Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 2. Berlin, 1840.Infamie. näheren Bestimmung: "nec interest, adoptivi sint, an na-turales et secundum legem Juliam Papiamve quaesiti." Das soll heißen: "es gehören dahin sowohl Adoptivkin- der, als natürliche, diese letzten jedoch nur unter der Voraussetzung, daß sie nach den Vorschriften der L. Julia erzeugt sind." Diese Auslegung muß schon aus denselben zwey Gründen verworfen werden, welche so eben bey der Institutionenstelle geltend gemacht wurden, nämlich weil alsdann Paulus etwas Falsches sagen, daneben aber etwas Wahres und Wichtiges ungesagt lassen würde. Dazu kommt hier noch der besondere Grund, daß die Verbin- dung durch et gar nicht auf eine Bedingung und Beschrän- kung des zweyten Falls der Sui, sondern vielmehr auf die Hinzufügung eines dritten Falls hindeutet. Paulus wollte wahrscheinlich sagen: Sui sind erstlich die Adoptivkinder, zweytens die (in rechter Ehe) natürlich erzeugten, drittens diejenigen, welche durch eine causae probatio der väterli- chen Gewalt unterworfen werden. Die Entwicklung und Rechtfertigung dieser Auslegung (wozu vielleicht auch eine Änderung des Textes nöthig seyn dürfte) kann nur in Ver- bindung mit sehr weit führenden Untersuchungen über die Geschichte der causae probatio nach Zeugnissen des Gajus und Ulpian aufgestellt werden. V. Vorzüglich wichtig für unsren Zweck ist die spätere II. 34
Infamie. näheren Beſtimmung: „nec interest, adoptivi sint, an na-turales et secundum legem Juliam Papiamve quaesiti.” Das ſoll heißen: „es gehören dahin ſowohl Adoptivkin- der, als natürliche, dieſe letzten jedoch nur unter der Vorausſetzung, daß ſie nach den Vorſchriften der L. Julia erzeugt ſind.“ Dieſe Auslegung muß ſchon aus denſelben zwey Gründen verworfen werden, welche ſo eben bey der Inſtitutionenſtelle geltend gemacht wurden, nämlich weil alsdann Paulus etwas Falſches ſagen, daneben aber etwas Wahres und Wichtiges ungeſagt laſſen würde. Dazu kommt hier noch der beſondere Grund, daß die Verbin- dung durch et gar nicht auf eine Bedingung und Beſchraͤn- kung des zweyten Falls der Sui, ſondern vielmehr auf die Hinzufügung eines dritten Falls hindeutet. Paulus wollte wahrſcheinlich ſagen: Sui ſind erſtlich die Adoptivkinder, zweytens die (in rechter Ehe) natürlich erzeugten, drittens diejenigen, welche durch eine causae probatio der väterli- chen Gewalt unterworfen werden. Die Entwicklung und Rechtfertigung dieſer Auslegung (wozu vielleicht auch eine Änderung des Textes nöthig ſeyn dürfte) kann nur in Ver- bindung mit ſehr weit führenden Unterſuchungen über die Geſchichte der causae probatio nach Zeugniſſen des Gajus und Ulpian aufgeſtellt werden. V. Vorzüglich wichtig für unſren Zweck iſt die ſpätere II. 34
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Infamie.
näheren Beſtimmung: „nec interest, adoptivi sint, an na-
turales et secundum legem Juliam Papiamve quaesiti.”
Das ſoll heißen: „es gehören dahin ſowohl Adoptivkin-
der, als natürliche, dieſe letzten jedoch nur unter der
Vorausſetzung, daß ſie nach den Vorſchriften der L. Julia
erzeugt ſind.“ Dieſe Auslegung muß ſchon aus denſelben
zwey Gründen verworfen werden, welche ſo eben bey der
Inſtitutionenſtelle geltend gemacht wurden, nämlich weil
alsdann Paulus etwas Falſches ſagen, daneben aber etwas
Wahres und Wichtiges ungeſagt laſſen würde. Dazu
kommt hier noch der beſondere Grund, daß die Verbin-
dung durch et gar nicht auf eine Bedingung und Beſchraͤn-
kung des zweyten Falls der Sui, ſondern vielmehr auf die
Hinzufügung eines dritten Falls hindeutet. Paulus wollte
wahrſcheinlich ſagen: Sui ſind erſtlich die Adoptivkinder,
zweytens die (in rechter Ehe) natürlich erzeugten, drittens
diejenigen, welche durch eine causae probatio der väterli-
chen Gewalt unterworfen werden. Die Entwicklung und
Rechtfertigung dieſer Auslegung (wozu vielleicht auch eine
Änderung des Textes nöthig ſeyn dürfte) kann nur in Ver-
bindung mit ſehr weit führenden Unterſuchungen über die
Geſchichte der causae probatio nach Zeugniſſen des Gajus
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V.
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Geſchichte dieſer Eheverbote.
II. 34
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