Fortdauer des gegenwärtigen Zustandes während der letz- ten zwey Menschenalter weder wisse noch glaube. Der Besitz während dieses Zeitraums ist eine reine Thatsache, kein Urtheil, also zur Eidesdelation wohl geeignet; aller- dings aber ist dieses Beweismittel für den Beweisführer gefährlich, indem ein solcher Eid in den meisten Fällen auch von einem gewissenhaften Gegner wird geleistet wer- den können.
Auch bey der Ersitzung kommt es vor, daß ein Besitz durch mehrere Successionen hindurch gegangen war, und dann ist die Reihe dieser Successionen für den, welcher die Ersitzung geltend macht, ein besonderer Gegenstand des Beweises, wenn nicht der Gegner dieselben freywillig ein- räumt. Die Nothwendigkeit dieses Beweises tritt bey der unvordenklichen Zeit nicht blos häufiger ein als bey der Ersitzung, sondern sie kann hier (mit Ausnahme juristischer Personen) nie fehlen, da es nicht wohl denkbar ist, daß der gegenwärtige Besitzer seit zwey Menschenaltern besessen haben sollte. In dieser Beziehung kann man sagen, daß auch der Beweis eines Rechtstitels bey der unvordenklichen Zeit vorkommen kann, während es der Natur derselben widersprechen würde, wenn man für den Ursprung des Besitzes die Angabe und den Beweis eines Titels fordern wollte (q).
Der Gegenbeweis wird durch jede Widerlegung der Thatsache geführt, in welcher das Wesen der unvordenk-
Fortdauer des gegenwärtigen Zuſtandes während der letz- ten zwey Menſchenalter weder wiſſe noch glaube. Der Beſitz während dieſes Zeitraums iſt eine reine Thatſache, kein Urtheil, alſo zur Eidesdelation wohl geeignet; aller- dings aber iſt dieſes Beweismittel für den Beweisführer gefährlich, indem ein ſolcher Eid in den meiſten Fällen auch von einem gewiſſenhaften Gegner wird geleiſtet wer- den können.
Auch bey der Erſitzung kommt es vor, daß ein Beſitz durch mehrere Succeſſionen hindurch gegangen war, und dann iſt die Reihe dieſer Succeſſionen für den, welcher die Erſitzung geltend macht, ein beſonderer Gegenſtand des Beweiſes, wenn nicht der Gegner dieſelben freywillig ein- räumt. Die Nothwendigkeit dieſes Beweiſes tritt bey der unvordenklichen Zeit nicht blos häufiger ein als bey der Erſitzung, ſondern ſie kann hier (mit Ausnahme juriſtiſcher Perſonen) nie fehlen, da es nicht wohl denkbar iſt, daß der gegenwärtige Beſitzer ſeit zwey Menſchenaltern beſeſſen haben ſollte. In dieſer Beziehung kann man ſagen, daß auch der Beweis eines Rechtstitels bey der unvordenklichen Zeit vorkommen kann, während es der Natur derſelben widerſprechen würde, wenn man für den Urſprung des Beſitzes die Angabe und den Beweis eines Titels fordern wollte (q).
Der Gegenbeweis wird durch jede Widerlegung der Thatſache geführt, in welcher das Weſen der unvordenk-
(q)Pfeiffer § 8.
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§. 200. Zeit. 6. Unvordenkliche Zeit. Anwendung. (Fortſ.)
Fortdauer des gegenwärtigen Zuſtandes während der letz-
ten zwey Menſchenalter weder wiſſe noch glaube. Der
Beſitz während dieſes Zeitraums iſt eine reine Thatſache,
kein Urtheil, alſo zur Eidesdelation wohl geeignet; aller-
dings aber iſt dieſes Beweismittel für den Beweisführer
gefährlich, indem ein ſolcher Eid in den meiſten Fällen
auch von einem gewiſſenhaften Gegner wird geleiſtet wer-
den können.
Auch bey der Erſitzung kommt es vor, daß ein Beſitz
durch mehrere Succeſſionen hindurch gegangen war, und
dann iſt die Reihe dieſer Succeſſionen für den, welcher
die Erſitzung geltend macht, ein beſonderer Gegenſtand des
Beweiſes, wenn nicht der Gegner dieſelben freywillig ein-
räumt. Die Nothwendigkeit dieſes Beweiſes tritt bey der
unvordenklichen Zeit nicht blos häufiger ein als bey der
Erſitzung, ſondern ſie kann hier (mit Ausnahme juriſtiſcher
Perſonen) nie fehlen, da es nicht wohl denkbar iſt, daß
der gegenwärtige Beſitzer ſeit zwey Menſchenaltern beſeſſen
haben ſollte. In dieſer Beziehung kann man ſagen, daß
auch der Beweis eines Rechtstitels bey der unvordenklichen
Zeit vorkommen kann, während es der Natur derſelben
widerſprechen würde, wenn man für den Urſprung des
Beſitzes die Angabe und den Beweis eines Titels fordern
wollte (q).
Der Gegenbeweis wird durch jede Widerlegung der
Thatſache geführt, in welcher das Weſen der unvordenk-
(q) Pfeiffer § 8.
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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841, S. 525. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system04_1841/539>, abgerufen am 25.11.2024.
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