Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841.§. 159. Schenkung. Einzelne Geschäfte. 4. Ganzes Vermögen. desjenigen Vermögens, welches dem Verstorbenen zur Zeitdes Todes gehörte (m). In Ansehung der Schulden die- ser Erbschaft gilt gleichfalls die natürliche Annahme, daß der Empfänger die Abtragung derselben stillschweigend über- nommen habe (n). Wenn jedoch in diesem Fall ein An- deres ausdrücklich bedungen ist, so liegt darin gar nicht nothwendig eine unredliche Absicht gegen die Glaubiger. Vielmehr kann der Geber sehr wohl die Absicht haben, die Schulden der verschenkten Erbschaft aus seinem eige- nen, dazu völlig hinreichenden, Vermögen zu bezahlen. -- Betrifft die Schenkung die künftige Erbschaft eines noch Lebenden, so ist sie durch dessen Einwilligung gültig, au- ßerdem verboten (o); wird es dennoch unternommen, so (m) L. 24 de V. S. (50. 16.), und mehrere andere Stellen. (n) L. 28 de don. (39. 5.). "Hereditatem pater .. filiae .. donavit ... cogendam eam per actionem praescriptis verbis patrem adversus eos (credito- res) defendere." Es fällt auf, daß hier Papinian die Schenkung einer Erbschaft als solcher für unbedenklich wirksam ansieht, da doch die Schenkung des eigenen Vermögens so bedenklich schien (Note c). Das hieng aber mit der Regel des älteren Rechts überein, nach welcher jeder Erbe eine schon erworbene Erbschaft durch in jure cessio übertragen konnte; hieraus entstand die selt- same Folge, daß das Eigenthum per universitatem übergieng, die Schuldforderungen vernichtet wa- ren, und die Schulden auf dem veräußernden Erben (ganz wie es hier Papinian voraussetzt) haf- ten blieben. Gajus II. § 35. 36, III. § 85. 86. Ulpian. XIX. § 13. 14. Eine Spur davon hat sich in die Digesten verirrt. L. 4 28 de doli exc. (44. 4.). (o) L. 30 C. de pactis (2. 3.).
Die Fortdauer dieser Regel auch im heutigen Recht ist dargethan von Hasse, Rhein. Museum B. 2 S. 149 -- 241, 300 -- 366. Anderer Meynung ist Eichhorn Deutsches Privatrecht § 341. §. 159. Schenkung. Einzelne Geſchäfte. 4. Ganzes Vermögen. desjenigen Vermögens, welches dem Verſtorbenen zur Zeitdes Todes gehörte (m). In Anſehung der Schulden die- ſer Erbſchaft gilt gleichfalls die natürliche Annahme, daß der Empfänger die Abtragung derſelben ſtillſchweigend über- nommen habe (n). Wenn jedoch in dieſem Fall ein An- deres ausdrücklich bedungen iſt, ſo liegt darin gar nicht nothwendig eine unredliche Abſicht gegen die Glaubiger. Vielmehr kann der Geber ſehr wohl die Abſicht haben, die Schulden der verſchenkten Erbſchaft aus ſeinem eige- nen, dazu völlig hinreichenden, Vermoͤgen zu bezahlen. — Betrifft die Schenkung die künftige Erbſchaft eines noch Lebenden, ſo iſt ſie durch deſſen Einwilligung gültig, au- ßerdem verboten (o); wird es dennoch unternommen, ſo (m) L. 24 de V. S. (50. 16.), und mehrere andere Stellen. (n) L. 28 de don. (39. 5.). „Hereditatem pater .. filiae .. donavit … cogendam eam per actionem praescriptis verbis patrem adversus eos (credito- res) defendere.” Es fällt auf, daß hier Papinian die Schenkung einer Erbſchaft als ſolcher für unbedenklich wirkſam anſieht, da doch die Schenkung des eigenen Vermögens ſo bedenklich ſchien (Note c). Das hieng aber mit der Regel des älteren Rechts überein, nach welcher jeder Erbe eine ſchon erworbene Erbſchaft durch in jure cessio übertragen konnte; hieraus entſtand die ſelt- ſame Folge, daß das Eigenthum per universitatem übergieng, die Schuldforderungen vernichtet wa- ren, und die Schulden auf dem veräußernden Erben (ganz wie es hier Papinian vorausſetzt) haf- ten blieben. Gajus II. § 35. 36, III. § 85. 86. Ulpian. XIX. § 13. 14. Eine Spur davon hat ſich in die Digeſten verirrt. L. 4 28 de doli exc. (44. 4.). (o) L. 30 C. de pactis (2. 3.).
