Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 3. Berlin, 1840.

Bild:
<< vorherige Seite

Beylage VIII.
nahme herbeyführen, oder als Grund einer Entschuldi-
gung dienen soll. -- Für die Theorie und für die Anwen-
dung bedürfen eigentlich nur die Fälle der zweyten Art
einer besonderen Untersuchung und Feststellung, indem die
der ersten Art schon durch sich selbst hinreichende Begrün-
dung haben. Der vollständigeren Übersicht wegen ist es
jedoch räthlich, beide Arten von Fällen zusammen zu fassen.

Um diese Einwirkungen des Irrthums auf die Rechts-
verhältnisse hervorzubringen, werden, je nach Verschieden-
heit der Fälle, folgende verschiedene Rechtsformen ange-
wendet.

1) Oft wirkt der Irrthum geradezu, das heißt so daß
nun die ohne denselben eintretende Rechtsveränderung
schlechthin unterbleibt. Dieses geschieht in allen Fällen
der oben angegebenen ersten Art, in welchen das richtige
Bewußtseyn ein ausgesprochener Bestandtheil der Rechts-
regel selbst war, welches in den beyspielsweise angegebe-
nen Fällen (Note b) von selbst einleuchtet. -- Es geschieht
aber zuweilen auch in Fällen der zweyten Axt, obgleich
es hier die seltnere Rechtsform ist (c).

2) In anderen Fällen wirkt der Irrthum nicht schon

(c) Wer einem filiusfamilias,
den er aus guten Gründen für
unabhängig hält, ein Gelddarle-
hen giebt, ist ganz frey von der
exceptio Sc. Maced., obgleich
das wissentliche Geben im Se-
natusconsult selbst nicht erwähnt
wird. L. 3 pr. ad Sc. Maced.
(14. 6.), verglichen mit L. 1 pr.
eod.
-- Eben so gilt als nicht ge-
schehen der Antritt oder die Aus-
schlagung der Erbschaft, wenn der
Erbe über Daseyn oder Art der
Delation im Irrthum ist. L. 15.
16. 19. 22. 23. 32. 33. 34 de adqu.
vel om. her.
(29. 2.).

Beylage VIII.
nahme herbeyführen, oder als Grund einer Entſchuldi-
gung dienen ſoll. — Für die Theorie und für die Anwen-
dung bedürfen eigentlich nur die Fälle der zweyten Art
einer beſonderen Unterſuchung und Feſtſtellung, indem die
der erſten Art ſchon durch ſich ſelbſt hinreichende Begrün-
dung haben. Der vollſtändigeren Überſicht wegen iſt es
jedoch räthlich, beide Arten von Fällen zuſammen zu faſſen.

Um dieſe Einwirkungen des Irrthums auf die Rechts-
verhältniſſe hervorzubringen, werden, je nach Verſchieden-
heit der Fälle, folgende verſchiedene Rechtsformen ange-
wendet.

1) Oft wirkt der Irrthum geradezu, das heißt ſo daß
nun die ohne denſelben eintretende Rechtsveränderung
ſchlechthin unterbleibt. Dieſes geſchieht in allen Fällen
der oben angegebenen erſten Art, in welchen das richtige
Bewußtſeyn ein ausgeſprochener Beſtandtheil der Rechts-
regel ſelbſt war, welches in den beyſpielsweiſe angegebe-
nen Fällen (Note b) von ſelbſt einleuchtet. — Es geſchieht
aber zuweilen auch in Fällen der zweyten Axt, obgleich
es hier die ſeltnere Rechtsform iſt (c).

