Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 3. Berlin, 1840.Irrthum und Unwissenheit. Wirkung mit sich führten, und daher dem Handelnden,wenn sie unvorsichtigerweise vorgenommen wurden, großen Schaden bringen konnten. Gegen diesen Nachtheil aber konnte ihm Hülfe gewährt werden nach den Grundsätzen vom Irrthum; das heißt also wenn der Irrthum nicht nur seinem Daseyn nach dargethan werden konnte, sondern auch weder ein Rechtsirrthum, noch ein leichtsinniger fac- tischer Irrthum war. Die Hülfe aber bestand hier nicht in einer besonderen Klage, wodurch ja der Gang des frü- heren Prozesses nur hätte erschwert und verwirrt werden können, sondern in einer Restitution, die hier, wo sich oh- nehin schon die Parteyen vor dem Prätor befanden, gewiß die angemessenste Form war. Die Fälle selbst, wie sie in unsren Rechtsquellen vorkommen, sind folgende. 1. Jedes Klagerecht wurde durch die angebrachte Klage (a) L. 1 § 6 L. 2--6 quod falso (27. 6.). Vgl. Keller Litiscontestation § 68. Burchar- di Wiedereinsetzung § 21. III. 25
Irrthum und Unwiſſenheit. Wirkung mit ſich führten, und daher dem Handelnden,wenn ſie unvorſichtigerweiſe vorgenommen wurden, großen Schaden bringen konnten. Gegen dieſen Nachtheil aber konnte ihm Hülfe gewährt werden nach den Grundſätzen vom Irrthum; das heißt alſo wenn der Irrthum nicht nur ſeinem Daſeyn nach dargethan werden konnte, ſondern auch weder ein Rechtsirrthum, noch ein leichtſinniger fac- tiſcher Irrthum war. Die Hülfe aber beſtand hier nicht in einer beſonderen Klage, wodurch ja der Gang des frü- heren Prozeſſes nur hätte erſchwert und verwirrt werden können, ſondern in einer Reſtitution, die hier, wo ſich oh- nehin ſchon die Parteyen vor dem Prätor befanden, gewiß die angemeſſenſte Form war. Die Fälle ſelbſt, wie ſie in unſren Rechtsquellen vorkommen, ſind folgende. 1. Jedes Klagerecht wurde durch die angebrachte Klage (a) L. 1 § 6 L. 2—6 quod falso (27. 6.). Vgl. Keller Litisconteſtation § 68. Burchar- di Wiedereinſetzung § 21. III. 25
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Irrthum und Unwiſſenheit.
Wirkung mit ſich führten, und daher dem Handelnden,
wenn ſie unvorſichtigerweiſe vorgenommen wurden, großen
Schaden bringen konnten. Gegen dieſen Nachtheil aber
konnte ihm Hülfe gewährt werden nach den Grundſätzen
vom Irrthum; das heißt alſo wenn der Irrthum nicht
nur ſeinem Daſeyn nach dargethan werden konnte, ſondern
auch weder ein Rechtsirrthum, noch ein leichtſinniger fac-
tiſcher Irrthum war. Die Hülfe aber beſtand hier nicht
in einer beſonderen Klage, wodurch ja der Gang des frü-
heren Prozeſſes nur hätte erſchwert und verwirrt werden
können, ſondern in einer Reſtitution, die hier, wo ſich oh-
nehin ſchon die Parteyen vor dem Prätor befanden, gewiß
die angemeſſenſte Form war. Die Fälle ſelbſt, wie ſie in
unſren Rechtsquellen vorkommen, ſind folgende.
1. Jedes Klagerecht wurde durch die angebrachte Klage
conſumirt, oft auch wenn man eine unrichtige Perſon als
Gegner gewählt hatte. Dieſes geſchah namentlich durch
die Klage gegen einen Pupillen, bey welcher ein falsus
tutor die auctoritas gegeben hatte; dagegen gab aber der
Prätor Reſtitution (a). — Eben ſo geſchah es, wenn eine
Erbſchaftsſchuld gegen einen der Miterben, der ſich fälſch-
lich für den einzigen Erben ausgegeben hatte, ganz einge-
klagt wurde. Dieſer war nun wirklich für das Ganze
verpflichtet, gegen die Miterben war die Klage conſumirt.
War nun aber jener, theilweiſe falſche, Beklagte inſolvent,
(a) L. 1 § 6 L. 2—6 quod
falso (27. 6.). Vgl. Keller
Litisconteſtation § 68. Burchar-
di Wiedereinſetzung § 21.
III. 25
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