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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 3. Berlin, 1840.

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Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. III. Entstehung und Untergang.
Handlung hätte nun jedesmal vor dem Erwerb geschehen
müssen, was der Testator gar nicht verlangt hatte, und
dadurch wäre bey Legaten die neue Gefahr entstanden,
das ganze Recht (wegen des späteren dies cedens) zu
verlieren. Das geschieht also nicht, vielmehr wird die
ganze Verfügung durchaus eine unbedingte (s). Allein
man zwingt nun hinterher den Erben oder Legatar, die
Handlung, die er hätte beschwören sollen, wirklich zu voll-
ziehen, oder mit anderen Worten, man verwandelt die
Bedingung in einen Modus (t). Dadurch ist der Wille
des Testators viel mehr, als durch den Eid, gesichert,
und die oben erwähnte sittliche Gefahr ist gänzlich abge-
wendet.


(s) Dieser Satz, den Manche
verkennen (Sell S. 253), ist der
wichtigste. Er liegt vor Allem
schon in der oft erwähnten re-
missa
conditio;
dann ist er an-
erkannt in L. 26 pr. de cond.
(35. 1.),
und in L. 8 § 7 de cond.
inst.
(28. 7.) (vgl. § 119. u), am
deutlichsten aber in L. 8 § 8 eod.
Zwey Umstände haben den Irr-
thum veranlaßt; erstlich der in
§ 7 gebrauchte Ausdruck conditio,
der sich daraus erklärt, daß das
Ganze ursprünglich als con-
ditio
gefaßt war: zweytens L. 8
§ 6 eod.,
nach welchem der Erbe
in diesem Fall die Klagen aus
der Erbschaft nicht eher haben
soll, als bis er zuvor die Hand-
lung vollzogen hat. Allein dieses
ist bey einem Universalerben ge-
rade das eigentliche Mittel, einen
Modus zu erzwingen; auch un-
terscheidet sich die Einwirkung die-
ser Zwangsmittel wesentlich von
der Einwirkung einer auf die-
selbe Handlung gerichteten Be-
dingung. Denn dem Erben wird
hier doch nur die Ausübung
gewisser erbschaftlicher Rechte ent-
zogen; das Erbrecht selbst ist ihm
schon völlig erworben, und wird
bey seinem Tod auf seine Erben
übertragen. Ist es dagegen Be-
dingung, und stirbt er vor deren
Erfüllung, so geht Nichts auf
seine Erben über.
(t) Vgl. die drey in der Note s
zuerst angeführte Stellen. --
Hierin liegt nun eben die wich-
tige praktische Verschiedenheit die-
ses Falles von den eigentlich un-
sittlichen Bedingungen, indem
diese spurlos vernichtet werden.

Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang.
Handlung hätte nun jedesmal vor dem Erwerb geſchehen
müſſen, was der Teſtator gar nicht verlangt hatte, und
dadurch wäre bey Legaten die neue Gefahr entſtanden,
das ganze Recht (wegen des ſpäteren dies cedens) zu
verlieren. Das geſchieht alſo nicht, vielmehr wird die
ganze Verfügung durchaus eine unbedingte (s). Allein
man zwingt nun hinterher den Erben oder Legatar, die
Handlung, die er hätte beſchwören ſollen, wirklich zu voll-
ziehen, oder mit anderen Worten, man verwandelt die
Bedingung in einen Modus (t). Dadurch iſt der Wille
des Teſtators viel mehr, als durch den Eid, geſichert,
und die oben erwähnte ſittliche Gefahr iſt gänzlich abge-
wendet.


