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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841.

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Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. III. Entstehung und Untergang.

Die am Schluß des vorigen §. aufgestellte Aufgabe
gieng dahin, einen juristischen Endpunkt beweglicher Zeit-
räume zu finden, der in jedem gegebenen Fall leicht und
sicher anzuwenden wäre, und zugleich so wenig als mög-
lich von dem mathematischen Endpunkt abwiche. Für
diese Aufgabe giebt es zwey mögliche Auflösungen, die je-
doch auf demselben Grundbegriff beruhen. Man kann
nämlich den juristischen Endpunkt entweder in die dem
mathematischen vorhergehende, oder in die nachfolgende
Mitternacht legen; durch beide Einrichtungen wird der
Zweck gleich vollständig erreicht. Denn indem nun der
bewegliche Tag mit dem Kalendertag zusammenfällt, ver-
schwindet das Bedürfniß einer künstlichen Reduction, und
die Ermittlung kleinerer Zeitabschnitte, die den Grund der
Schwierigkeit enthielt, wird überflüssig. Zwey Kalender-
tage aber von einander zu unterscheiden, ist auch dem
Ungebildeten leicht, da zwischen beiden stets eine merkliche
Zeit der Finsterniß und der Geschäftsruhe in der Mitte
liegt. Das angegebene Verfahren läßt sich auch so be-
zeichnen: der Kalendertag wird behandelt, als ob er nicht
(wie er in Wahrheit ist) ein ausgedehnter Zeitraum, son-
dern ein untheilbares Zeitstück, ein Zeitelement, wäre.
Nur darf nicht vergessen werden, daß diese Auffassung le-
diglich ein anderer Ausdruck ist für die Entfernung der
oben bemerkten Schwierigkeit. Viele Irrthümer sind nur
dadurch entstanden, daß man die aufgestellte Formel als
etwas Selbstständiges, von dieser Schwierigkeit und ihrer

Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang.

Die am Schluß des vorigen §. aufgeſtellte Aufgabe
gieng dahin, einen juriſtiſchen Endpunkt beweglicher Zeit-
räume zu finden, der in jedem gegebenen Fall leicht und
ſicher anzuwenden wäre, und zugleich ſo wenig als mög-
lich von dem mathematiſchen Endpunkt abwiche. Für
dieſe Aufgabe giebt es zwey mögliche Auflöſungen, die je-
doch auf demſelben Grundbegriff beruhen. Man kann
nämlich den juriſtiſchen Endpunkt entweder in die dem
mathematiſchen vorhergehende, oder in die nachfolgende
Mitternacht legen; durch beide Einrichtungen wird der
Zweck gleich vollſtändig erreicht. Denn indem nun der
bewegliche Tag mit dem Kalendertag zuſammenfällt, ver-
ſchwindet das Bedürfniß einer künſtlichen Reduction, und
die Ermittlung kleinerer Zeitabſchnitte, die den Grund der
Schwierigkeit enthielt, wird überflüſſig. Zwey Kalender-
tage aber von einander zu unterſcheiden, iſt auch dem
Ungebildeten leicht, da zwiſchen beiden ſtets eine merkliche
Zeit der Finſterniß und der Geſchäftsruhe in der Mitte
liegt. Das angegebene Verfahren läßt ſich auch ſo be-
zeichnen: der Kalendertag wird behandelt, als ob er nicht
(wie er in Wahrheit iſt) ein ausgedehnter Zeitraum, ſon-
dern ein untheilbares Zeitſtück, ein Zeitelement, wäre.
Nur darf nicht vergeſſen werden, daß dieſe Auffaſſung le-
diglich ein anderer Ausdruck iſt für die Entfernung der
oben bemerkten Schwierigkeit. Viele Irrthümer ſind nur
dadurch entſtanden, daß man die aufgeſtellte Formel als
etwas Selbſtſtändiges, von dieſer Schwierigkeit und ihrer

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[348/0362] Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang. Die am Schluß des vorigen §. aufgeſtellte Aufgabe gieng dahin, einen juriſtiſchen Endpunkt beweglicher Zeit- räume zu finden, der in jedem gegebenen Fall leicht und ſicher anzuwenden wäre, und zugleich ſo wenig als mög- lich von dem mathematiſchen Endpunkt abwiche. Für dieſe Aufgabe giebt es zwey mögliche Auflöſungen, die je- doch auf demſelben Grundbegriff beruhen. Man kann nämlich den juriſtiſchen Endpunkt entweder in die dem mathematiſchen vorhergehende, oder in die nachfolgende Mitternacht legen; durch beide Einrichtungen wird der Zweck gleich vollſtändig erreicht. Denn indem nun der bewegliche Tag mit dem Kalendertag zuſammenfällt, ver- ſchwindet das Bedürfniß einer künſtlichen Reduction, und die Ermittlung kleinerer Zeitabſchnitte, die den Grund der Schwierigkeit enthielt, wird überflüſſig. Zwey Kalender- tage aber von einander zu unterſcheiden, iſt auch dem Ungebildeten leicht, da zwiſchen beiden ſtets eine merkliche Zeit der Finſterniß und der Geſchäftsruhe in der Mitte liegt. Das angegebene Verfahren läßt ſich auch ſo be- zeichnen: der Kalendertag wird behandelt, als ob er nicht (wie er in Wahrheit iſt) ein ausgedehnter Zeitraum, ſon- dern ein untheilbares Zeitſtück, ein Zeitelement, wäre. Nur darf nicht vergeſſen werden, daß dieſe Auffaſſung le- diglich ein anderer Ausdruck iſt für die Entfernung der oben bemerkten Schwierigkeit. Viele Irrthümer ſind nur dadurch entſtanden, daß man die aufgeſtellte Formel als etwas Selbſtſtändiges, von dieſer Schwierigkeit und ihrer

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841, S. 348. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system04_1841/362>, abgerufen am 24.11.2024.