Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841.

Bild:
<< vorherige Seite

Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. III. Entstehung und Untergang.
blos in Beziehung auf die Schenkung in der Ehe betrach-
tet, weil nur davon in unsren Rechtsquellen unmittelbar
die Rede ist; nunmehr ist die Anwendbarkeit dieser Folgen
auf die Insinnation und auf den Widerruf aus besonde-
ren Gründen (z. B. Undankbarkeit) zu untersuchen.

Ist der Untergang des Geschenks herbeygeführt durch
den eigenen Willen des Gebers, oder auch durch Zufall,
so kann wegen des Untergegangnen kein Ersatz gefordert
werden. Sind also 800 Dukaten ohne Insinuation ge-
schenkt, dem Beschenkten aber auf der Reise von Räubern
weggenommen worden, so braucht er Nichts zurückzugeben.

Bey der Consumtion muß unterschieden werden. Sind
800 Dukaten in Geld, ohne Insinuation, geschenkt, und
hat der Beschenkte diese weiter verschenkt oder verschwen-
det, so könnte nach strengen Grundsätzen der Geber von
ihm 300 wieder fordern, und er hätte dazu die Wahl
zwischen einer Condiction, der actio ad exhibendum, und
der Vindication; denn der Beschenkte war unredlicher Be-
sitzer einer fremden Sache (der 300 Dukaten), und ist also
noch jetzt ein fingirter Besitzer (k). Ist ohne Insinuation
ein Haus, im Werth von 2000 Dukaten, geschenkt, und
hat der Beschenkte durch Unvorsichtigkeit eine Feuersbrunst
veranlaßt, so daß nur noch eine Brandstätte, 200 Duka-
ten werth, übrig ist, so müßte nach derselben Strenge
der Geber 1500 Dukaten mit der actio Legis Aquiliae

(k) Vgl. oben § 150 Noten l. m. t. u.

Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang.
blos in Beziehung auf die Schenkung in der Ehe betrach-
tet, weil nur davon in unſren Rechtsquellen unmittelbar
die Rede iſt; nunmehr iſt die Anwendbarkeit dieſer Folgen
auf die Inſinnation und auf den Widerruf aus beſonde-
ren Gründen (z. B. Undankbarkeit) zu unterſuchen.

Iſt der Untergang des Geſchenks herbeygeführt durch
den eigenen Willen des Gebers, oder auch durch Zufall,
ſo kann wegen des Untergegangnen kein Erſatz gefordert
werden. Sind alſo 800 Dukaten ohne Inſinuation ge-
ſchenkt, dem Beſchenkten aber auf der Reiſe von Räubern
weggenommen worden, ſo braucht er Nichts zurückzugeben.

Bey der Conſumtion muß unterſchieden werden. Sind
800 Dukaten in Geld, ohne Inſinuation, geſchenkt, und
hat der Beſchenkte dieſe weiter verſchenkt oder verſchwen-
det, ſo könnte nach ſtrengen Grundſätzen der Geber von
ihm 300 wieder fordern, und er hätte dazu die Wahl
zwiſchen einer Condiction, der actio ad exhibendum, und
der Vindication; denn der Beſchenkte war unredlicher Be-
ſitzer einer fremden Sache (der 300 Dukaten), und iſt alſo
noch jetzt ein fingirter Beſitzer (k). Iſt ohne Inſinuation
ein Haus, im Werth von 2000 Dukaten, geſchenkt, und
hat der Beſchenkte durch Unvorſichtigkeit eine Feuersbrunſt
veranlaßt, ſo daß nur noch eine Brandſtätte, 200 Duka-
ten werth, übrig iſt, ſo müßte nach derſelben Strenge
der Geber 1500 Dukaten mit der actio Legis Aquiliae

