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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 2. Berlin, 1840.

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Beylage VI.

Nach dieser Stelle scheint mir unzweifelhaft, daß die
Agnation zwischen der Vestalin und ihren angebornen Ver-
wandten aufgehoben war. Nur hieraus läßt sich die Auf-
hebung des wechselseitigen Intestaterbrechts ungezwungen
erklären, da die Vestalin so wenig vermögenslos war, daß
sie sogar testiren konnte; auch hätte ja eine Fortdauer der
Agnation, neben dem aufgehobenen Erbrecht, gar keinen
praktischen Sinn gehabt, da ohnehin die Tutel (als die zweyte
praktische Folge der Agnation) für die Vestalinnen gar nicht
existirte, und zwar schon nach den XII Tafeln (b). Man hat
dagegen eingewendet, wenn wirklich die Agnation aufgehoben
war, wie konnte dann am Schluß Labeo fragen: id quo jure
fiat, quaeritur,
indem ihm nun der Grund des aufgehobenen
Erbrechts (die aufgehobene Agnation) von selbst einleuchten
mußte. Allein diese Einwendung scheint mir aus mehreren
Gründen nicht erheblich. Schon daß diese fragenden Worte
noch zu denen des Labeo gehören, ist zwar möglich, aber
nicht nothwendig, da sie eben so gut ein Zusatz von Gellius
seyn können. Hauptsächlich aber giebt diese Frage den ein-
fachsten Sinn, wenn man sie blos auf den unmittelbar
vorhergehenden Satz (den Heimfall an den Staatsschatz)
bezieht. Denn darin lag allerdings etwas Singuläres, da
nach uraltem Recht (und davon redet offenbar Labeo) das
erblose Vermögen in allen anderen Fällen vielmehr her-
renlos wurde, und erst die Lex Julia caducaria den Heim-
fall an den Staat allgemein einführte (c). -- Nehmen

(b) Gajus I. § 145.
(c) Cicero de legibus II. 19.
Beylage VI.

Nach dieſer Stelle ſcheint mir unzweifelhaft, daß die
Agnation zwiſchen der Veſtalin und ihren angebornen Ver-
wandten aufgehoben war. Nur hieraus läßt ſich die Auf-
hebung des wechſelſeitigen Inteſtaterbrechts ungezwungen
erklären, da die Veſtalin ſo wenig vermögenslos war, daß
ſie ſogar teſtiren konnte; auch hätte ja eine Fortdauer der
Agnation, neben dem aufgehobenen Erbrecht, gar keinen
praktiſchen Sinn gehabt, da ohnehin die Tutel (als die zweyte
praktiſche Folge der Agnation) für die Veſtalinnen gar nicht
exiſtirte, und zwar ſchon nach den XII Tafeln (b). Man hat
dagegen eingewendet, wenn wirklich die Agnation aufgehoben
war, wie konnte dann am Schluß Labeo fragen: id quo jure
fiat, quaeritur,
indem ihm nun der Grund des aufgehobenen
Erbrechts (die aufgehobene Agnation) von ſelbſt einleuchten
mußte. Allein dieſe Einwendung ſcheint mir aus mehreren
Gründen nicht erheblich. Schon daß dieſe fragenden Worte
noch zu denen des Labeo gehören, iſt zwar möglich, aber
nicht nothwendig, da ſie eben ſo gut ein Zuſatz von Gellius
ſeyn können. Hauptſächlich aber giebt dieſe Frage den ein-
fachſten Sinn, wenn man ſie blos auf den unmittelbar
vorhergehenden Satz (den Heimfall an den Staatsſchatz)
bezieht. Denn darin lag allerdings etwas Singuläres, da
nach uraltem Recht (und davon redet offenbar Labeo) das
erbloſe Vermögen in allen anderen Fällen vielmehr her-
renlos wurde, und erſt die Lex Julia caducaria den Heim-
fall an den Staat allgemein einführte (c). — Nehmen

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(c) Cicero de legibus II. 19.
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[504/0518] Beylage VI. Nach dieſer Stelle ſcheint mir unzweifelhaft, daß die Agnation zwiſchen der Veſtalin und ihren angebornen Ver- wandten aufgehoben war. Nur hieraus läßt ſich die Auf- hebung des wechſelſeitigen Inteſtaterbrechts ungezwungen erklären, da die Veſtalin ſo wenig vermögenslos war, daß ſie ſogar teſtiren konnte; auch hätte ja eine Fortdauer der Agnation, neben dem aufgehobenen Erbrecht, gar keinen praktiſchen Sinn gehabt, da ohnehin die Tutel (als die zweyte praktiſche Folge der Agnation) für die Veſtalinnen gar nicht exiſtirte, und zwar ſchon nach den XII Tafeln (b). Man hat dagegen eingewendet, wenn wirklich die Agnation aufgehoben war, wie konnte dann am Schluß Labeo fragen: id quo jure fiat, quaeritur, indem ihm nun der Grund des aufgehobenen Erbrechts (die aufgehobene Agnation) von ſelbſt einleuchten mußte. Allein dieſe Einwendung ſcheint mir aus mehreren Gründen nicht erheblich. Schon daß dieſe fragenden Worte noch zu denen des Labeo gehören, iſt zwar möglich, aber nicht nothwendig, da ſie eben ſo gut ein Zuſatz von Gellius ſeyn können. Hauptſächlich aber giebt dieſe Frage den ein- fachſten Sinn, wenn man ſie blos auf den unmittelbar vorhergehenden Satz (den Heimfall an den Staatsſchatz) bezieht. Denn darin lag allerdings etwas Singuläres, da nach uraltem Recht (und davon redet offenbar Labeo) das erbloſe Vermögen in allen anderen Fällen vielmehr her- renlos wurde, und erſt die Lex Julia caducaria den Heim- fall an den Staat allgemein einführte (c). — Nehmen (b) Gajus I. § 145. (c) Cicero de legibus II. 19.

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 2. Berlin, 1840, S. 504. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system02_1840/518>, abgerufen am 22.11.2024.