Die Fortdauer dieſer Regel auch im heutigen Recht iſt dargethan von Haſſe, Rhein. Muſeum B. 2 S. 149 — 241, 300 — 366. Anderer Meynung iſt Eichhorn Deutſches Privatrecht § 341. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0155" n="141"/><fw place="top" type="header">§. 159. Schenkung. Einzelne Geſchäfte. 4. Ganzes Vermögen.</fw><lb/> desjenigen Vermögens, welches dem Verſtorbenen zur Zeit<lb/> des Todes gehörte <note place="foot" n="(m)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 24 <hi rendition="#i">de V. S.</hi></hi> (50. 16.),<lb/> und mehrere andere Stellen.</note>. In Anſehung der Schulden die-<lb/> ſer Erbſchaft gilt gleichfalls die natürliche Annahme, daß<lb/> der Empfänger die Abtragung derſelben ſtillſchweigend über-<lb/> nommen habe <note place="foot" n="(n)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 28 <hi rendition="#i">de don.</hi> (39. 5.).<lb/> „Hereditatem pater .. filiae ..<lb/> donavit … cogendam eam per<lb/> actionem praescriptis verbis<lb/> patrem adversus eos (credito-<lb/> res) defendere.”</hi> Es fällt auf,<lb/> daß hier Papinian die Schenkung<lb/> einer Erbſchaft als ſolcher für<lb/> unbedenklich wirkſam anſieht, da<lb/> doch die Schenkung des eigenen<lb/> Vermögens ſo bedenklich ſchien<lb/> (Note <hi rendition="#aq">c</hi>). Das hieng aber mit<lb/> der Regel des älteren Rechts<lb/> überein, nach welcher jeder Erbe<lb/> eine ſchon erworbene Erbſchaft<lb/> durch <hi rendition="#aq">in jure cessio</hi> übertragen<lb/> konnte; hieraus entſtand die ſelt-<lb/> ſame Folge, daß das Eigenthum<lb/><hi rendition="#aq">per universitatem</hi> übergieng, die<lb/> Schuldforderungen vernichtet wa-<lb/> ren, und die Schulden auf dem<lb/> veräußernden Erben (ganz wie<lb/> es hier Papinian vorausſetzt) haf-<lb/> ten blieben. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">Gajus</hi> II. § 35. 36,<lb/> III. § 85. 86. <hi rendition="#k">Ulpian</hi>. XIX.</hi> § 13.<lb/> 14. Eine Spur davon hat ſich in<lb/> die Digeſten verirrt. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 4 28<lb/><hi rendition="#i">de doli exc.</hi></hi> (44. 4.).</note>. Wenn jedoch in dieſem Fall ein An-<lb/> deres ausdrücklich bedungen iſt, ſo liegt darin gar nicht<lb/> nothwendig eine unredliche Abſicht gegen die Glaubiger.<lb/> Vielmehr kann der Geber ſehr wohl die Abſicht haben,<lb/> die Schulden der verſchenkten Erbſchaft aus ſeinem eige-<lb/> nen, dazu völlig hinreichenden, Vermoͤgen zu bezahlen. —<lb/> Betrifft die Schenkung die künftige Erbſchaft eines noch<lb/> Lebenden, ſo iſt ſie durch deſſen Einwilligung gültig, au-<lb/> ßerdem verboten <note place="foot" n="(o)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 30 <hi rendition="#i">C. de pactis</hi></hi> (2. 3.).<lb/> Die Fortdauer dieſer Regel auch<lb/> im heutigen Recht iſt dargethan<lb/> von <hi rendition="#g">Haſſe</hi>, Rhein. Muſeum<lb/> B. 2 S. 149 — 241, 300 — 366.<lb/> Anderer Meynung iſt <hi rendition="#g">Eichhorn</hi><lb/> Deutſches Privatrecht § 341.</note>; wird es dennoch unternommen, ſo<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [141/0155]
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ſer Erbſchaft gilt gleichfalls die natürliche Annahme, daß
der Empfänger die Abtragung derſelben ſtillſchweigend über-
nommen habe (n). Wenn jedoch in dieſem Fall ein An-
deres ausdrücklich bedungen iſt, ſo liegt darin gar nicht
nothwendig eine unredliche Abſicht gegen die Glaubiger.
Vielmehr kann der Geber ſehr wohl die Abſicht haben,
die Schulden der verſchenkten Erbſchaft aus ſeinem eige-
nen, dazu völlig hinreichenden, Vermoͤgen zu bezahlen. —
Betrifft die Schenkung die künftige Erbſchaft eines noch
Lebenden, ſo iſt ſie durch deſſen Einwilligung gültig, au-
ßerdem verboten (o); wird es dennoch unternommen, ſo
(m) L. 24 de V. S. (50. 16.),
und mehrere andere Stellen.
(n) L. 28 de don. (39. 5.).
„Hereditatem pater .. filiae ..
donavit … cogendam eam per
actionem praescriptis verbis
patrem adversus eos (credito-
res) defendere.” Es fällt auf,
daß hier Papinian die Schenkung
einer Erbſchaft als ſolcher für
unbedenklich wirkſam anſieht, da
doch die Schenkung des eigenen
Vermögens ſo bedenklich ſchien
(Note c). Das hieng aber mit
der Regel des älteren Rechts
überein, nach welcher jeder Erbe
eine ſchon erworbene Erbſchaft
durch in jure cessio übertragen
konnte; hieraus entſtand die ſelt-
ſame Folge, daß das Eigenthum
per universitatem übergieng, die
Schuldforderungen vernichtet wa-
ren, und die Schulden auf dem
veräußernden Erben (ganz wie
es hier Papinian vorausſetzt) haf-
ten blieben. Gajus II. § 35. 36,
III. § 85. 86. Ulpian. XIX. § 13.
14. Eine Spur davon hat ſich in
die Digeſten verirrt. L. 4 28
de doli exc. (44. 4.).
(o) L. 30 C. de pactis (2. 3.).
Die Fortdauer dieſer Regel auch
im heutigen Recht iſt dargethan
von Haſſe, Rhein. Muſeum
B. 2 S. 149 — 241, 300 — 366.
Anderer Meynung iſt Eichhorn
Deutſches Privatrecht § 341.
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