tisch wichtige Satz wird nun in folgender Stelle auf das Deutlichste anerkannt.
L. 25 § 6 de hered. petit. (5. 3.) "Scire ad se non per- tinere, utrum is tantummodo videtur, qui factum scit, an et is, qui in jure erravit? putavit enim recte factum testamentum, cum inutile erat: vel, cum eum alius praecederet adgnatus, sibi potius deferri. Et non puto hunc esse praedonem, qui dolo caret, quam- vis in jure erret."
Es ist wohl zu bemerken, daß die Rechtssätze, über welche hier ein Irrthum vorausgesetzt wird, nicht etwa verwickelte und bestrittene, sondern einfache und gewisse sind: die be- kannten Formen des Testaments, und noch mehr die Ord- nung worin die Agnaten zu der Intestaterbfolge berufen werden. Dennoch wird ein so Irrender unbedingt als red- licher Besitzer anerkannt. -- Hier zeigt sich nun auch recht deutlich die Unbrauchbarkeit des oben (Num. VIII.) beur- theilten Princips, nach welchem der Rechtsirrthum zwar soll Schaden abwehren, aber nicht Gewinn bringen können. Der redliche Besitz hat bey den oben angeführten Klagen zweyerley Folgen: er wendet Schaden ab, indem der un- redliche Besitzer auch nicht gewonnene Früchte, und auch den Werth der verschenkten oder verschwendeten Sachen vergüten muß (a); er bringt Gewinn, indem der redliche Besitzer den Werth der verzehrten oder verkauften Früchte als Bereicherung behalten darf, die der unredliche Besitzer
(a)L. 25 § 2. 4. 11. 15 de hered. petit. (5. 3.).
Irrthum und Unwiſſenheit.
tiſch wichtige Satz wird nun in folgender Stelle auf das Deutlichſte anerkannt.
L. 25 § 6 de hered. petit. (5. 3.) „Scire ad se non per- tinere, utrum is tantummodo videtur, qui factum scit, an et is, qui in jure erravit? putavit enim recte factum testamentum, cum inutile erat: vel, cum eum alius praecederet adgnatus, sibi potius deferri. Et non puto hunc esse praedonem, qui dolo caret, quam- vis in jure erret.”
Es iſt wohl zu bemerken, daß die Rechtsſätze, über welche hier ein Irrthum vorausgeſetzt wird, nicht etwa verwickelte und beſtrittene, ſondern einfache und gewiſſe ſind: die be- kannten Formen des Teſtaments, und noch mehr die Ord- nung worin die Agnaten zu der Inteſtaterbfolge berufen werden. Dennoch wird ein ſo Irrender unbedingt als red- licher Beſitzer anerkannt. — Hier zeigt ſich nun auch recht deutlich die Unbrauchbarkeit des oben (Num. VIII.) beur- theilten Princips, nach welchem der Rechtsirrthum zwar ſoll Schaden abwehren, aber nicht Gewinn bringen können. Der redliche Beſitz hat bey den oben angeführten Klagen zweyerley Folgen: er wendet Schaden ab, indem der un- redliche Beſitzer auch nicht gewonnene Früchte, und auch den Werth der verſchenkten oder verſchwendeten Sachen vergüten muß (a); er bringt Gewinn, indem der redliche Beſitzer den Werth der verzehrten oder verkauften Früchte als Bereicherung behalten darf, die der unredliche Beſitzer
(a)L. 25 § 2. 4. 11. 15 de hered. petit. (5. 3.).
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Irrthum und Unwiſſenheit.
tiſch wichtige Satz wird nun in folgender Stelle auf das
Deutlichſte anerkannt.
L. 25 § 6 de hered. petit. (5. 3.) „Scire ad se non per-
tinere, utrum is tantummodo videtur, qui factum scit,
an et is, qui in jure erravit? putavit enim recte
factum testamentum, cum inutile erat: vel, cum eum
alius praecederet adgnatus, sibi potius deferri. Et
non puto hunc esse praedonem, qui dolo caret, quam-
vis in jure erret.”
Es iſt wohl zu bemerken, daß die Rechtsſätze, über welche
hier ein Irrthum vorausgeſetzt wird, nicht etwa verwickelte
und beſtrittene, ſondern einfache und gewiſſe ſind: die be-
kannten Formen des Teſtaments, und noch mehr die Ord-
nung worin die Agnaten zu der Inteſtaterbfolge berufen
werden. Dennoch wird ein ſo Irrender unbedingt als red-
licher Beſitzer anerkannt. — Hier zeigt ſich nun auch recht
deutlich die Unbrauchbarkeit des oben (Num. VIII.) beur-
theilten Princips, nach welchem der Rechtsirrthum zwar
ſoll Schaden abwehren, aber nicht Gewinn bringen können.
Der redliche Beſitz hat bey den oben angeführten Klagen
zweyerley Folgen: er wendet Schaden ab, indem der un-
redliche Beſitzer auch nicht gewonnene Früchte, und auch
den Werth der verſchenkten oder verſchwendeten Sachen
vergüten muß (a); er bringt Gewinn, indem der redliche
Beſitzer den Werth der verzehrten oder verkauften Früchte
als Bereicherung behalten darf, die der unredliche Beſitzer
(a) L. 25 § 2. 4. 11. 15 de hered. petit. (5. 3.).
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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 397. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system03_1840/409>, abgerufen am 22.11.2024.
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