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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841.

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§. 182. Zeit. 3. Civile Zeitrechnung.
Beseitigung Unabhängiges, betrachtet, und dann für sich
weiter entwickelt hat, durch welches grundlose und will-
kührliche Verfahren große Verwirrung in diese Untersu-
chung gebracht worden ist. -- Der Erfolg des angegebe-
nen Verfahrens besteht nun darin, daß die Wirkungen des
Zeitablaufs etwas früher oder später eintreten, als es
nach der strengen Anwendung der Rechtsregel (wenn diese
ausführbar wäre) geschehen würde, so daß der vorgeschrie-
bene Zeitraum in der That etwas erweitert oder verkürzt
wird; die Abweichung beträgt bald mehr bald weniger,
nur niemals volle 24 Stunden, so daß sie also, wie oben
verlangt wurde, in feste und enge Gränzen eingeschlossen
ist, und beynahe als unmerklich verschwindet. Allerdings
wird dadurch, in Vergleichung mit der streng ausgeführten
Rechtsregel, Ein Theil einige Zeit gewinnen, der Andere
eben so viel verlieren; aber dieser Gewinn und Verlust
ist keinesweges Zweck des Verfahrens, er ist nur ein un-
vermeidliches Übel, das wir absichtlich zulassen, um einem
größeren Übel zu entgehen.

Ich sagte, die zwey angegebenen Lösungen der Aufgabe
seyen die einzigen überhaupt; und welche andere könnte
man noch daneben versuchen? Man könnte etwa nicht
bey der nächsten Mitternacht stehen bleiben, sondern auf
die zweyte zurück oder vorwärts gehen, um in dieselbe
den juristischen Endpunkt zu legen. Auch dadurch wäre
die Schwierigkeit beseitigt, aber wir würden ganz ohne
Grund über den Zweck hinaus gehen. Indem wir um

§. 182. Zeit. 3. Civile Zeitrechnung.
Beſeitigung Unabhängiges, betrachtet, und dann für ſich
weiter entwickelt hat, durch welches grundloſe und will-
kührliche Verfahren große Verwirrung in dieſe Unterſu-
chung gebracht worden iſt. — Der Erfolg des angegebe-
nen Verfahrens beſteht nun darin, daß die Wirkungen des
Zeitablaufs etwas früher oder ſpäter eintreten, als es
nach der ſtrengen Anwendung der Rechtsregel (wenn dieſe
ausführbar wäre) geſchehen würde, ſo daß der vorgeſchrie-
bene Zeitraum in der That etwas erweitert oder verkürzt
wird; die Abweichung beträgt bald mehr bald weniger,
nur niemals volle 24 Stunden, ſo daß ſie alſo, wie oben
verlangt wurde, in feſte und enge Gränzen eingeſchloſſen
iſt, und beynahe als unmerklich verſchwindet. Allerdings
wird dadurch, in Vergleichung mit der ſtreng ausgeführten
Rechtsregel, Ein Theil einige Zeit gewinnen, der Andere
eben ſo viel verlieren; aber dieſer Gewinn und Verluſt
iſt keinesweges Zweck des Verfahrens, er iſt nur ein un-
vermeidliches Übel, das wir abſichtlich zulaſſen, um einem
größeren Übel zu entgehen.

Ich ſagte, die zwey angegebenen Löſungen der Aufgabe
ſeyen die einzigen überhaupt; und welche andere könnte
man noch daneben verſuchen? Man könnte etwa nicht
bey der nächſten Mitternacht ſtehen bleiben, ſondern auf
die zweyte zurück oder vorwärts gehen, um in dieſelbe
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[349/0363] §. 182. Zeit. 3. Civile Zeitrechnung. Beſeitigung Unabhängiges, betrachtet, und dann für ſich weiter entwickelt hat, durch welches grundloſe und will- kührliche Verfahren große Verwirrung in dieſe Unterſu- chung gebracht worden iſt. — Der Erfolg des angegebe- nen Verfahrens beſteht nun darin, daß die Wirkungen des Zeitablaufs etwas früher oder ſpäter eintreten, als es nach der ſtrengen Anwendung der Rechtsregel (wenn dieſe ausführbar wäre) geſchehen würde, ſo daß der vorgeſchrie- bene Zeitraum in der That etwas erweitert oder verkürzt wird; die Abweichung beträgt bald mehr bald weniger, nur niemals volle 24 Stunden, ſo daß ſie alſo, wie oben verlangt wurde, in feſte und enge Gränzen eingeſchloſſen iſt, und beynahe als unmerklich verſchwindet. Allerdings wird dadurch, in Vergleichung mit der ſtreng ausgeführten Rechtsregel, Ein Theil einige Zeit gewinnen, der Andere eben ſo viel verlieren; aber dieſer Gewinn und Verluſt iſt keinesweges Zweck des Verfahrens, er iſt nur ein un- vermeidliches Übel, das wir abſichtlich zulaſſen, um einem größeren Übel zu entgehen. Ich ſagte, die zwey angegebenen Löſungen der Aufgabe ſeyen die einzigen überhaupt; und welche andere könnte man noch daneben verſuchen? Man könnte etwa nicht bey der nächſten Mitternacht ſtehen bleiben, ſondern auf die zweyte zurück oder vorwärts gehen, um in dieſelbe den juriſtiſchen Endpunkt zu legen. Auch dadurch wäre die Schwierigkeit beſeitigt, aber wir würden ganz ohne Grund über den Zweck hinaus gehen. Indem wir um

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841, S. 349. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system04_1841/363>, abgerufen am 24.11.2024.