Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. III. Entstehung und Untergang.
Die Regel selbst wird hier so ausgedrückt, als ob die Usucapion allgemein gelten sollte, ohne Unterschied ob der Geber durch die Schenkung ärmer werde oder nicht. Allein der hinzugefügte Grund zeigt, daß der Verfasser (Teren- tius Clemens) ganz mit der oben dargestellten Unterschei- dung des Pomponius übereinstimmt, und also die Usuca- pion nicht gelten lassen will, wenn auch schon der Geber eine b. f. possessio gehabt haben sollte.
Die alten Juristen haben diese Regeln, wie gewöhn- lich, an der Schenkung unter Ehegatten entwickelt; sie können aber unbedenklich eben so auch auf die Schenkung mit versäumter Insinuation angewendet werden. Wenn also der unredliche Besitzer eines fremden Hauses, welches 2000 Dukaten werth ist, dieses ohne Insinuation an ei- nen redlichen Empfänger verschenkt, so kann dieser das ganze Haus pro donato usucapiren. Hätte der Geber die b. f. possessio gehabt, so würde für den überschießenden Theil des Werthes die Usucapion nicht gelten. Nach dem Ablauf der Usucapion muß es nämlich so betrachtet wer- den, als wäre sogleich das wahre Eigenthum verschenkt worden (§ 166).
Jura in re können in sehr verschiedener Weise zum Zweck einer Schenkung gebraucht werden (l).
gen Theile der Stelle, welche von der mortis causa donatio han- deln, aus der Lex Julia zu er- klären sind, und aller vorgeschla- genen Emendationen gar nicht be- dürfen. Vergl. Glück B. 26 S. 39--46.
(l) Für diese und alle folgende
Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang.
Die Regel ſelbſt wird hier ſo ausgedrückt, als ob die Uſucapion allgemein gelten ſollte, ohne Unterſchied ob der Geber durch die Schenkung ärmer werde oder nicht. Allein der hinzugefügte Grund zeigt, daß der Verfaſſer (Teren- tius Clemens) ganz mit der oben dargeſtellten Unterſchei- dung des Pomponius übereinſtimmt, und alſo die Uſuca- pion nicht gelten laſſen will, wenn auch ſchon der Geber eine b. f. possessio gehabt haben ſollte.
Die alten Juriſten haben dieſe Regeln, wie gewöhn- lich, an der Schenkung unter Ehegatten entwickelt; ſie können aber unbedenklich eben ſo auch auf die Schenkung mit verſäumter Inſinuation angewendet werden. Wenn alſo der unredliche Beſitzer eines fremden Hauſes, welches 2000 Dukaten werth iſt, dieſes ohne Inſinuation an ei- nen redlichen Empfänger verſchenkt, ſo kann dieſer das ganze Haus pro donato uſucapiren. Hätte der Geber die b. f. possessio gehabt, ſo würde für den überſchießenden Theil des Werthes die Uſucapion nicht gelten. Nach dem Ablauf der Uſucapion muß es nämlich ſo betrachtet wer- den, als wäre ſogleich das wahre Eigenthum verſchenkt worden (§ 166).
Jura in re können in ſehr verſchiedener Weiſe zum Zweck einer Schenkung gebraucht werden (l).
gen Theile der Stelle, welche von der mortis causa donatio han- deln, aus der Lex Julia zu er- klären ſind, und aller vorgeſchla- genen Emendationen gar nicht be- dürfen. Vergl. Glück B. 26 S. 39—46.
(l) Für dieſe und alle folgende
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Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang.
Die Regel ſelbſt wird hier ſo ausgedrückt, als ob die
Uſucapion allgemein gelten ſollte, ohne Unterſchied ob der
Geber durch die Schenkung ärmer werde oder nicht. Allein
der hinzugefügte Grund zeigt, daß der Verfaſſer (Teren-
tius Clemens) ganz mit der oben dargeſtellten Unterſchei-
dung des Pomponius übereinſtimmt, und alſo die Uſuca-
pion nicht gelten laſſen will, wenn auch ſchon der Geber
eine b. f. possessio gehabt haben ſollte.
Die alten Juriſten haben dieſe Regeln, wie gewöhn-
lich, an der Schenkung unter Ehegatten entwickelt; ſie
können aber unbedenklich eben ſo auch auf die Schenkung
mit verſäumter Inſinuation angewendet werden. Wenn
alſo der unredliche Beſitzer eines fremden Hauſes, welches
2000 Dukaten werth iſt, dieſes ohne Inſinuation an ei-
nen redlichen Empfänger verſchenkt, ſo kann dieſer das
ganze Haus pro donato uſucapiren. Hätte der Geber die
b. f. possessio gehabt, ſo würde für den überſchießenden
Theil des Werthes die Uſucapion nicht gelten. Nach dem
Ablauf der Uſucapion muß es nämlich ſo betrachtet wer-
den, als wäre ſogleich das wahre Eigenthum verſchenkt
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Jura in re können in ſehr verſchiedener Weiſe zum
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(l) Für dieſe und alle folgende
(k) gen Theile der Stelle, welche von
der mortis causa donatio han-
deln, aus der Lex Julia zu er-
klären ſind, und aller vorgeſchla-
genen Emendationen gar nicht be-
dürfen. Vergl. Glück B. 26
S. 39—46.
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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841, S. 116. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system04_1841/130>, abgerufen am 27.11.2024.
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