Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 3. Berlin, 1840.Beylage VIII. thums entbehrlich macht. Jedoch auch Der, welcher durchsie wirklich erst Eigenthum erwirbt, wird zwar um den ganzen Werth dieses Eigenthums reicher, als er unmittel- bar vor der Usucapion war; gehen wir aber auf einen früheren Zeitpunkt zurück, so wendet er vielleicht blos den Verlust ab, den er durch den Kauf einer fremden Sache erleiden würde, wenn gerade der Verkäufer die Eviction zu leisten nicht im Stande ist. Wer eine Sache zu theuer kauft, und nun gegen diesen nachtheiligen Contract Hülfe verlangt, will Schaden abwenden mit Rücksicht auf den Vermögenszustand vor geschlossenem Contract; sehen wir auf den gegenwärtigen Zeitpunkt, so will er reicher wer- den, denn der Schade ist durch die in dem geschlossenen Contract übernommene Obligation bereits vollendet, und wird es nicht erst durch die Zahlung des Geldes. -- In- dem also jenes Princip ganz entgegengesetzte Anwendungen zuläßt, zeigt es sich schon durch seine Fassung untauglich als sichere Regel gebraucht zu werden, ganz abgesehen noch von den ihm widersprechenden sicheren Entscheidungen einzelner Fälle. Ich will damit nicht behaupten, daß der Begriff von Beylage VIII. thums entbehrlich macht. Jedoch auch Der, welcher durchſie wirklich erſt Eigenthum erwirbt, wird zwar um den ganzen Werth dieſes Eigenthums reicher, als er unmittel- bar vor der Uſucapion war; gehen wir aber auf einen früheren Zeitpunkt zurück, ſo wendet er vielleicht blos den Verluſt ab, den er durch den Kauf einer fremden Sache erleiden würde, wenn gerade der Verkäufer die Eviction zu leiſten nicht im Stande iſt. Wer eine Sache zu theuer kauft, und nun gegen dieſen nachtheiligen Contract Hülfe verlangt, will Schaden abwenden mit Rückſicht auf den Vermögenszuſtand vor geſchloſſenem Contract; ſehen wir auf den gegenwärtigen Zeitpunkt, ſo will er reicher wer- den, denn der Schade iſt durch die in dem geſchloſſenen Contract übernommene Obligation bereits vollendet, und wird es nicht erſt durch die Zahlung des Geldes. — In- dem alſo jenes Princip ganz entgegengeſetzte Anwendungen zuläßt, zeigt es ſich ſchon durch ſeine Faſſung untauglich als ſichere Regel gebraucht zu werden, ganz abgeſehen noch von den ihm widerſprechenden ſicheren Entſcheidungen einzelner Fälle. Ich will damit nicht behaupten, daß der Begriff von <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0362" n="350"/><fw place="top" type="header">Beylage <hi rendition="#aq">VIII.</hi></fw><lb/> thums entbehrlich macht. Jedoch auch Der, welcher durch<lb/> ſie wirklich erſt Eigenthum erwirbt, wird zwar um den<lb/> ganzen Werth dieſes Eigenthums reicher, als er unmittel-<lb/> bar vor der Uſucapion war; gehen wir aber auf einen<lb/> früheren Zeitpunkt zurück, ſo wendet er vielleicht blos den<lb/> Verluſt ab, den er durch den Kauf einer fremden Sache<lb/> erleiden würde, wenn gerade der Verkäufer die Eviction<lb/> zu leiſten nicht im Stande iſt. Wer eine Sache zu theuer<lb/> kauft, und nun gegen dieſen nachtheiligen Contract Hülfe<lb/> verlangt, will Schaden abwenden mit Rückſicht auf den<lb/> Vermögenszuſtand vor geſchloſſenem Contract; ſehen wir<lb/> auf den gegenwärtigen Zeitpunkt, ſo will er reicher wer-<lb/> den, denn der Schade iſt durch die in dem geſchloſſenen<lb/> Contract übernommene Obligation bereits vollendet, und<lb/> wird es nicht erſt durch die Zahlung des Geldes. — In-<lb/> dem alſo jenes Princip ganz entgegengeſetzte Anwendungen<lb/> zuläßt, zeigt es ſich ſchon durch ſeine Faſſung untauglich<lb/> als ſichere Regel gebraucht zu werden, ganz abgeſehen<lb/> noch von den ihm widerſprechenden ſicheren Entſcheidungen<lb/> einzelner Fälle.</p><lb/> <p>Ich will damit nicht behaupten, daß der Begriff von<lb/><hi rendition="#aq">lucrum</hi> überall ein unbeſtimmter, juriſtiſch wenig brauch-<lb/> barer Begriff wäre. Wenn einem Rechtsgeſchäft die be-<lb/> ſtimmte Abſicht einſeitiger Bereicherung zum Grunde liegt<lb/> (durch Schenkung), ſo iſt allerdings der <hi rendition="#aq">lucri animus</hi> eine<lb/> beſtimmte und wichtige Bedingung für die Eigenthümlich-<lb/> keit dieſer Handlung. Aber hier iſt uns auch durch die<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [350/0362]
Beylage VIII.
thums entbehrlich macht. Jedoch auch Der, welcher durch
ſie wirklich erſt Eigenthum erwirbt, wird zwar um den
ganzen Werth dieſes Eigenthums reicher, als er unmittel-
bar vor der Uſucapion war; gehen wir aber auf einen
früheren Zeitpunkt zurück, ſo wendet er vielleicht blos den
Verluſt ab, den er durch den Kauf einer fremden Sache
erleiden würde, wenn gerade der Verkäufer die Eviction
zu leiſten nicht im Stande iſt. Wer eine Sache zu theuer
kauft, und nun gegen dieſen nachtheiligen Contract Hülfe
verlangt, will Schaden abwenden mit Rückſicht auf den
Vermögenszuſtand vor geſchloſſenem Contract; ſehen wir
auf den gegenwärtigen Zeitpunkt, ſo will er reicher wer-
den, denn der Schade iſt durch die in dem geſchloſſenen
Contract übernommene Obligation bereits vollendet, und
wird es nicht erſt durch die Zahlung des Geldes. — In-
dem alſo jenes Princip ganz entgegengeſetzte Anwendungen
zuläßt, zeigt es ſich ſchon durch ſeine Faſſung untauglich
als ſichere Regel gebraucht zu werden, ganz abgeſehen
noch von den ihm widerſprechenden ſicheren Entſcheidungen
einzelner Fälle.
Ich will damit nicht behaupten, daß der Begriff von
lucrum überall ein unbeſtimmter, juriſtiſch wenig brauch-
barer Begriff wäre. Wenn einem Rechtsgeſchäft die be-
ſtimmte Abſicht einſeitiger Bereicherung zum Grunde liegt
(durch Schenkung), ſo iſt allerdings der lucri animus eine
beſtimmte und wichtige Bedingung für die Eigenthümlich-
keit dieſer Handlung. Aber hier iſt uns auch durch die
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