nun dieſe durch ein Rechtsgeſchäft neu beſtimmt,
ſo gelten ſie als das Überwiegende, und die Bereicherung
tritt als untergeordnet zurück; auf ſie iſt dann die Abſicht
nicht zu beziehen, und die wirklich vorhandene Bereiche-
rung kann nicht als Schenkung angeſehen werden.
Wenn daher ein Ehegatte dem andern den unentgeld-
lichen Mitgebrauch eines Hauſes oder anderer Sachen
überläßt, welches unter Fremden eine Schenkung ſeyn
könnte (§ 146), ſo iſt es keine Schenkung, weil es aus
dem gemeinſamen häuslichen Leben folgt, und daraus fol-
gen würde, auch wenn für den andern Theil kein Geld-
gewinn damit verknüpft wäre (c).
(c) L. 18, L. 28 § 2, L. 31 § 1 de don. int. vir. (24. 1.).
IV. 6
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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841, S. 81. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system04_1841/95>, abgerufen am 25.11.2024.
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