Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 3. Berlin, 1840.

Bild:
<< vorherige Seite

Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. III. Entstehung und Untergang.
wäre ein nichtiges Bemühen; jedes hat sein Gutes zu ge-
nießen, seine Mängel aber zu tragen, oder, wenn es ver-
mag, minder fühlbar zu machen. Am wenigsten kann es
die Absicht seyn, die Gesetzgeber zu tadeln, welche durch
Einführung neuer Formen dem praktischen Bedürfniß da
entgegen kommen, wo die Sinnesart verschwunden ist, in
welcher allein die symbolischen Handlungen entstehen, und
ein lebendiges Daseyn fortführen können.

§. 131.
III. Willenserklärungen. -- Erklärung. Ausdrückliche
oder stillschweigende
.

Die Erklärung kann ferner entweder eine ausdrück-
liche
, oder eine stillschweigende seyn. Der Wille selbst
nämlich, als eine innere Thatsache, kann nur mittelbar,
durch eine sinnlich wahrnehmbare Thatsache, erkannt wer-
den. Dieses Mittel der Erkenntniß kann nun von zweyer-
ley Art seyn. Gewöhnlich hat es nur allein die Bestim-
mung, als Kennzeichen des Willens zu dienen; nicht selten
aber hat es zunächst eine andere, selbstständige Bestimmung,
jedoch so daß es daneben auch den Ausdruck des Willens
in sich schließt. Im ersten Fall heißt die Willenserklärung
ausdrücklich, im zweyten stillschweigend (a).


(a) Neuerlich hat man die
Benennungen unmittelbarer
und mittelbarer Willenser-
klärungen vorgeschlagen; ich ziehe
die im Text gebrauchten vor,
theils als anschaulicher, theils als
üblicher und daher bekannter.
Genauer wäre es allerdings, die-
jenige die wir stillschweigend zu
nennen pflegen, als Einwilli-
gung durch Handlungen
zu
bezeichnen, weil der Ausdruck

Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang.
wäre ein nichtiges Bemühen; jedes hat ſein Gutes zu ge-
nießen, ſeine Mängel aber zu tragen, oder, wenn es ver-
mag, minder fühlbar zu machen. Am wenigſten kann es
die Abſicht ſeyn, die Geſetzgeber zu tadeln, welche durch
Einführung neuer Formen dem praktiſchen Bedürfniß da
entgegen kommen, wo die Sinnesart verſchwunden iſt, in
welcher allein die ſymboliſchen Handlungen entſtehen, und
ein lebendiges Daſeyn fortführen koͤnnen.

§. 131.
III. Willenserklärungen. — Erklärung. Ausdrückliche
oder ſtillſchweigende
.

Die Erklärung kann ferner entweder eine ausdrück-
liche
, oder eine ſtillſchweigende ſeyn. Der Wille ſelbſt
nämlich, als eine innere Thatſache, kann nur mittelbar,
durch eine ſinnlich wahrnehmbare Thatſache, erkannt wer-
den. Dieſes Mittel der Erkenntniß kann nun von zweyer-
ley Art ſeyn. Gewöhnlich hat es nur allein die Beſtim-
mung, als Kennzeichen des Willens zu dienen; nicht ſelten
aber hat es zunächſt eine andere, ſelbſtſtändige Beſtimmung,
jedoch ſo daß es daneben auch den Ausdruck des Willens
in ſich ſchließt. Im erſten Fall heißt die Willenserklärung
ausdrücklich, im zweyten ſtillſchweigend (a).