2) In anderen Fällen wirkt der Irrthum nicht ſchon

(c) Wer einem filiusfamilias,
den er aus guten Gründen für
unabhängig hält, ein Gelddarle-
hen giebt, iſt ganz frey von der
exceptio Sc. Maced., obgleich
das wiſſentliche Geben im Se-
natusconſult ſelbſt nicht erwähnt
wird. L. 3 pr. ad Sc. Maced.
(14. 6.), verglichen mit L. 1 pr.
eod.
— Eben ſo gilt als nicht ge-
ſchehen der Antritt oder die Aus-
ſchlagung der Erbſchaft, wenn der
Erbe über Daſeyn oder Art der
Delation im Irrthum iſt. L. 15.
16. 19. 22. 23. 32. 33. 34 de adqu.
vel om. her.
(29. 2.).
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0342" n="330"/><fw place="top" type="header">Beylage <hi rendition="#aq">VIII.</hi></fw><lb/>
nahme herbeyführen, oder als Grund einer Ent&#x017F;chuldi-<lb/>
gung dienen &#x017F;oll. &#x2014; Für die Theorie und für die Anwen-<lb/>
dung bedürfen eigentlich nur die Fälle der zweyten Art<lb/>
einer be&#x017F;onderen Unter&#x017F;uchung und Fe&#x017F;t&#x017F;tellung, indem die<lb/>
der er&#x017F;ten Art &#x017F;chon durch &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t hinreichende Begrün-<lb/>
dung haben. Der voll&#x017F;tändigeren Über&#x017F;icht wegen i&#x017F;t es<lb/>
jedoch räthlich, beide Arten von Fällen zu&#x017F;ammen zu fa&#x017F;&#x017F;en.</p><lb/>
          <p>Um die&#x017F;e Einwirkungen des Irrthums auf die Rechts-<lb/>
verhältni&#x017F;&#x017F;e hervorzubringen, werden, je nach Ver&#x017F;chieden-<lb/>
heit der Fälle, folgende ver&#x017F;chiedene Rechtsformen ange-<lb/>
wendet.</p><lb/>
          <p>1) Oft wirkt der Irrthum geradezu, das heißt &#x017F;o daß<lb/>
nun die ohne den&#x017F;elben eintretende Rechtsveränderung<lb/>
&#x017F;chlechthin unterbleibt. Die&#x017F;es ge&#x017F;chieht in allen Fällen<lb/>
der oben angegebenen er&#x017F;ten Art, in welchen das richtige<lb/>
Bewußt&#x017F;eyn ein ausge&#x017F;prochener Be&#x017F;tandtheil der Rechts-<lb/>
regel &#x017F;elb&#x017F;t war, welches in den bey&#x017F;pielswei&#x017F;e angegebe-<lb/>
nen Fällen (Note <hi rendition="#aq">b</hi>) von &#x017F;elb&#x017F;t einleuchtet. &#x2014; Es ge&#x017F;chieht<lb/>
aber zuweilen auch in Fällen der zweyten Axt, obgleich<lb/>
es hier die &#x017F;eltnere Rechtsform i&#x017F;t <note place="foot" n="(c)">Wer einem <hi rendition="#aq">filiusfamilias</hi>,<lb/>
den er aus guten Gründen für<lb/>
unabhängig hält, ein Gelddarle-<lb/>
hen giebt, i&#x017F;t ganz frey von der<lb/><hi rendition="#aq">exceptio Sc. Maced.,</hi> obgleich<lb/>
das wi&#x017F;&#x017F;entliche Geben im Se-<lb/>
natuscon&#x017F;ult &#x017F;elb&#x017F;t nicht erwähnt<lb/>
wird. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 3 <hi rendition="#i">pr. ad Sc. Maced.</hi></hi><lb/>
(14. 6.), verglichen mit <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 1 <hi rendition="#i">pr.<lb/>
eod.</hi></hi> &#x2014; Eben &#x017F;o gilt als nicht ge-<lb/>
&#x017F;chehen der Antritt oder die Aus-<lb/>
&#x017F;chlagung der Erb&#x017F;chaft, wenn der<lb/>
Erbe über Da&#x017F;eyn oder Art der<lb/>
Delation im Irrthum i&#x017F;t. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 15.<lb/>
16. 19. 22. 23. 32. 33. 34 <hi rendition="#i">de adqu.<lb/>
vel om. her.</hi></hi> (29. 2.).</note>.</p><lb/>
          <p>2) In anderen Fällen wirkt der Irrthum nicht &#x017F;chon<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[330/0342] Beylage VIII. nahme herbeyführen, oder als Grund einer Entſchuldi- gung dienen ſoll. — Für die Theorie und für die Anwen- dung bedürfen eigentlich nur die Fälle der zweyten Art einer beſonderen Unterſuchung und Feſtſtellung, indem die der erſten Art ſchon durch ſich ſelbſt hinreichende Begrün- dung haben. Der vollſtändigeren Überſicht wegen iſt es jedoch räthlich, beide Arten von Fällen zuſammen zu faſſen. Um dieſe Einwirkungen des Irrthums auf die Rechts- verhältniſſe hervorzubringen, werden, je nach Verſchieden- heit der Fälle, folgende verſchiedene Rechtsformen ange- wendet. 1) Oft wirkt der Irrthum geradezu, das heißt ſo daß nun die ohne denſelben eintretende Rechtsveränderung ſchlechthin unterbleibt. Dieſes geſchieht in allen Fällen der oben angegebenen erſten Art, in welchen das richtige Bewußtſeyn ein ausgeſprochener Beſtandtheil der Rechts- regel ſelbſt war, welches in den beyſpielsweiſe angegebe- nen Fällen (Note b) von ſelbſt einleuchtet. — Es geſchieht aber zuweilen auch in Fällen der zweyten Axt, obgleich es hier die ſeltnere Rechtsform iſt (c). 2) In anderen Fällen wirkt der Irrthum nicht ſchon (c) Wer einem filiusfamilias, den er aus guten Gründen für unabhängig hält, ein Gelddarle- hen giebt, iſt ganz frey von der exceptio Sc. Maced., obgleich das wiſſentliche Geben im Se- natusconſult ſelbſt nicht erwähnt wird. L. 3 pr. ad Sc. Maced. (14. 6.), verglichen mit L. 1 pr. eod. — Eben ſo gilt als nicht ge- ſchehen der Antritt oder die Aus- ſchlagung der Erbſchaft, wenn der Erbe über Daſeyn oder Art der Delation im Irrthum iſt. L. 15. 16. 19. 22. 23. 32. 33. 34 de adqu. vel om. her. (29. 2.).

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system03_1840
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system03_1840/342
Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 330. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system03_1840/342>, abgerufen am 25.11.2024.