Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. III. Entstehung und Untergang.
Diejenigen, die mit aller Vorsicht Schenkungen vornehmen wollen, veranlaßt werden könnten, Zeugen, besonders aber gerade drey Zeugen, zuzuziehen.
Aus dieser Untersuchung geht demnach hervor, daß, seit dem Verschwinden der Formen und Regeln des älte- ren Rechts, Nichts dieser Art besteht, als allein die In- sinuation. Unter den Praktikern ist dieses von jeher un- zweifelhaft gewesen (v); selbst wenn also auch die histori- sche Untersuchung auf ein anderes Ziel geführt hätte, so würde dieses dennoch keinen Unterschied für das heutige Recht gemacht haben. Denn es handelt sich hier nicht um ein Rechtsinstitut, welches durch neue wissenschaftliche Forschung gereinigt, ergänzt, und so von der Entstellung durch bisher herrschende Irrthümer befreyt werden könnte, sondern von einer ganz einzelnen, völlig willkührlichen Förmlichkeit, welche durch den Nichtgebrauch so vieler Jahrhunderte untergegangen seyn würde, selbst wenn sie sich aus den Quellen des Justinianischen Rechts rechtfer- tigen ließe (w).
(v)Mühlenbruch § 442 not. 11.
(w) Ein ähnlicher Fall wird Die- ses erläutern. Es läßt sich wohl mit ziemlicher Sicherheit behaup- ten, daß ein großer Theil der seit dem Mittelalter bey Testamenten angewendeten Formen auf histo- rischen Irrthümern beruht. (Sa- vigny Geschichte des R. R. im Mittelalter B. 1 § 27, B. 2 § 67). Auf die praktische Beurtheilung heutiger Testamente aber kann diese Überzeugung, auch da wo Römisches Recht gilt, keinen Ein- fluß haben.
Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang.
Diejenigen, die mit aller Vorſicht Schenkungen vornehmen wollen, veranlaßt werden könnten, Zeugen, beſonders aber gerade drey Zeugen, zuzuziehen.
Aus dieſer Unterſuchung geht demnach hervor, daß, ſeit dem Verſchwinden der Formen und Regeln des älte- ren Rechts, Nichts dieſer Art beſteht, als allein die In- ſinuation. Unter den Praktikern iſt dieſes von jeher un- zweifelhaft geweſen (v); ſelbſt wenn alſo auch die hiſtori- ſche Unterſuchung auf ein anderes Ziel geführt hätte, ſo würde dieſes dennoch keinen Unterſchied für das heutige Recht gemacht haben. Denn es handelt ſich hier nicht um ein Rechtsinſtitut, welches durch neue wiſſenſchaftliche Forſchung gereinigt, ergänzt, und ſo von der Entſtellung durch bisher herrſchende Irrthümer befreyt werden könnte, ſondern von einer ganz einzelnen, völlig willkührlichen Förmlichkeit, welche durch den Nichtgebrauch ſo vieler Jahrhunderte untergegangen ſeyn würde, ſelbſt wenn ſie ſich aus den Quellen des Juſtinianiſchen Rechts rechtfer- tigen ließe (w).
(v)Mühlenbruch § 442 not. 11.
(w) Ein ähnlicher Fall wird Die- ſes erläutern. Es läßt ſich wohl mit ziemlicher Sicherheit behaup- ten, daß ein großer Theil der ſeit dem Mittelalter bey Teſtamenten angewendeten Formen auf hiſto- riſchen Irrthümern beruht. (Sa- vigny Geſchichte des R. R. im Mittelalter B. 1 § 27, B. 2 § 67). Auf die praktiſche Beurtheilung heutiger Teſtamente aber kann dieſe Überzeugung, auch da wo Römiſches Recht gilt, keinen Ein- fluß haben.
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Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang.
Diejenigen, die mit aller Vorſicht Schenkungen vornehmen
wollen, veranlaßt werden könnten, Zeugen, beſonders aber
gerade drey Zeugen, zuzuziehen.
Aus dieſer Unterſuchung geht demnach hervor, daß,
ſeit dem Verſchwinden der Formen und Regeln des älte-
ren Rechts, Nichts dieſer Art beſteht, als allein die In-
ſinuation. Unter den Praktikern iſt dieſes von jeher un-
zweifelhaft geweſen (v); ſelbſt wenn alſo auch die hiſtori-
ſche Unterſuchung auf ein anderes Ziel geführt hätte, ſo
würde dieſes dennoch keinen Unterſchied für das heutige
Recht gemacht haben. Denn es handelt ſich hier nicht
um ein Rechtsinſtitut, welches durch neue wiſſenſchaftliche
Forſchung gereinigt, ergänzt, und ſo von der Entſtellung
durch bisher herrſchende Irrthümer befreyt werden könnte,
ſondern von einer ganz einzelnen, völlig willkührlichen
Förmlichkeit, welche durch den Nichtgebrauch ſo vieler
Jahrhunderte untergegangen ſeyn würde, ſelbſt wenn ſie
ſich aus den Quellen des Juſtinianiſchen Rechts rechtfer-
tigen ließe (w).
(v) Mühlenbruch § 442 not. 11.
(w) Ein ähnlicher Fall wird Die-
ſes erläutern. Es läßt ſich wohl
mit ziemlicher Sicherheit behaup-
ten, daß ein großer Theil der ſeit
dem Mittelalter bey Teſtamenten
angewendeten Formen auf hiſto-
riſchen Irrthümern beruht. (Sa-
vigny Geſchichte des R. R. im
Mittelalter B. 1 § 27, B. 2 § 67).
Auf die praktiſche Beurtheilung
heutiger Teſtamente aber kann
dieſe Überzeugung, auch da wo
Römiſches Recht gilt, keinen Ein-
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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841, S. 208. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system04_1841/222>, abgerufen am 16.02.2025.
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