Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841.Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. III. Entstehung und Untergang. Titius dem Mann. Hier soll unterschieden werden, obTitius blos von der Frau beauftragt war, oder zugleich (oder allein) von dem Mann. Im ersten Fall war die Schenkung, nach dem oben aufgestellten Grundsatz, nie perfect geworden, und Titius ist den Erben zur Entschä- digung verpflichtet; im zweyten Fall ist Titius, als Be- vollmächtigter des Mannes, im Augenblick des Todes, Eigenthümer des Grundstücks geworden. Dadurch wurde die Schenkung perfect (q), die Erben müssen sie anerken- nen, und wenn Titius das Grundstück hätte für sich be- halten, oder den Erben ausliefern wollen, so würde der Mann gegen ihn eine mandati actio gehabt haben. Scheinbar ähnlich, aber im Wesen verschieden, ist fol- (q) Man könnte zweifeln, ob die Schenkung durch eine inter- posita persona, wie sie in der angeführten Stelle vorausgesetzt wird, perfect werden könne. Aber gerade dieses ist unzweifelhaft. L. 4 de don. (39. 5.). "Etiam per interpositam personam do- natio consummari potest." (r) L 2 § 5 de don. (39. 5.).
-- Völlig widersprechend in der juristischen Beurtheilung, obgleich im letzten Resultat für den be- sonderen Fall gleich, ist L. 9 § 1 de j. dot. (23. 3.). Es giebt Einer einem Bräutigam Sachen als Dos, unter der (sich von selbst verstehenden) Bedingung, daß die Ehe zu Stande komme; vor der Ehe stirbt der Geber. Hier, sagt Ulpian, kann das Eigenthum der Sachen nicht mehr auf den Em- pfänger kommen, und das Ge- schäft ist ungültig. Allein aus besonderer Begünstigung der Dos muß man den Erben zwingen, nach Abschluß der Ehe das Ei- genthum zu übertragen; ja wenn der Erbe abwesend ist, oder sich weigert, so muß man annehmen, das Eigenthum sey ipso jure übergegangen. -- Diese Stelle ist zu erklären aus der eigenthüm- lichen Regel des älteren Rechts, daß die Schenkung einer man- cipi res nur durch Mancipation, nicht durch Tradition, perfect werde; von solchen Sachen aber (wahrscheinlich von Grundstücken) war in der Stelle ohne Zweifel Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang. Titius dem Mann. Hier ſoll unterſchieden werden, obTitius blos von der Frau beauftragt war, oder zugleich (oder allein) von dem Mann. Im erſten Fall war die Schenkung, nach dem oben aufgeſtellten Grundſatz, nie perfect geworden, und Titius iſt den Erben zur Entſchä- digung verpflichtet; im zweyten Fall iſt Titius, als Be- vollmächtigter des Mannes, im Augenblick des Todes, Eigenthümer des Grundſtücks geworden. Dadurch wurde die Schenkung perfect (q), die Erben müſſen ſie anerken- nen, und wenn Titius das Grundſtück hätte für ſich be- halten, oder den Erben ausliefern wollen, ſo würde der Mann gegen ihn eine mandati actio gehabt haben. Scheinbar ähnlich, aber im Weſen verſchieden, iſt fol- (q) Man könnte zweifeln, ob die Schenkung durch eine inter- posita persona, wie ſie in der angeführten Stelle vorausgeſetzt wird, perfect werden könne. Aber gerade dieſes iſt unzweifelhaft. L. 4 de don. (39. 5.). „Etiam per interpositam personam do- natio consummari potest.” (r) L 2 § 5 de don. (39. 5.).
— Völlig widerſprechend in der juriſtiſchen Beurtheilung, obgleich im letzten Reſultat für den be- ſonderen Fall gleich, iſt L. 9 § 1 de j. dot. (23. 3.). Es giebt Einer einem Bräutigam Sachen als Dos, unter der (ſich von ſelbſt verſtehenden) Bedingung, daß die Ehe zu Stande komme; vor der Ehe ſtirbt der Geber. Hier, ſagt Ulpian, kann das Eigenthum der Sachen nicht mehr auf den Em- pfänger kommen, und das Ge- ſchäft iſt ungültig. Allein aus beſonderer Begünſtigung der Dos muß man den Erben zwingen, nach Abſchluß der Ehe das Ei- genthum zu übertragen; ja wenn der Erbe abweſend iſt, oder ſich weigert, ſo muß man annehmen, das Eigenthum ſey ipso jure übergegangen. — Dieſe Stelle iſt zu erklären aus der eigenthüm- lichen Regel des älteren Rechts, daß die Schenkung einer man- cipi res nur durch Mancipation, nicht durch Tradition, perfect werde; von ſolchen Sachen aber (wahrſcheinlich von Grundſtücken) war in der Stelle ohne Zweifel <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0168" n="154"/><fw place="top" type="header">Buch <hi rendition="#aq">II.</hi> Rechtsverhältniſſe. Kap. <hi rendition="#aq">III.</hi> Entſtehung und Untergang.