gar nicht müßigen Gegensatz. Besonders aber ist hierüber gar nicht zu streiten, da in einer anderen Stelle Ulpian geradezu sagt: minorem annis XVII., qui eos non in to- tum complevit(g). Der Ausdruck nun, welchen hier Ul- pian gut genug findet, wird wohl auch für Paulus nicht zu schlecht seyn. -- Was aber die zweyte Einwendung be- trifft, so kann der Widersinn nur von Dem behauptet wer- den, der sich zuvor einen willkührlichen Begriff von civilis computatio als einer Abkürzung des natürlichen Zeit- raums gebildet hat, und so zerfällt denn auch dieser Ein- wurf in Nichts.
Diejenigen, welche die Stelle richtig erklären, wollen die Regel doch nur bey der Verjährung persönlicher Kla- gen gelten lassen, nicht bey der longi temporis praescriptio gegen die Eigenthumsklage (h). Daß Paulus zunächst an jene dachte, ist wegen der am Schluß erwähnten obligatio unverkennbar. Dennoch ist der Ausdruck temporales actio- nes so allgemein, daß er auch die in rem actiones mit umfaßt, auch liegt in dem Verhältniß der l. t. praescrip- tio zur Usucapion kein Hinderniß, beide auf verschiedene Weise zu berechnen. Ein praktischer Widerspruch kann daraus nicht erfolgen, da beide Rechtsinstitute nie in einem und demselben Fall zusammen treffen können: denn wo die Usucapion wirklich begründet ist, wird dadurch stets die l. t. praescriptio absorbirt, so daß diese letzte zu allen
gar nicht müßigen Gegenſatz. Beſonders aber iſt hierüber gar nicht zu ſtreiten, da in einer anderen Stelle Ulpian geradezu ſagt: minorem annis XVII., qui eos non in to- tum complevit(g). Der Ausdruck nun, welchen hier Ul- pian gut genug findet, wird wohl auch für Paulus nicht zu ſchlecht ſeyn. — Was aber die zweyte Einwendung be- trifft, ſo kann der Widerſinn nur von Dem behauptet wer- den, der ſich zuvor einen willkührlichen Begriff von civilis computatio als einer Abkürzung des natürlichen Zeit- raums gebildet hat, und ſo zerfällt denn auch dieſer Ein- wurf in Nichts.
Diejenigen, welche die Stelle richtig erklären, wollen die Regel doch nur bey der Verjährung perſönlicher Kla- gen gelten laſſen, nicht bey der longi temporis praescriptio gegen die Eigenthumsklage (h). Daß Paulus zunächſt an jene dachte, iſt wegen der am Schluß erwähnten obligatio unverkennbar. Dennoch iſt der Ausdruck temporales actio- nes ſo allgemein, daß er auch die in rem actiones mit umfaßt, auch liegt in dem Verhältniß der l. t. praescrip- tio zur Uſucapion kein Hinderniß, beide auf verſchiedene Weiſe zu berechnen. Ein praktiſcher Widerſpruch kann daraus nicht erfolgen, da beide Rechtsinſtitute nie in einem und demſelben Fall zuſammen treffen können: denn wo die Uſucapion wirklich begründet iſt, wird dadurch ſtets die l. t. praescriptio abſorbirt, ſo daß dieſe letzte zu allen
(g)L. 1 § 3 de postul (3. 1.).
(h)Donellus § 5. 6. Unter- holzner S. 298.
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§. 185. Zeit. 3. Civile Zeitrechnung. (Fortſetzung.)
gar nicht müßigen Gegenſatz. Beſonders aber iſt hierüber
gar nicht zu ſtreiten, da in einer anderen Stelle Ulpian
geradezu ſagt: minorem annis XVII., qui eos non in to-
tum complevit (g). Der Ausdruck nun, welchen hier Ul-
pian gut genug findet, wird wohl auch für Paulus nicht
zu ſchlecht ſeyn. — Was aber die zweyte Einwendung be-
trifft, ſo kann der Widerſinn nur von Dem behauptet wer-
den, der ſich zuvor einen willkührlichen Begriff von civilis
computatio als einer Abkürzung des natürlichen Zeit-
raums gebildet hat, und ſo zerfällt denn auch dieſer Ein-
wurf in Nichts.
Diejenigen, welche die Stelle richtig erklären, wollen
die Regel doch nur bey der Verjährung perſönlicher Kla-
gen gelten laſſen, nicht bey der longi temporis praescriptio
gegen die Eigenthumsklage (h). Daß Paulus zunächſt an
jene dachte, iſt wegen der am Schluß erwähnten obligatio
unverkennbar. Dennoch iſt der Ausdruck temporales actio-
nes ſo allgemein, daß er auch die in rem actiones mit
umfaßt, auch liegt in dem Verhältniß der l. t. praescrip-
tio zur Uſucapion kein Hinderniß, beide auf verſchiedene
Weiſe zu berechnen. Ein praktiſcher Widerſpruch kann
daraus nicht erfolgen, da beide Rechtsinſtitute nie in einem
und demſelben Fall zuſammen treffen können: denn wo die
Uſucapion wirklich begründet iſt, wird dadurch ſtets die
l. t. praescriptio abſorbirt, ſo daß dieſe letzte zu allen
(g) L. 1 § 3 de postul (3. 1.).
(h) Donellus § 5. 6. Unter-
holzner S. 298.
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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841, S. 391. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system04_1841/405>, abgerufen am 22.11.2024.
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