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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 3. Berlin, 1840.

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Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. III. Entstehung und Untergang.
von verschiedenen Thierarten die Rede ist, weil Niemand
ein Thier überhaupt, seinem abstracten Begriff nach, kauft,
sondern jede Thierart zugleich eine Waare anderer Art
ist, ohne Rücksicht auf die Größe der Preisverschiedenheit.
-- Eben so bey rohen Metallen verschiedener Art, weil
jede derselben eine andere Waare ist. -- Ferner bey ver-
schiedenen Getreidearten; desgleichen bey verschiedenen flüs-
sigen Stoffen, auch außer Wein und Essig (n). -- Endlich
könnte dahin auch noch folgender Fall gerechnet werden.
Wenn ich ein Grundstück kaufe, auf welchem ein Haus
oder ein Wald stand, ohne zu wissen, daß unmittelbar
vorher das Haus oder der Wald abgebrannt ist, so ist
der Gegenstand des Vertrags, das Grundstück, eigentlich
noch vorhanden (o), aber es ist für den Verkehr ein Ge-
genstand anderer Art geworden, denn eine Brandstätte und
ein Haus wird im Verkehr Jeder für ungleichartig halten.
Auch ist nun der Vertrag in der That ungültig (p), aber
diese Ungültigkeit wird hier unter einen andern Gesichts-

(n) Die Identität oder Ver-
schiedenheit wird hier nicht selten
schwankend seyn, auch wohl von
persönlichen Gewohnheiten abhän-
gen können. Vgl. L. 9 de tri-
tico
(33. 6.). -- In allen diesen
Fällen wird übrigens ein Vertrag
über bestimmte Säcke, Haufen,
Fässer mit Waaren (also über
eine species) vorausgesetzt; von
dem ganz anderen Fall, da über
ein genus contrahirt ist, war schon
im § 136 die Rede.
(o) L. 98 § 8 de solut. (46. 3.)
".. Non est his similis area,
in qua aedificium positum est:
non enim desiit in rerum na-
tura esse, imo et peti potest
area, et aestimatio ejus solvi
debebit: pars enim insulae area
est, et quidem maxima, cui
etiam superficies cedit
"
...
(p) L. 57. 58 de contr. emt.
(18. 1.).

Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang.
von verſchiedenen Thierarten die Rede iſt, weil Niemand
ein Thier überhaupt, ſeinem abſtracten Begriff nach, kauft,
ſondern jede Thierart zugleich eine Waare anderer Art
iſt, ohne Rückſicht auf die Größe der Preisverſchiedenheit.
— Eben ſo bey rohen Metallen verſchiedener Art, weil
jede derſelben eine andere Waare iſt. — Ferner bey ver-
ſchiedenen Getreidearten; desgleichen bey verſchiedenen flüſ-
ſigen Stoffen, auch außer Wein und Eſſig (n). — Endlich
könnte dahin auch noch folgender Fall gerechnet werden.
Wenn ich ein Grundſtück kaufe, auf welchem ein Haus
oder ein Wald ſtand, ohne zu wiſſen, daß unmittelbar
vorher das Haus oder der Wald abgebrannt iſt, ſo iſt
der Gegenſtand des Vertrags, das Grundſtück, eigentlich
noch vorhanden (o), aber es iſt für den Verkehr ein Ge-
genſtand anderer Art geworden, denn eine Brandſtätte und
ein Haus wird im Verkehr Jeder für ungleichartig halten.
Auch iſt nun der Vertrag in der That ungültig (p), aber
dieſe Ungültigkeit wird hier unter einen andern Geſichts-

(n) Die Identität oder Ver-
ſchiedenheit wird hier nicht ſelten
ſchwankend ſeyn, auch wohl von
perſönlichen Gewohnheiten abhän-
gen können. Vgl. L. 9 de tri-
tico
(33. 6.). — In allen dieſen
Fällen wird übrigens ein Vertrag
über beſtimmte Säcke, Haufen,
Fäſſer mit Waaren (alſo über
eine species) vorausgeſetzt; von
dem ganz anderen Fall, da über
ein genus contrahirt iſt, war ſchon
im § 136 die Rede.
(o) L. 98 § 8 de solut. (46. 3.)
„.. Non est his similis area,
in qua aedificium positum est:
non enim desiit in rerum na-
tura esse, imo et peti potest
area, et aestimatio ejus solvi
debebit: pars enim insulae area
est, et quidem maxima, cui
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(p) L. 57. 58 de contr. emt.
(18. 1.).
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[284/0296] Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang. von verſchiedenen Thierarten die Rede iſt, weil Niemand ein Thier überhaupt, ſeinem abſtracten Begriff nach, kauft, ſondern jede Thierart zugleich eine Waare anderer Art iſt, ohne Rückſicht auf die Größe der Preisverſchiedenheit. — Eben ſo bey rohen Metallen verſchiedener Art, weil jede derſelben eine andere Waare iſt. — Ferner bey ver- ſchiedenen Getreidearten; desgleichen bey verſchiedenen flüſ- ſigen Stoffen, auch außer Wein und Eſſig (n). — Endlich könnte dahin auch noch folgender Fall gerechnet werden. Wenn ich ein Grundſtück kaufe, auf welchem ein Haus oder ein Wald ſtand, ohne zu wiſſen, daß unmittelbar vorher das Haus oder der Wald abgebrannt iſt, ſo iſt der Gegenſtand des Vertrags, das Grundſtück, eigentlich noch vorhanden (o), aber es iſt für den Verkehr ein Ge- genſtand anderer Art geworden, denn eine Brandſtätte und ein Haus wird im Verkehr Jeder für ungleichartig halten. Auch iſt nun der Vertrag in der That ungültig (p), aber dieſe Ungültigkeit wird hier unter einen andern Geſichts- (n) Die Identität oder Ver- ſchiedenheit wird hier nicht ſelten ſchwankend ſeyn, auch wohl von perſönlichen Gewohnheiten abhän- gen können. Vgl. L. 9 de tri- tico (33. 6.). — In allen dieſen Fällen wird übrigens ein Vertrag über beſtimmte Säcke, Haufen, Fäſſer mit Waaren (alſo über eine species) vorausgeſetzt; von dem ganz anderen Fall, da über ein genus contrahirt iſt, war ſchon im § 136 die Rede. (o) L. 98 § 8 de solut. (46. 3.) „.. Non est his similis area, in qua aedificium positum est: non enim desiit in rerum na- tura esse, imo et peti potest area, et aestimatio ejus solvi debebit: pars enim insulae area est, et quidem maxima, cui etiam superficies cedit” … (p) L. 57. 58 de contr. emt. (18. 1.).

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 284. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system03_1840/296>, abgerufen am 23.11.2024.