(a) Neuerlich hat man die
Benennungen unmittelbarer
und mittelbarer Willenser-
klärungen vorgeſchlagen; ich ziehe
die im Text gebrauchten vor,
theils als anſchaulicher, theils als
üblicher und daher bekannter.
Genauer wäre es allerdings, die-
jenige die wir ſtillſchweigend zu
nennen pflegen, als Einwilli-
gung durch Handlungen
zu
bezeichnen, weil der Ausdruck
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0254" n="242"/><fw place="top" type="header">Buch <hi rendition="#aq">II.</hi> Rechtsverhältni&#x017F;&#x017F;e. Kap. <hi rendition="#aq">III.</hi> Ent&#x017F;tehung und Untergang.</fw><lb/>
wäre ein nichtiges Bemühen; jedes hat &#x017F;ein Gutes zu ge-<lb/>
nießen, &#x017F;eine Mängel aber zu tragen, oder, wenn es ver-<lb/>
mag, minder fühlbar zu machen. Am wenig&#x017F;ten kann es<lb/>
die Ab&#x017F;icht &#x017F;eyn, die Ge&#x017F;etzgeber zu tadeln, welche durch<lb/>
Einführung neuer Formen dem prakti&#x017F;chen Bedürfniß da<lb/>
entgegen kommen, wo die Sinnesart ver&#x017F;chwunden i&#x017F;t, in<lb/>
welcher allein die &#x017F;ymboli&#x017F;chen Handlungen ent&#x017F;tehen, und<lb/>
ein lebendiges Da&#x017F;eyn fortführen ko&#x0364;nnen.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 131.<lb/><hi rendition="#aq">III.</hi> <hi rendition="#g">Willenserklärungen. &#x2014; Erklärung. Ausdrückliche<lb/>
oder &#x017F;till&#x017F;chweigende</hi>.</head><lb/>
            <p>Die Erklärung kann ferner entweder eine <hi rendition="#g">ausdrück-<lb/>
liche</hi>, oder eine <hi rendition="#g">&#x017F;till&#x017F;chweigende</hi> &#x017F;eyn. Der Wille &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
nämlich, als eine innere That&#x017F;ache, kann nur mittelbar,<lb/>
durch eine &#x017F;innlich wahrnehmbare That&#x017F;ache, erkannt wer-<lb/>
den. Die&#x017F;es Mittel der Erkenntniß kann nun von zweyer-<lb/>
ley Art &#x017F;eyn. Gewöhnlich hat es nur allein die Be&#x017F;tim-<lb/>
mung, als Kennzeichen des Willens zu dienen; nicht &#x017F;elten<lb/>
aber hat es zunäch&#x017F;t eine andere, &#x017F;elb&#x017F;t&#x017F;tändige Be&#x017F;timmung,<lb/>
jedoch &#x017F;o daß es daneben auch den Ausdruck des Willens<lb/>
in &#x017F;ich &#x017F;chließt. Im er&#x017F;ten Fall heißt die Willenserklärung<lb/><hi rendition="#g">ausdrücklich</hi>, im zweyten <hi rendition="#g">&#x017F;till&#x017F;chweigend</hi> <note xml:id="seg2pn_45_1" next="#seg2pn_45_2" place="foot" n="(a)">Neuerlich hat man die<lb/>
Benennungen <hi rendition="#g">unmittelbarer</hi><lb/>
und <hi rendition="#g">mittelbarer</hi> Willenser-<lb/>
klärungen vorge&#x017F;chlagen; ich ziehe<lb/>
die im Text gebrauchten vor,<lb/>
theils als an&#x017F;chaulicher, theils als<lb/>
üblicher und daher bekannter.<lb/>
Genauer wäre es allerdings, die-<lb/>
jenige die wir &#x017F;till&#x017F;chweigend zu<lb/>
nennen pflegen, als <hi rendition="#g">Einwilli-<lb/>
gung durch Handlungen</hi> zu<lb/>
bezeichnen, weil der Ausdruck</note>.</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[242/0254] Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang. wäre ein nichtiges Bemühen; jedes hat ſein Gutes zu ge- nießen, ſeine Mängel aber zu tragen, oder, wenn es ver- mag, minder fühlbar zu machen. Am wenigſten kann es die Abſicht ſeyn, die Geſetzgeber zu tadeln, welche durch Einführung neuer Formen dem praktiſchen Bedürfniß da entgegen kommen, wo die Sinnesart verſchwunden iſt, in welcher allein die ſymboliſchen Handlungen entſtehen, und ein lebendiges Daſeyn fortführen koͤnnen. §. 131. III. Willenserklärungen. — Erklärung. Ausdrückliche oder ſtillſchweigende. Die Erklärung kann ferner entweder eine ausdrück- liche, oder eine ſtillſchweigende ſeyn. Der Wille ſelbſt nämlich, als eine innere Thatſache, kann nur mittelbar, durch eine ſinnlich wahrnehmbare Thatſache, erkannt wer- den. Dieſes Mittel der Erkenntniß kann nun von zweyer- ley Art ſeyn. Gewöhnlich hat es nur allein die Beſtim- mung, als Kennzeichen des Willens zu dienen; nicht ſelten aber hat es zunächſt eine andere, ſelbſtſtändige Beſtimmung, jedoch ſo daß es daneben auch den Ausdruck des Willens in ſich ſchließt. Im erſten Fall heißt die Willenserklärung ausdrücklich, im zweyten ſtillſchweigend (a). (a) Neuerlich hat man die Benennungen unmittelbarer und mittelbarer Willenser- klärungen vorgeſchlagen; ich ziehe die im Text gebrauchten vor, theils als anſchaulicher, theils als üblicher und daher bekannter. Genauer wäre es allerdings, die- jenige die wir ſtillſchweigend zu nennen pflegen, als Einwilli- gung durch Handlungen zu bezeichnen, weil der Ausdruck

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system03_1840
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system03_1840/254
Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 242. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system03_1840/254>, abgerufen am 21.11.2024.