Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841.Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. III. Entstehung und Untergang. dingte Vermuthung, also kann auch nicht davon die Redeseyn, dieser Vermuthung durch Beweis ihre gewöhnliche Kraft zu entziehen. Dieser Gegenbeweis ist auch gegen das behauptete Daseyn einer Tradition oder Usucapion zulässig, die doch gewiß wahre Rechtserwerbungen sind (g). -- Noch weniger darf behauptet werden, daß dieser di- recte Gegenbeweis, wenn er jetzt mislang, und daher die unvordenkliche Zeit mit ihren Folgen rechtskräftig aner- kannt wurde, künftig von Neuem versucht werden könnte, weil doch nur eine Vermuthung vorhanden sey. Durch diese Behauptung wird die selbstständige Wirksamkeit des rechtskräftigen Urtheils verkannt, bey welchem es nun ganz gleichgültig ist, ob es durch eine Vermuthung, durch einen wahren Beweis, oder selbst durch einen irrig ange- nommenen Beweis, veranlaßt worden war (h). -- Der wahre Sinn jenes Satzes besteht aber darin, daß der Ge- genbeweis die aus den zwey letzten Menschenaltern her- vorgehende Vermuthung durch solche Thatsachen entkräften darf, die aus einer noch früheren Zeit hergenommen sind. Es fragt sich nun, worin diese ältere Thatsachen bestehen müssen, um zu dem erwähnten Zweck tauglich zu seyn (i). Aus dem ununterbrochenen Zustand der zwey letzten (g) Pfeiffer § 19. 20. (h) Unterholzner § 147. Arndts S. 134. (i) Hierüber sind zu vergleichen
Wernher p. 747. Böhmer § 42. Kress p. 35 -- 37. p. 114. 115. Neller p. 112--114. Unter- holzner § 150. Pfeiffer S. 67 -- 71. Arndts S. 160, die insgesammt, mehr oder weniger vollständig, die hier vorgetragene Lehre vertheidigen. Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang. dingte Vermuthung, alſo kann auch nicht davon die Redeſeyn, dieſer Vermuthung durch Beweis ihre gewöhnliche Kraft zu entziehen. Dieſer Gegenbeweis iſt auch gegen das behauptete Daſeyn einer Tradition oder Uſucapion zuläſſig, die doch gewiß wahre Rechtserwerbungen ſind (g). — Noch weniger darf behauptet werden, daß dieſer di- recte Gegenbeweis, wenn er jetzt mislang, und daher die unvordenkliche Zeit mit ihren Folgen rechtskräftig aner- kannt wurde, künftig von Neuem verſucht werden könnte, weil doch nur eine Vermuthung vorhanden ſey. Durch dieſe Behauptung wird die ſelbſtſtändige Wirkſamkeit des rechtskräftigen Urtheils verkannt, bey welchem es nun ganz gleichgültig iſt, ob es durch eine Vermuthung, durch einen wahren Beweis, oder ſelbſt durch einen irrig ange- nommenen Beweis, veranlaßt worden war (h). — Der wahre Sinn jenes Satzes beſteht aber darin, daß der Ge- genbeweis die aus den zwey letzten Menſchenaltern her- vorgehende Vermuthung durch ſolche Thatſachen entkräften darf, die aus einer noch früheren Zeit hergenommen ſind. Es fragt ſich nun, worin dieſe ältere Thatſachen beſtehen müſſen, um zu dem erwähnten Zweck tauglich zu ſeyn (i). Aus dem ununterbrochenen Zuſtand der zwey letzten (g) Pfeiffer § 19. 20. (h) Unterholzner § 147. Arndts S. 134. (i) Hierüber ſind zu vergleichen
Wernher p. 747. Böhmer § 42. Kress p. 35 — 37. p. 114. 115. Neller p. 112—114. Unter- holzner § 150. Pfeiffer S. 67 — 71. Arndts S. 160, die insgeſammt, mehr oder weniger vollſtändig, die hier vorgetragene Lehre vertheidigen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0546" n="532"/><fw place="top" type="header">Buch <hi rendition="#aq">II.</hi> Rechtsverhältniſſe. Kap. <hi rendition="#aq">III.</hi> Entſtehung und Untergang.</fw><lb/> dingte Vermuthung, alſo kann auch nicht davon die Rede<lb/> ſeyn, dieſer Vermuthung durch Beweis ihre gewöhnliche<lb/> Kraft zu entziehen. Dieſer Gegenbeweis iſt auch gegen<lb/> das behauptete Daſeyn einer Tradition oder Uſucapion<lb/> zuläſſig, die doch gewiß wahre Rechtserwerbungen ſind <note place="foot" n="(g)"><hi rendition="#g">Pfeiffer</hi> § 19. 