</fw><lb/> Titius dem Mann. Hier ſoll unterſchieden werden, ob<lb/> Titius blos von der Frau beauftragt war, oder zugleich<lb/> (oder allein) von dem Mann. Im erſten Fall war die<lb/> Schenkung, nach dem oben aufgeſtellten Grundſatz, nie<lb/> perfect geworden, und Titius iſt den Erben zur Entſchä-<lb/> digung verpflichtet; im zweyten Fall iſt Titius, als Be-<lb/> vollmächtigter des Mannes, im Augenblick des Todes,<lb/> Eigenthümer des Grundſtücks geworden. Dadurch wurde<lb/> die Schenkung perfect <note place="foot" n="(q)">Man könnte zweifeln, ob<lb/> die Schenkung durch eine <hi rendition="#aq">inter-<lb/> posita persona,</hi> wie ſie in der<lb/> angeführten Stelle vorausgeſetzt<lb/> wird, perfect werden könne. Aber<lb/> gerade dieſes iſt unzweifelhaft.<lb/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 4 <hi rendition="#i">de don.</hi> (39. 5.). „Etiam<lb/> per interpositam personam do-<lb/> natio consummari potest.”</hi></note>, die Erben müſſen ſie anerken-<lb/> nen, und wenn Titius das Grundſtück hätte für ſich be-<lb/> halten, oder den Erben ausliefern wollen, ſo würde der<lb/> Mann gegen ihn eine <hi rendition="#aq">mandati actio</hi> gehabt haben.</p><lb/> <p>Scheinbar ähnlich, aber im Weſen verſchieden, iſt fol-<lb/> gender Fall <note xml:id="seg2pn_34_1" next="#seg2pn_34_2" place="foot" n="(r)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L</hi> 2 § 5 <hi rendition="#i">de don.</hi></hi> (39. 5.).<lb/> — Völlig widerſprechend in der<lb/> juriſtiſchen Beurtheilung, obgleich<lb/> im letzten Reſultat für den be-<lb/> ſonderen Fall gleich, iſt <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 9 § 1<lb/><hi rendition="#i">de j. dot.</hi></hi> (23. 3.). Es giebt<lb/> Einer einem Bräutigam Sachen<lb/> als Dos, unter der (ſich von ſelbſt<lb/> verſtehenden) Bedingung, daß die<lb/> Ehe zu Stande komme; vor der<lb/> Ehe ſtirbt der Geber. Hier, ſagt<lb/> Ulpian, kann das Eigenthum der<lb/> Sachen nicht mehr auf den Em-<lb/> pfänger kommen, und das Ge-<lb/> ſchäft iſt ungültig. Allein aus<lb/> beſonderer Begünſtigung der Dos<lb/> muß man den Erben zwingen,<lb/> nach Abſchluß der Ehe das Ei-<lb/> genthum zu übertragen; ja wenn<lb/> der Erbe abweſend iſt, oder ſich<lb/> weigert, ſo muß man annehmen,<lb/> das Eigenthum ſey <hi rendition="#aq">ipso jure</hi><lb/> übergegangen. — Dieſe Stelle iſt<lb/> zu erklären aus der eigenthüm-<lb/> lichen Regel des älteren Rechts,<lb/> daß die Schenkung einer <hi rendition="#aq">man-<lb/> cipi res</hi> nur durch Mancipation,<lb/> nicht durch Tradition, perfect<lb/> werde; von ſolchen Sachen aber<lb/> (wahrſcheinlich von Grundſtücken)<lb/> war in der Stelle ohne Zweifel</note>. Es ſchenkt Einer dem Andern eine Geld-<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [154/0168]
Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang.
Titius dem Mann. Hier ſoll unterſchieden werden, ob
Titius blos von der Frau beauftragt war, oder zugleich
(oder allein) von dem Mann. Im erſten Fall war die
Schenkung, nach dem oben aufgeſtellten Grundſatz, nie
perfect geworden, und Titius iſt den Erben zur Entſchä-
digung verpflichtet; im zweyten Fall iſt Titius, als Be-
vollmächtigter des Mannes, im Augenblick des Todes,
Eigenthümer des Grundſtücks geworden. Dadurch wurde
die Schenkung perfect (q), die Erben müſſen ſie anerken-
nen, und wenn Titius das Grundſtück hätte für ſich be-
halten, oder den Erben ausliefern wollen, ſo würde der
Mann gegen ihn eine mandati actio gehabt haben.
Scheinbar ähnlich, aber im Weſen verſchieden, iſt fol-
gender Fall (r). Es ſchenkt Einer dem Andern eine Geld-
(q) Man könnte zweifeln, ob
die Schenkung durch eine inter-
posita persona, wie ſie in der
angeführten Stelle vorausgeſetzt
wird, perfect werden könne. Aber
gerade dieſes iſt unzweifelhaft.
L. 4 de don. (39. 5.). „Etiam
per interpositam personam do-
natio consummari potest.”
(r) L 2 § 5 de don. (39. 5.).
— Völlig widerſprechend in der
juriſtiſchen Beurtheilung, obgleich
im letzten Reſultat für den be-
ſonderen Fall gleich, iſt L. 9 § 1
de j. dot. (23. 3.). Es giebt
Einer einem Bräutigam Sachen
als Dos, unter der (ſich von ſelbſt
verſtehenden) Bedingung, daß die
Ehe zu Stande komme; vor der
Ehe ſtirbt der Geber. Hier, ſagt
Ulpian, kann das Eigenthum der
Sachen nicht mehr auf den Em-
pfänger kommen, und das Ge-
ſchäft iſt ungültig. Allein aus
beſonderer Begünſtigung der Dos
muß man den Erben zwingen,
nach Abſchluß der Ehe das Ei-
genthum zu übertragen; ja wenn
der Erbe abweſend iſt, oder ſich
weigert, ſo muß man annehmen,
das Eigenthum ſey ipso jure
übergegangen. — Dieſe Stelle iſt
zu erklären aus der eigenthüm-
lichen Regel des älteren Rechts,
daß die Schenkung einer man-
cipi res nur durch Mancipation,
nicht durch Tradition, perfect
werde; von ſolchen Sachen aber
(wahrſcheinlich von Grundſtücken)
war in der Stelle ohne Zweifel
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