(k) Vgl. oben § 150 Noten l. m. t. u.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0088" n="74"/><fw place="top" type="header">Buch <hi rendition="#aq">II.</hi> Rechtsverhältni&#x017F;&#x017F;e. Kap. <hi rendition="#aq">III.</hi> Ent&#x017F;tehung und Untergang.</fw><lb/>
blos in Beziehung auf die Schenkung in der Ehe betrach-<lb/>
tet, weil nur davon in un&#x017F;ren Rechtsquellen unmittelbar<lb/>
die Rede i&#x017F;t; nunmehr i&#x017F;t die Anwendbarkeit die&#x017F;er Folgen<lb/>
auf die In&#x017F;innation und auf den Widerruf aus be&#x017F;onde-<lb/>
ren Gründen (z. B. Undankbarkeit) zu unter&#x017F;uchen.</p><lb/>
            <p>I&#x017F;t der Untergang des Ge&#x017F;chenks herbeygeführt durch<lb/>
den eigenen Willen des Gebers, oder auch durch Zufall,<lb/>
&#x017F;o kann wegen des Untergegangnen kein Er&#x017F;atz gefordert<lb/>
werden. Sind al&#x017F;o 800 Dukaten ohne In&#x017F;inuation ge-<lb/>
&#x017F;chenkt, dem Be&#x017F;chenkten aber auf der Rei&#x017F;e von Räubern<lb/>
weggenommen worden, &#x017F;o braucht er Nichts zurückzugeben.</p><lb/>
            <p>Bey der Con&#x017F;umtion muß unter&#x017F;chieden werden. Sind<lb/>
800 Dukaten in Geld, ohne In&#x017F;inuation, ge&#x017F;chenkt, und<lb/>
hat der Be&#x017F;chenkte die&#x017F;e weiter ver&#x017F;chenkt oder ver&#x017F;chwen-<lb/>
det, &#x017F;o könnte nach &#x017F;trengen Grund&#x017F;ätzen der Geber von<lb/>
ihm 300 wieder fordern, und er hätte dazu die Wahl<lb/>
zwi&#x017F;chen einer Condiction, der <hi rendition="#aq">actio ad exhibendum,</hi> und<lb/>
der Vindication; denn der Be&#x017F;chenkte war unredlicher Be-<lb/>
&#x017F;itzer einer fremden Sache (der 300 Dukaten), und i&#x017F;t al&#x017F;o<lb/>
noch jetzt ein fingirter Be&#x017F;itzer <note place="foot" n="(k)">Vgl. oben § 150 Noten <hi rendition="#aq">l. m. t. u.</hi></note>. I&#x017F;t ohne In&#x017F;inuation<lb/>
ein Haus, im Werth von 2000 Dukaten, ge&#x017F;chenkt, und<lb/>
hat der Be&#x017F;chenkte durch Unvor&#x017F;ichtigkeit eine Feuersbrun&#x017F;t<lb/>
veranlaßt, &#x017F;o daß nur noch eine Brand&#x017F;tätte, 200 Duka-<lb/>
ten werth, übrig i&#x017F;t, &#x017F;o müßte nach der&#x017F;elben Strenge<lb/>
der Geber 1500 Dukaten mit der <hi rendition="#aq">actio Legis Aquiliae</hi><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[74/0088] Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang. blos in Beziehung auf die Schenkung in der Ehe betrach- tet, weil nur davon in unſren Rechtsquellen unmittelbar die Rede iſt; nunmehr iſt die Anwendbarkeit dieſer Folgen auf die Inſinnation und auf den Widerruf aus beſonde- ren Gründen (z. B. Undankbarkeit) zu unterſuchen. Iſt der Untergang des Geſchenks herbeygeführt durch den eigenen Willen des Gebers, oder auch durch Zufall, ſo kann wegen des Untergegangnen kein Erſatz gefordert werden. Sind alſo 800 Dukaten ohne Inſinuation ge- ſchenkt, dem Beſchenkten aber auf der Reiſe von Räubern weggenommen worden, ſo braucht er Nichts zurückzugeben. Bey der Conſumtion muß unterſchieden werden. Sind 800 Dukaten in Geld, ohne Inſinuation, geſchenkt, und hat der Beſchenkte dieſe weiter verſchenkt oder verſchwen- det, ſo könnte nach ſtrengen Grundſätzen der Geber von ihm 300 wieder fordern, und er hätte dazu die Wahl zwiſchen einer Condiction, der actio ad exhibendum, und der Vindication; denn der Beſchenkte war unredlicher Be- ſitzer einer fremden Sache (der 300 Dukaten), und iſt alſo noch jetzt ein fingirter Beſitzer (k). Iſt ohne Inſinuation ein Haus, im Werth von 2000 Dukaten, geſchenkt, und hat der Beſchenkte durch Unvorſichtigkeit eine Feuersbrunſt veranlaßt, ſo daß nur noch eine Brandſtätte, 200 Duka- ten werth, übrig iſt, ſo müßte nach derſelben Strenge der Geber 1500 Dukaten mit der actio Legis Aquiliae (k) Vgl. oben § 150 Noten l. m. t. u.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system04_1841
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system04_1841/88
Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841, S. 74. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system04_1841/88>, abgerufen am 22.11.2024.