auch regelmäßig die Verjährung von dem äußeren Ereig- niß an berechnet, so wäre es doch wiederum denkbar, daß gegen den Ablauf derselben der Kläger wegen seines Irr- thums einen außerordentlichen Schutz (durch Restitution) in ähnlicher Weise erhielte, wie es nun schon für viele andere Fälle nachgewiesen worden ist.
Zuerst also: Wird die Klagverjährung regelmäßig be- rechnet von dem äußeren Ereigniß, das heißt von der Rechtsverletzung an, oder aber von des Klägers Bekannt- schaft mit diesem Ereigniß (a scientia)? Eine scheinbare Ähnlichkeit mit den Fristen der Bonorum Possessio (Num. XXIV.) könnte uns für diese letzte Behandlung bestimmen. Allein eine genauere Betrachtung muß uns von der we- sentlichen Verschiedenheit beider Fälle überzeugen.
Die kurzen Fristen der Bonorum Possessio haben den Zweck, die Person des Erben bald außer Zweifel zu setzen. Diesem Zweck ist die von der Kenntniß des Berufenen anfangende Berechnung nicht hinderlich, da Diejenigen, welche bey der schnellen Entscheidung Interesse haben, den Berufenen unterrichten, und so den Lauf der Frist veran- lassen können. Die Klagverjährung soll auf schnelle Rechts- verfolgung hinwirken, damit die sichere Entscheidung er- leichtert und die Rechtsungewißheit abgekürzt werde. Die- sem Zweck würde durch die Berechnung der Frist von der Kenntniß des Klägers an entgegengewirkt, da hier Nie- mand ist, der zu einer Aufforderung des Klägers veran- laßt wäre; dem möglichen Beklagten kann man diese nicht
Beylage VIII.
auch regelmäßig die Verjährung von dem äußeren Ereig- niß an berechnet, ſo wäre es doch wiederum denkbar, daß gegen den Ablauf derſelben der Kläger wegen ſeines Irr- thums einen außerordentlichen Schutz (durch Reſtitution) in ähnlicher Weiſe erhielte, wie es nun ſchon für viele andere Fälle nachgewieſen worden iſt.
Zuerſt alſo: Wird die Klagverjährung regelmäßig be- rechnet von dem äußeren Ereigniß, das heißt von der Rechtsverletzung an, oder aber von des Klägers Bekannt- ſchaft mit dieſem Ereigniß (a scientia)? Eine ſcheinbare Ähnlichkeit mit den Friſten der Bonorum Possessio (Num. XXIV.) könnte uns für dieſe letzte Behandlung beſtimmen. Allein eine genauere Betrachtung muß uns von der we- ſentlichen Verſchiedenheit beider Fälle überzeugen.
Die kurzen Friſten der Bonorum Possessio haben den Zweck, die Perſon des Erben bald außer Zweifel zu ſetzen. Dieſem Zweck iſt die von der Kenntniß des Berufenen anfangende Berechnung nicht hinderlich, da Diejenigen, welche bey der ſchnellen Entſcheidung Intereſſe haben, den Berufenen unterrichten, und ſo den Lauf der Friſt veran- laſſen können. Die Klagverjährung ſoll auf ſchnelle Rechts- verfolgung hinwirken, damit die ſichere Entſcheidung er- leichtert und die Rechtsungewißheit abgekürzt werde. Die- ſem Zweck würde durch die Berechnung der Friſt von der Kenntniß des Klägers an entgegengewirkt, da hier Nie- mand iſt, der zu einer Aufforderung des Klägers veran- laßt wäre; dem moͤglichen Beklagten kann man dieſe nicht
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Beylage VIII.
auch regelmäßig die Verjährung von dem äußeren Ereig-
niß an berechnet, ſo wäre es doch wiederum denkbar, daß
gegen den Ablauf derſelben der Kläger wegen ſeines Irr-
thums einen außerordentlichen Schutz (durch Reſtitution)
in ähnlicher Weiſe erhielte, wie es nun ſchon für viele
andere Fälle nachgewieſen worden iſt.
Zuerſt alſo: Wird die Klagverjährung regelmäßig be-
rechnet von dem äußeren Ereigniß, das heißt von der
Rechtsverletzung an, oder aber von des Klägers Bekannt-
ſchaft mit dieſem Ereigniß (a scientia)? Eine ſcheinbare
Ähnlichkeit mit den Friſten der Bonorum Possessio (Num.
XXIV.) könnte uns für dieſe letzte Behandlung beſtimmen.
Allein eine genauere Betrachtung muß uns von der we-
ſentlichen Verſchiedenheit beider Fälle überzeugen.
Die kurzen Friſten der Bonorum Possessio haben den
Zweck, die Perſon des Erben bald außer Zweifel zu ſetzen.
Dieſem Zweck iſt die von der Kenntniß des Berufenen
anfangende Berechnung nicht hinderlich, da Diejenigen,
welche bey der ſchnellen Entſcheidung Intereſſe haben, den
Berufenen unterrichten, und ſo den Lauf der Friſt veran-
laſſen können. Die Klagverjährung ſoll auf ſchnelle Rechts-
verfolgung hinwirken, damit die ſichere Entſcheidung er-
leichtert und die Rechtsungewißheit abgekürzt werde. Die-
ſem Zweck würde durch die Berechnung der Friſt von der
Kenntniß des Klägers an entgegengewirkt, da hier Nie-
mand iſt, der zu einer Aufforderung des Klägers veran-
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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 408. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system03_1840/420>, abgerufen am 22.11.2024.
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