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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841.

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§. 160. Schenkung. Vertragsnatur.
und am einleuchtendsten, die Befreyung eines Schuldners
durch baare Zahlung, durch Expromission, oder in Folge
einer Bürgschaft, wenn diese Befreyung mit der Absicht
einer Schenkung verbunden ist (§ 158. n bis t). In allen
diesen Fällen kann allerdings der Beschenkte darum wissen,
ja es wird sich meistens so finden. Juristisch aber ist
Dieses ganz zufällig und gleichgültig, seine Einwilligung
trägt Nichts zur Wirksamkeit des Rechtsgeschäfts bey,
und die heimliche Wohlthat ist hier völlig eben so gültig,
wie die verabredete.

In anderen Fällen weiß zwar der Empfänger um die
Handlung des Gebers, aber nicht um die darin enthal-
tene Absicht zu schenken, und die Schenkung ist darum
nicht weniger vorhanden. So wenn Einer eine Sache
absichtlich unter dem Werth verkauft, um den Käufer zu
bereichern, dieser aber über die wohlthätige Absicht des
Verkäufers in Unwissenheit ist (§ 152. a). Ferner wenn
Jemand wissentlich Zahlung leistet für ein Indebitum,
während der Empfänger es für eine wahre Schuld hält (c).


des Beschenkten. Dasselbe galt
ohne Zweifel eben so, wenn das
Geschenk an einen Sohn in vä-
terlicher Gewalt gegeben wurde.
In beschränkterer Weise gilt die-
ses Letzte auch noch nach Justi-
nianischem Recht, nämlich nun
bekommt zwar der Sohn das Ei-
genthum, der Vater aber den
Niesbrauch, und auch das ist eine
wahre Schenkung. Vergl. über-
haupt Meyerfeld I. S. 38.
(c) Nämlich die condictio in-
debiti
fordert durchaus Irrthum
des Zahlenden, und wird daher
durch dessen Bewußtseyn von dem
Ungrund der Forderung schlecht-
hin ausgeschlossen; dabey aber ist
das Bewußtseyn des Empfängers
völlig gleichgültig. Vergl. oben
§ 149 und Beylage VIII. Num.
XXXVI. Note e.
10*

§. 160. Schenkung. Vertragsnatur.
und am einleuchtendſten, die Befreyung eines Schuldners
durch baare Zahlung, durch Expromiſſion, oder in Folge
einer Bürgſchaft, wenn dieſe Befreyung mit der Abſicht
einer Schenkung verbunden iſt (§ 158. n bis t). In allen
dieſen Fällen kann allerdings der Beſchenkte darum wiſſen,
ja es wird ſich meiſtens ſo finden. Juriſtiſch aber iſt
Dieſes ganz zufällig und gleichgültig, ſeine Einwilligung
traͤgt Nichts zur Wirkſamkeit des Rechtsgeſchäfts bey,
und die heimliche Wohlthat iſt hier völlig eben ſo gültig,
wie die verabredete.

In anderen Fällen weiß zwar der Empfänger um die
Handlung des Gebers, aber nicht um die darin enthal-
tene Abſicht zu ſchenken, und die Schenkung iſt darum
nicht weniger vorhanden. So wenn Einer eine Sache
abſichtlich unter dem Werth verkauft, um den Käufer zu
bereichern, dieſer aber über die wohlthätige Abſicht des
Verkäufers in Unwiſſenheit iſt (§ 152. a). Ferner wenn
Jemand wiſſentlich Zahlung leiſtet für ein Indebitum,
während der Empfänger es für eine wahre Schuld hält (c).


des Beſchenkten. Daſſelbe galt
ohne Zweifel eben ſo, wenn das
Geſchenk an einen Sohn in vä-
terlicher Gewalt gegeben wurde.
In beſchränkterer Weiſe gilt die-
ſes Letzte auch noch nach Juſti-
nianiſchem Recht, nämlich nun
bekommt zwar der Sohn das Ei-
genthum, der Vater aber den
Niesbrauch, und auch das iſt eine
wahre Schenkung. Vergl. über-
haupt Meyerfeld I. S. 38.
(c) Nämlich die condictio in-
debiti
fordert durchaus Irrthum
des Zahlenden, und wird daher
durch deſſen Bewußtſeyn von dem
Ungrund der Forderung ſchlecht-
hin ausgeſchloſſen; dabey aber iſt
das Bewußtſeyn des Empfängers
völlig gleichgültig. Vergl. oben
§ 149 und Beylage VIII. Num.
XXXVI. Note e.
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[147/0161] §. 160. Schenkung. Vertragsnatur. und am einleuchtendſten, die Befreyung eines Schuldners durch baare Zahlung, durch Expromiſſion, oder in Folge einer Bürgſchaft, wenn dieſe Befreyung mit der Abſicht einer Schenkung verbunden iſt (§ 158. n bis t). In allen dieſen Fällen kann allerdings der Beſchenkte darum wiſſen, ja es wird ſich meiſtens ſo finden. Juriſtiſch aber iſt Dieſes ganz zufällig und gleichgültig, ſeine Einwilligung traͤgt Nichts zur Wirkſamkeit des Rechtsgeſchäfts bey, und die heimliche Wohlthat iſt hier völlig eben ſo gültig, wie die verabredete. In anderen Fällen weiß zwar der Empfänger um die Handlung des Gebers, aber nicht um die darin enthal- tene Abſicht zu ſchenken, und die Schenkung iſt darum nicht weniger vorhanden. So wenn Einer eine Sache abſichtlich unter dem Werth verkauft, um den Käufer zu bereichern, dieſer aber über die wohlthätige Abſicht des Verkäufers in Unwiſſenheit iſt (§ 152. a). Ferner wenn Jemand wiſſentlich Zahlung leiſtet für ein Indebitum, während der Empfänger es für eine wahre Schuld hält (c). (b) (c) Nämlich die condictio in- debiti fordert durchaus Irrthum des Zahlenden, und wird daher durch deſſen Bewußtſeyn von dem Ungrund der Forderung ſchlecht- hin ausgeſchloſſen; dabey aber iſt das Bewußtſeyn des Empfängers völlig gleichgültig. Vergl. oben § 149 und Beylage VIII. Num. XXXVI. Note e. (b) des Beſchenkten. Daſſelbe galt ohne Zweifel eben ſo, wenn das Geſchenk an einen Sohn in vä- terlicher Gewalt gegeben wurde. In beſchränkterer Weiſe gilt die- ſes Letzte auch noch nach Juſti- nianiſchem Recht, nämlich nun bekommt zwar der Sohn das Ei- genthum, der Vater aber den Niesbrauch, und auch das iſt eine wahre Schenkung. Vergl. über- haupt Meyerfeld I. S. 38. 10*

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841, S. 147. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system04_1841/161>, abgerufen am 24.11.2024.