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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841.

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Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. III. Entstehung und Untergang.
erklärte Römische Bezeichnung der Monatstage hatte einen
mannichfaltigen Zusammenhang mit der Volkssitte und mit
der alten Religion. Diese ihre lebendige Bedeutung war
im Mittelalter spurlos verschwunden, die Bezeichnung selbst
erhielt sich aber, gleich als eine gelehrte Sprache, durch
die Lehre und den Gebrauch der Notare. Da jedoch bey
Vielen derselben die Gelehrsamkeit nicht so weit reichte,
entstanden nun, nicht aus freyer Wahl, sondern aus Noth,
folgende Varietäten. Entweder wurden die Tage durch
Angabe der Heiligenfeste völlig individualisirt. Oder es
wurden die Tage jedes Monats mit durchlaufenden Zah-
len, von 1 bis 30 oder 31 (oder 28) bezeichnet. Da-
neben führte man in dieser letzten Bezeichnung noch die
Veränderung ein, daß die Tage in der ersten Hälfte des
Monats vorwärts, in der zweyten Hälfte rückwärts, vom
Ende des Monats an, gezählt wurden (ingrediente, exe-
unte mense
).

Es würde vergeblich seyn, diese verschiedene Verfah-
rungsarten nach Jahrhunderten, oder gar nach noch klei-

Jemand bey uns einen Wechsel
ausstellte, zahlbar Drey Tage vor
dem nächsten Neujahr, anstatt in
unsrer Kalendersprache zu sagen:
am 29. December. Daß nun in
der That das post diese Bedeu-
tung hat, zeigt L. 233 § 1 de
V. S.
(50. 16.). "Post Kal. Jan.
d. tertio pro salute principis
vota suscipiuntur,"
wo es eben
so gut heißen könnte: post d. III.
Kalendarum.
Die vota aber ge-
schahen am dritten Januar, die
III. Non. Jan.
Vgl. Lipsius ex-
curs. ad Tac. ann. XVI.
-- Erb
im civ. Mag. B. 5 S. 244 hat das
post in der L. 132 cit. misver-
standen, und daher eine Emen-
dation vorgeschlagen, die eben so
überflüssig, als auch sonst unzu-
lässig ist.

Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang.
erklärte Römiſche Bezeichnung der Monatstage hatte einen
mannichfaltigen Zuſammenhang mit der Volksſitte und mit
der alten Religion. Dieſe ihre lebendige Bedeutung war
im Mittelalter ſpurlos verſchwunden, die Bezeichnung ſelbſt
erhielt ſich aber, gleich als eine gelehrte Sprache, durch
die Lehre und den Gebrauch der Notare. Da jedoch bey
Vielen derſelben die Gelehrſamkeit nicht ſo weit reichte,
entſtanden nun, nicht aus freyer Wahl, ſondern aus Noth,
folgende Varietäten. Entweder wurden die Tage durch
Angabe der Heiligenfeſte völlig individualiſirt. Oder es
wurden die Tage jedes Monats mit durchlaufenden Zah-
len, von 1 bis 30 oder 31 (oder 28) bezeichnet. Da-
neben führte man in dieſer letzten Bezeichnung noch die
Veränderung ein, daß die Tage in der erſten Hälfte des
Monats vorwärts, in der zweyten Hälfte rückwärts, vom
Ende des Monats an, gezählt wurden (ingrediente, exe-
unte mense
).

Es würde vergeblich ſeyn, dieſe verſchiedene Verfah-
rungsarten nach Jahrhunderten, oder gar nach noch klei-

Jemand bey uns einen Wechſel
ausſtellte, zahlbar Drey Tage vor
dem nächſten Neujahr, anſtatt in
unſrer Kalenderſprache zu ſagen:
am 29. December. Daß nun in
der That das post dieſe Bedeu-
tung hat, zeigt L. 233 § 1 de
V. S.
(50. 16.). „Post Kal. Jan.
d. tertio pro salute principis
vota suscipiuntur,”
wo es eben
ſo gut heißen könnte: post d. III.
Kalendarum.
Die vota aber ge-
ſchahen am dritten Januar, die
III. Non. Jan.
Vgl. Lipsius ex-
curs. ad Tac. ann. XVI.
Erb
im civ. Mag. B. 5 S. 244 hat das
post in der L. 132 cit. misver-
ſtanden, und daher eine Emen-
dation vorgeſchlagen, die eben ſo
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[330/0344] Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang. erklärte Römiſche Bezeichnung der Monatstage hatte einen mannichfaltigen Zuſammenhang mit der Volksſitte und mit der alten Religion. Dieſe ihre lebendige Bedeutung war im Mittelalter ſpurlos verſchwunden, die Bezeichnung ſelbſt erhielt ſich aber, gleich als eine gelehrte Sprache, durch die Lehre und den Gebrauch der Notare. Da jedoch bey Vielen derſelben die Gelehrſamkeit nicht ſo weit reichte, entſtanden nun, nicht aus freyer Wahl, ſondern aus Noth, folgende Varietäten. Entweder wurden die Tage durch Angabe der Heiligenfeſte völlig individualiſirt. Oder es wurden die Tage jedes Monats mit durchlaufenden Zah- len, von 1 bis 30 oder 31 (oder 28) bezeichnet. Da- neben führte man in dieſer letzten Bezeichnung noch die Veränderung ein, daß die Tage in der erſten Hälfte des Monats vorwärts, in der zweyten Hälfte rückwärts, vom Ende des Monats an, gezählt wurden (ingrediente, exe- unte mense). Es würde vergeblich ſeyn, dieſe verſchiedene Verfah- rungsarten nach Jahrhunderten, oder gar nach noch klei- (f) (f) Jemand bey uns einen Wechſel ausſtellte, zahlbar Drey Tage vor dem nächſten Neujahr, anſtatt in unſrer Kalenderſprache zu ſagen: am 29. December. Daß nun in der That das post dieſe Bedeu- tung hat, zeigt L. 233 § 1 de V. S. (50. 16.). „Post Kal. Jan. d. tertio pro salute principis vota suscipiuntur,” wo es eben ſo gut heißen könnte: post d. III. Kalendarum. Die vota aber ge- ſchahen am dritten Januar, die III. Non. Jan. Vgl. Lipsius ex- curs. ad Tac. ann. XVI. — Erb im civ. Mag. B. 5 S. 244 hat das post in der L. 132 cit. misver- ſtanden, und daher eine Emen- dation vorgeſchlagen, die eben ſo überflüſſig, als auch ſonſt unzu- läſſig iſt.

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841, S. 330. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system04_1841/344>, abgerufen am 25.11.2024.