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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 3. Berlin, 1840.

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Irrthum und Unwissenheit.
Diese Klage dauert Ein Jahr, welches aber berechnet
wird nicht von jener verwerflichen Verabredung an, son-
dern von meiner Kenntniß (d). Hier wird also das, was
die vorhergehende Bestimmung als Ausnahme bezeichnete,
sogleich als Regel ausgedrückt, und dieser verschiedene
Ausdruck erklärt sich hinreichend aus der Eigenthümlichkeit
des Falles. Denn jene hinterlistige Verabredung ist für
mich immer und nothwendig so lange verborgen, bis die
spätere Ausführung oder ein anderer Zufall sie mir offen-
bart. Ja, wenn man dieses nicht annehmen wollte, so
würde die widersinnige Folge eintreten, daß die Strafe
dieses Delicts von den Thätern durch eine kleine Vorsicht
stets abgewendet werden könnte; sie brauchten nur ihrer
Abrede den Zusatz zu geben, daß sie erst nach einem Jahr
ausgeführt werden solle, und während dieser Zeit über die
Sache zu schweigen.

C. Die Klagen aus dem Edict der Ädilen verjähren
theils in Einem Jahr, theils noch kürzer. Diese Verjäh-

(d) L. 6 de calumniatoribus
(3. 6.). ".. In illius vero per-
sonam, cum quo ut agatur alius
pecuniam dedit, dubitari po-
test, utrum ex die datae pecu-
niae numerari debeat, an po-
tius ex quo cognovit datam
esse, quia qui nescit, is vide-
tur experiundi potestatem non
habere: et verius est, ex eo
annum numerari, ex quo co-
gnovit
."
Das qui nescit u. s. w.
ist hier von diesem einzelnen Rechts-
verhältniß (der calumnia) zu ver-
stehen, nicht als allgemeine Re-
gel für alle Verjährungen mit
utile tempus. Unbedenklich kön-
nen wir es auch anwenden auf
gleichartige Fälle, nur nicht (mit
Mühlenbruch S. 366) auf alle
Klagen aus einem factum alie-
num,
wohin namentlich alle De-
lictenklagen gehören würden; denn
die meisten Delicte berühren un-
sre Rechte auf so merkliche Weise,
daß es ganz unsre Schuld ist, wenn
wir darüber in Unwissenheit blei-
ben.

Irrthum und Unwiſſenheit.
Dieſe Klage dauert Ein Jahr, welches aber berechnet
wird nicht von jener verwerflichen Verabredung an, ſon-
dern von meiner Kenntniß (d). Hier wird alſo das, was
die vorhergehende Beſtimmung als Ausnahme bezeichnete,
ſogleich als Regel ausgedrückt, und dieſer verſchiedene
Ausdruck erklärt ſich hinreichend aus der Eigenthümlichkeit
des Falles. Denn jene hinterliſtige Verabredung iſt für
mich immer und nothwendig ſo lange verborgen, bis die
ſpätere Ausführung oder ein anderer Zufall ſie mir offen-
bart. Ja, wenn man dieſes nicht annehmen wollte, ſo
würde die widerſinnige Folge eintreten, daß die Strafe
dieſes Delicts von den Thätern durch eine kleine Vorſicht
ſtets abgewendet werden könnte; ſie brauchten nur ihrer
Abrede den Zuſatz zu geben, daß ſie erſt nach einem Jahr
ausgeführt werden ſolle, und während dieſer Zeit über die
Sache zu ſchweigen.

C. Die Klagen aus dem Edict der Ädilen verjähren
theils in Einem Jahr, theils noch kürzer. Dieſe Verjäh-

(d) L. 6 de calumniatoribus
(3. 6.). „.. In illius vero per-
sonam, cum quo ut agatur alius
pecuniam dedit, dubitari po-
test, utrum ex die datae pecu-
niae numerari debeat, an po-
tius ex quo cognovit datam
esse, quia qui nescit, is vide-
tur experiundi potestatem non
habere: et verius est, ex eo
annum numerari, ex quo co-
gnovit
.”
Das qui nescit u. ſ. w.
iſt hier von dieſem einzelnen Rechts-
verhältniß (der calumnia) zu ver-
ſtehen, nicht als allgemeine Re-
gel für alle Verjährungen mit
utile tempus. Unbedenklich kön-
nen wir es auch anwenden auf
gleichartige Fälle, nur nicht (mit
Mühlenbruch S. 366) auf alle
Klagen aus einem factum alie-
num,
wohin namentlich alle De-
lictenklagen gehören würden; denn
die meiſten Delicte berühren un-
ſre Rechte auf ſo merkliche Weiſe,
daß es ganz unſre Schuld iſt, wenn
wir darüber in Unwiſſenheit blei-
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[413/0425] Irrthum und Unwiſſenheit. Dieſe Klage dauert Ein Jahr, welches aber berechnet wird nicht von jener verwerflichen Verabredung an, ſon- dern von meiner Kenntniß (d). Hier wird alſo das, was die vorhergehende Beſtimmung als Ausnahme bezeichnete, ſogleich als Regel ausgedrückt, und dieſer verſchiedene Ausdruck erklärt ſich hinreichend aus der Eigenthümlichkeit des Falles. Denn jene hinterliſtige Verabredung iſt für mich immer und nothwendig ſo lange verborgen, bis die ſpätere Ausführung oder ein anderer Zufall ſie mir offen- bart. Ja, wenn man dieſes nicht annehmen wollte, ſo würde die widerſinnige Folge eintreten, daß die Strafe dieſes Delicts von den Thätern durch eine kleine Vorſicht ſtets abgewendet werden könnte; ſie brauchten nur ihrer Abrede den Zuſatz zu geben, daß ſie erſt nach einem Jahr ausgeführt werden ſolle, und während dieſer Zeit über die Sache zu ſchweigen. C. Die Klagen aus dem Edict der Ädilen verjähren theils in Einem Jahr, theils noch kürzer. Dieſe Verjäh- (d) L. 6 de calumniatoribus (3. 6.). „.. In illius vero per- sonam, cum quo ut agatur alius pecuniam dedit, dubitari po- test, utrum ex die datae pecu- niae numerari debeat, an po- tius ex quo cognovit datam esse, quia qui nescit, is vide- tur experiundi potestatem non habere: et verius est, ex eo annum numerari, ex quo co- gnovit.” Das qui nescit u. ſ. w. iſt hier von dieſem einzelnen Rechts- verhältniß (der calumnia) zu ver- ſtehen, nicht als allgemeine Re- gel für alle Verjährungen mit utile tempus. Unbedenklich kön- nen wir es auch anwenden auf gleichartige Fälle, nur nicht (mit Mühlenbruch S. 366) auf alle Klagen aus einem factum alie- num, wohin namentlich alle De- lictenklagen gehören würden; denn die meiſten Delicte berühren un- ſre Rechte auf ſo merkliche Weiſe, daß es ganz unſre Schuld iſt, wenn wir darüber in Unwiſſenheit blei- ben.

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 413. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system03_1840/425>, abgerufen am 22.11.2024.