Was nun ferner den Gegenstand des Irrthums betrifft, so sind folgende mögliche Fälle zu bemerken:
I. Der Irrthum kann sich beziehen auf den Inhalt des Willens im Ganzen. So wenn Jemand eine Urkunde unterschreibt (§ 131), die ihm anstatt einer anderen, rich- tigen, untergeschoben, oder die ihm unrichtig vorgelesen worden ist; oder, wenn Er im Vertrauen auf einen Be- vollmächtigten, ein leeres Blatt unterschreibt, der Bevoll- mächtigte aber dieses eigenmächtig, und gegen den ertheil- ten Auftrag, ausfüllt.
Dieser Fall kann am wenigsten Zweifel erregen, und macht auch keine näheren Bestimmungen nöthig.
II. Der Irrthum kann sich aber auch beziehen auf ein- zelne Theile des Willens, und zwar:
1) auf die Natur des Rechtsverhältnisses;
2) auf die in dem Rechtsverhältniß uns gegenüber ste- hende Person;
3) auf die Sache, die den Gegenstand des Rechtsver- hältnisses bildet.
Die drey zuletzt bezeichneten Fälle, die allein einer be- sonderen Erwägung bedürfen, sollen nunmehr einzeln dar- gestellt werden; zuvor aber ist es nöthig ihre gemeinsame Natur näher zu betrachten. In jedem derselben finden wir einen das Rechtsgeschäft begleitenden Irrthum, aus welchem wir die Abwesenheit des wahren Willens, also
bringen, die hier, wo wir von der Wirksamkeit der Willenserklärung an sich reden, außer unsrer Auf- gabe liegen.
§. 135. Erklärung ohne Willen. Unabſichtliche.
Was nun ferner den Gegenſtand des Irrthums betrifft, ſo ſind folgende mögliche Fälle zu bemerken:
I. Der Irrthum kann ſich beziehen auf den Inhalt des Willens im Ganzen. So wenn Jemand eine Urkunde unterſchreibt (§ 131), die ihm anſtatt einer anderen, rich- tigen, untergeſchoben, oder die ihm unrichtig vorgeleſen worden iſt; oder, wenn Er im Vertrauen auf einen Be- vollmächtigten, ein leeres Blatt unterſchreibt, der Bevoll- mächtigte aber dieſes eigenmächtig, und gegen den ertheil- ten Auftrag, ausfüllt.
Dieſer Fall kann am wenigſten Zweifel erregen, und macht auch keine näheren Beſtimmungen noͤthig.
II. Der Irrthum kann ſich aber auch beziehen auf ein- zelne Theile des Willens, und zwar:
1) auf die Natur des Rechtsverhältniſſes;
2) auf die in dem Rechtsverhältniß uns gegenüber ſte- hende Perſon;
3) auf die Sache, die den Gegenſtand des Rechtsver- hältniſſes bildet.
Die drey zuletzt bezeichneten Fälle, die allein einer be- ſonderen Erwägung bedürfen, ſollen nunmehr einzeln dar- geſtellt werden; zuvor aber iſt es nöthig ihre gemeinſame Natur näher zu betrachten. In jedem derſelben finden wir einen das Rechtsgeſchäft begleitenden Irrthum, aus welchem wir die Abweſenheit des wahren Willens, alſo
bringen, die hier, wo wir von der Wirkſamkeit der Willenserklärung an ſich reden, außer unſrer Auf- gabe liegen.
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§. 135. Erklärung ohne Willen. Unabſichtliche.
Was nun ferner den Gegenſtand des Irrthums betrifft,
ſo ſind folgende mögliche Fälle zu bemerken:
I. Der Irrthum kann ſich beziehen auf den Inhalt des
Willens im Ganzen. So wenn Jemand eine Urkunde
unterſchreibt (§ 131), die ihm anſtatt einer anderen, rich-
tigen, untergeſchoben, oder die ihm unrichtig vorgeleſen
worden iſt; oder, wenn Er im Vertrauen auf einen Be-
vollmächtigten, ein leeres Blatt unterſchreibt, der Bevoll-
mächtigte aber dieſes eigenmächtig, und gegen den ertheil-
ten Auftrag, ausfüllt.
Dieſer Fall kann am wenigſten Zweifel erregen, und
macht auch keine näheren Beſtimmungen noͤthig.
II. Der Irrthum kann ſich aber auch beziehen auf ein-
zelne Theile des Willens, und zwar:
1) auf die Natur des Rechtsverhältniſſes;
2) auf die in dem Rechtsverhältniß uns gegenüber ſte-
hende Perſon;
3) auf die Sache, die den Gegenſtand des Rechtsver-
hältniſſes bildet.
Die drey zuletzt bezeichneten Fälle, die allein einer be-
ſonderen Erwägung bedürfen, ſollen nunmehr einzeln dar-
geſtellt werden; zuvor aber iſt es nöthig ihre gemeinſame
Natur näher zu betrachten. In jedem derſelben finden
wir einen das Rechtsgeſchäft begleitenden Irrthum, aus
welchem wir die Abweſenheit des wahren Willens, alſo
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(h) bringen, die hier, wo wir von der
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an ſich reden, außer unſrer Auf-
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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 267. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system03_1840/279>, abgerufen am 04.07.2024.
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