(s) Dieſer Satz, den Manche
verkennen (Sell S. 253), iſt der
wichtigſte. Er liegt vor Allem
ſchon in der oft erwähnten re-
missa
conditio;
dann iſt er an-
erkannt in L. 26 pr. de cond.
(35. 1.),
und in L. 8 § 7 de cond.
inst.
(28. 7.) (vgl. § 119. u), am
deutlichſten aber in L. 8 § 8 eod.
Zwey Umſtände haben den Irr-
thum veranlaßt; erſtlich der in
§ 7 gebrauchte Ausdruck conditio,
der ſich daraus erklärt, daß das
Ganze urſprünglich als con-
ditio
gefaßt war: zweytens L. 8
§ 6 eod.,
nach welchem der Erbe
in dieſem Fall die Klagen aus
der Erbſchaft nicht eher haben
ſoll, als bis er zuvor die Hand-
lung vollzogen hat. Allein dieſes
iſt bey einem Univerſalerben ge-
rade das eigentliche Mittel, einen
Modus zu erzwingen; auch un-
terſcheidet ſich die Einwirkung die-
ſer Zwangsmittel weſentlich von
der Einwirkung einer auf die-
ſelbe Handlung gerichteten Be-
dingung. Denn dem Erben wird
hier doch nur die Ausübung
gewiſſer erbſchaftlicher Rechte ent-
zogen; das Erbrecht ſelbſt iſt ihm
ſchon völlig erworben, und wird
bey ſeinem Tod auf ſeine Erben
übertragen. Iſt es dagegen Be-
dingung, und ſtirbt er vor deren
Erfüllung, ſo geht Nichts auf
ſeine Erben über.
(t) Vgl. die drey in der Note s
zuerſt angeführte Stellen. —
Hierin liegt nun eben die wich-
tige praktiſche Verſchiedenheit die-
ſes Falles von den eigentlich un-
ſittlichen Bedingungen, indem
dieſe ſpurlos vernichtet werden.
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[188/0200] Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang. Handlung hätte nun jedesmal vor dem Erwerb geſchehen müſſen, was der Teſtator gar nicht verlangt hatte, und dadurch wäre bey Legaten die neue Gefahr entſtanden, das ganze Recht (wegen des ſpäteren dies cedens) zu verlieren. Das geſchieht alſo nicht, vielmehr wird die ganze Verfügung durchaus eine unbedingte (s). Allein man zwingt nun hinterher den Erben oder Legatar, die Handlung, die er hätte beſchwören ſollen, wirklich zu voll- ziehen, oder mit anderen Worten, man verwandelt die Bedingung in einen Modus (t). Dadurch iſt der Wille des Teſtators viel mehr, als durch den Eid, geſichert, und die oben erwähnte ſittliche Gefahr iſt gänzlich abge- wendet. (s) Dieſer Satz, den Manche verkennen (Sell S. 253), iſt der wichtigſte. Er liegt vor Allem ſchon in der oft erwähnten re- missa conditio; dann iſt er an- erkannt in L. 26 pr. de cond. (35. 1.), und in L. 8 § 7 de cond. inst. (28. 7.) (vgl. § 119. u), am deutlichſten aber in L. 8 § 8 eod. Zwey Umſtände haben den Irr- thum veranlaßt; erſtlich der in § 7 gebrauchte Ausdruck conditio, der ſich daraus erklärt, daß das Ganze urſprünglich als con- ditio gefaßt war: zweytens L. 8 § 6 eod., nach welchem der Erbe in dieſem Fall die Klagen aus der Erbſchaft nicht eher haben ſoll, als bis er zuvor die Hand- lung vollzogen hat. Allein dieſes iſt bey einem Univerſalerben ge- rade das eigentliche Mittel, einen Modus zu erzwingen; auch un- terſcheidet ſich die Einwirkung die- ſer Zwangsmittel weſentlich von der Einwirkung einer auf die- ſelbe Handlung gerichteten Be- dingung. Denn dem Erben wird hier doch nur die Ausübung gewiſſer erbſchaftlicher Rechte ent- zogen; das Erbrecht ſelbſt iſt ihm ſchon völlig erworben, und wird bey ſeinem Tod auf ſeine Erben übertragen. Iſt es dagegen Be- dingung, und ſtirbt er vor deren Erfüllung, ſo geht Nichts auf ſeine Erben über. (t) Vgl. die drey in der Note s zuerſt angeführte Stellen. — Hierin liegt nun eben die wich- tige praktiſche Verſchiedenheit die- ſes Falles von den eigentlich un- ſittlichen Bedingungen, indem dieſe ſpurlos vernichtet werden.

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 188. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system03_1840/200>, abgerufen am 22.11.2024.