20.</note>.<lb/> — Noch weniger darf behauptet werden, daß dieſer di-<lb/> recte Gegenbeweis, wenn er jetzt mislang, und daher die<lb/> unvordenkliche Zeit mit ihren Folgen rechtskräftig aner-<lb/> kannt wurde, künftig von Neuem verſucht werden könnte,<lb/> weil doch nur eine Vermuthung vorhanden ſey. Durch<lb/> dieſe Behauptung wird die ſelbſtſtändige Wirkſamkeit des<lb/> rechtskräftigen Urtheils verkannt, bey welchem es nun<lb/> ganz gleichgültig iſt, ob es durch eine Vermuthung, durch<lb/> einen wahren Beweis, oder ſelbſt durch einen irrig ange-<lb/> nommenen Beweis, veranlaßt worden war <note place="foot" n="(h)"><hi rendition="#g">Unterholzner</hi> § 147.<lb/><hi rendition="#g">Arndts</hi> S. 134.</note>. — Der<lb/> wahre Sinn jenes Satzes beſteht aber darin, daß der Ge-<lb/> genbeweis die aus den zwey letzten Menſchenaltern her-<lb/> vorgehende Vermuthung durch ſolche Thatſachen entkräften<lb/> darf, die aus einer noch früheren Zeit hergenommen ſind.<lb/> Es fragt ſich nun, worin dieſe ältere Thatſachen beſtehen<lb/> müſſen, um zu dem erwähnten Zweck tauglich zu ſeyn <note place="foot" n="(i)">Hierüber ſind zu vergleichen<lb/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">Wernher</hi> p. 747. <hi rendition="#k">Böhmer</hi> § 42.<lb/><hi rendition="#k">Kress</hi> p. 35 — 37. p. 114. 115.<lb/><hi rendition="#k">Neller</hi> p.</hi> 112—114. <hi rendition="#g">Unter-<lb/> holzner</hi> § 150. <hi rendition="#g">Pfeiffer</hi> S.<lb/> 67 — 71. <hi rendition="#g">Arndts</hi> S. 160, die<lb/> insgeſammt, mehr oder weniger<lb/> vollſtändig, die hier vorgetragene<lb/> Lehre vertheidigen.</note>.</p><lb/> <p>Aus dem ununterbrochenen Zuſtand der zwey letzten<lb/> Menſchenalter wurde die Vermuthung hergenommen, daß<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [532/0546]
Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang.
dingte Vermuthung, alſo kann auch nicht davon die Rede
ſeyn, dieſer Vermuthung durch Beweis ihre gewöhnliche
Kraft zu entziehen. Dieſer Gegenbeweis iſt auch gegen
das behauptete Daſeyn einer Tradition oder Uſucapion
zuläſſig, die doch gewiß wahre Rechtserwerbungen ſind (g).
— Noch weniger darf behauptet werden, daß dieſer di-
recte Gegenbeweis, wenn er jetzt mislang, und daher die
unvordenkliche Zeit mit ihren Folgen rechtskräftig aner-
kannt wurde, künftig von Neuem verſucht werden könnte,
weil doch nur eine Vermuthung vorhanden ſey. Durch
dieſe Behauptung wird die ſelbſtſtändige Wirkſamkeit des
rechtskräftigen Urtheils verkannt, bey welchem es nun
ganz gleichgültig iſt, ob es durch eine Vermuthung, durch
einen wahren Beweis, oder ſelbſt durch einen irrig ange-
nommenen Beweis, veranlaßt worden war (h). — Der
wahre Sinn jenes Satzes beſteht aber darin, daß der Ge-
genbeweis die aus den zwey letzten Menſchenaltern her-
vorgehende Vermuthung durch ſolche Thatſachen entkräften
darf, die aus einer noch früheren Zeit hergenommen ſind.
Es fragt ſich nun, worin dieſe ältere Thatſachen beſtehen
müſſen, um zu dem erwähnten Zweck tauglich zu ſeyn (i).
Aus dem ununterbrochenen Zuſtand der zwey letzten
Menſchenalter wurde die Vermuthung hergenommen, daß
(g) Pfeiffer § 19. 20.
(h) Unterholzner § 147.
Arndts S. 134.
(i) Hierüber ſind zu vergleichen
Wernher p. 747. Böhmer § 42.
Kress p. 35 — 37. p. 114. 115.
Neller p. 112—114. Unter-
holzner § 150. Pfeiffer S.
67 — 71. Arndts S. 160, die
insgeſammt, mehr oder weniger
vollſtändig, die hier vorgetragene
Lehre vertheidigen.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |