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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 3. Berlin, 1840.

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Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. III. Entstehung und Untergang.
schaftliche Willenserklärung Mehrerer verstanden, die dar-
über einverstanden sind, ihren Erklärungen eine andere
als die gewöhnliche Bedeutung zu geben (h). Der allge-
meine Grundsatz geht nun dahin, daß die wahre Mey-
nung gelten soll, nicht die aus den Worten hervorgehende
scheinbare (i). Es kommt dieses vor in folgenden verschie-
denen Anwendungen:

1) Wenn überhaupt gar kein Rechtsgeschäft gewollt
wird, obgleich die Worte auf ein solches lauten (k).
2) Wenn ein anderes, als das wörtlich ausgespro-
chene, Rechtsgeschäft gewollt wird (l).
3) Wenn andere Personen Träger des Rechtsverhält-
nisses seyn sollen, als worauf die Worte der Willenser-
klärung lauten (m).

Wie verschieden auch die hier zusammen gestellten Fälle

(h) Hierauf bezieht sich der
Titel des Codex: Plus valere
quod agitur, quam quod simu-
late concipitur (IV.
22.). -- In
den meisten Fällen dieser Art wird
eine schlechte, unredliche Absicht
zum Grunde liegen, keinesweges
in allen Fällen.
(i) L. 1 C. tit. cit.
(k) L. 54 de O. et A. (44. 7.),
L. 55 de contr. emt. (18. 1.),
L. 4 § 5 de in diem addict. (18.
2.), L. 30 de ritu nupt. (23. 2.),
L. 1 C. de don. ante nupt. (5.
3.), L. 20 C. de don. int. vir.
(5. 16.), L. 3 C. de repud.
(5. 17.).
(l) L. 36. 38 de contr. emt.
(18. 1.), L. 14 pr. de in diem
addict.
(18. 2.), L. 46 loc. (19.
2.), L. 5 § 5 L. 7 § 6 de don.
int. vir.
(24. 1.), L. 3 C. tit. cit.,
L. 3 C. de contr. emt.
(4. 38.).
-- In einigen dieser Stellen bleibt
es zweifelhaft, ob von einer Si-
mulation, oder von der irrigen
Benennung eines Rechtsgeschäfts
die Rede ist; eben so wird dieses
in einzelnen Fällen der Anwen-
dung zweifelhaft seyn können. Da
indessen unter beiden Voraus-
setzungen gleiche Wirkung eintritt,
so kommt es hierauf nicht an.
(m) L. 2. 4 C. tit. cit., L. 5.
6 C. si quis alteri vel sibi (4.
50.), L. 16 C. de don. int. vir.

(5. 16.).

Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang.
ſchaftliche Willenserklärung Mehrerer verſtanden, die dar-
über einverſtanden ſind, ihren Erklärungen eine andere
als die gewöhnliche Bedeutung zu geben (h). Der allge-
meine Grundſatz geht nun dahin, daß die wahre Mey-
nung gelten ſoll, nicht die aus den Worten hervorgehende
ſcheinbare (i). Es kommt dieſes vor in folgenden verſchie-
denen Anwendungen:

1) Wenn überhaupt gar kein Rechtsgeſchäft gewollt
wird, obgleich die Worte auf ein ſolches lauten (k).
2) Wenn ein anderes, als das wörtlich ausgeſpro-
chene, Rechtsgeſchäft gewollt wird (l).
3) Wenn andere Perſonen Träger des Rechtsverhält-
niſſes ſeyn ſollen, als worauf die Worte der Willenser-
klärung lauten (m).

Wie verſchieden auch die hier zuſammen geſtellten Fälle

(h) Hierauf bezieht ſich der
Titel des Codex: Plus valere
quod agitur, quam quod simu-
late concipitur (IV.
22.). — In
den meiſten Fällen dieſer Art wird
eine ſchlechte, unredliche Abſicht
zum Grunde liegen, keinesweges
in allen Fällen.
(i) L. 1 C. tit. cit.
(k) L. 54 de O. et A. (44. 7.),
L. 55 de contr. emt. (18. 1.),
L. 4 § 5 de in diem addict. (18.
2.), L. 30 de ritu nupt. (23. 2.),
L. 1 C. de don. ante nupt. (5.
3.), L. 20 C. de don. int. vir.
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(l) L. 36. 38 de contr. emt.
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(18. 2.), L. 46 loc. (19.
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int. vir.
(24. 1.), L. 3 C. tit. cit.,
L. 3 C. de contr. emt.
(4. 38.).
— In einigen dieſer Stellen bleibt
es zweifelhaft, ob von einer Si-
mulation, oder von der irrigen
Benennung eines Rechtsgeſchäfts
die Rede iſt; eben ſo wird dieſes
in einzelnen Fällen der Anwen-
dung zweifelhaft ſeyn können. Da
indeſſen unter beiden Voraus-
ſetzungen gleiche Wirkung eintritt,
ſo kommt es hierauf nicht an.
(m) L. 2. 4 C. tit. cit., L. 5.
6 C. si quis alteri vel sibi (4.
50.), L. 16 C. de don. int. vir.

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[262/0274] Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang. ſchaftliche Willenserklärung Mehrerer verſtanden, die dar- über einverſtanden ſind, ihren Erklärungen eine andere als die gewöhnliche Bedeutung zu geben (h). Der allge- meine Grundſatz geht nun dahin, daß die wahre Mey- nung gelten ſoll, nicht die aus den Worten hervorgehende ſcheinbare (i). Es kommt dieſes vor in folgenden verſchie- denen Anwendungen: 1) Wenn überhaupt gar kein Rechtsgeſchäft gewollt wird, obgleich die Worte auf ein ſolches lauten (k). 2) Wenn ein anderes, als das wörtlich ausgeſpro- chene, Rechtsgeſchäft gewollt wird (l). 3) Wenn andere Perſonen Träger des Rechtsverhält- niſſes ſeyn ſollen, als worauf die Worte der Willenser- klärung lauten (m). Wie verſchieden auch die hier zuſammen geſtellten Fälle (h) Hierauf bezieht ſich der Titel des Codex: Plus valere quod agitur, quam quod simu- late concipitur (IV. 22.). — In den meiſten Fällen dieſer Art wird eine ſchlechte, unredliche Abſicht zum Grunde liegen, keinesweges in allen Fällen. (i) L. 1 C. tit. cit. (k) L. 54 de O. et A. (44. 7.), L. 55 de contr. emt. (18. 1.), L. 4 § 5 de in diem addict. (18. 2.), L. 30 de ritu nupt. (23. 2.), L. 1 C. de don. ante nupt. (5. 3.), L. 20 C. de don. int. vir. (5. 16.), L. 3 C. de repud. (5. 17.). (l) L. 36. 38 de contr. emt. (18. 1.), L. 14 pr. de in diem addict. (18. 2.), L. 46 loc. (19. 2.), L. 5 § 5 L. 7 § 6 de don. int. vir. (24. 1.), L. 3 C. tit. cit., L. 3 C. de contr. emt. (4. 38.). — In einigen dieſer Stellen bleibt es zweifelhaft, ob von einer Si- mulation, oder von der irrigen Benennung eines Rechtsgeſchäfts die Rede iſt; eben ſo wird dieſes in einzelnen Fällen der Anwen- dung zweifelhaft ſeyn können. Da indeſſen unter beiden Voraus- ſetzungen gleiche Wirkung eintritt, ſo kommt es hierauf nicht an. (m) L. 2. 4 C. tit. cit., L. 5. 6 C. si quis alteri vel sibi (4. 50.), L. 16 C. de don. int. vir. (5. 16.).

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 262. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system03_1840/274>, abgerufen am 24.11.2024.