wartung weniger Rücksicht verdienen sollte, als die der Intestaterbschaft der Agnaten.
Eben so müßte auch die Emancipation eine Capitis de- minutio des Vaters genannt werden. Denn der Vater scheidet aus dem bisherigen Familienverhältniß aus, und verliert dadurch die Möglichkeit, durch die Handlungen des Sohnes Etwas zu erwerben, wodurch er vielleicht weit reicher werden könnte, als durch die ganz unsichere Inte- staterbfolge aller seiner Agnaten.
Unsere Erklärung hat mit diesen Schwierigkeiten wie- der nicht zu kämpfen, da es augenscheinlich ist, daß in allen solchen Ereignissen keine Verminderung der Rechts- fähigkeit liegt.
Auf den hier entwickelten Grund übrigens will ich nicht allzuviel Gewicht legen. Die Capitis deminutio ist ein historischer Begriff, und es wäre denkbar, daß dieser auf ganz unlogische Weise, ohne Rücksicht auf inneren Zu- sammenhang, construirt und gegliedert worden wäre. Aber für wahrscheinlich können wir das doch nicht halten, und wenn es möglich ist eine Erklärung zu finden, durch welche die Consequenz in der Ausbildung jenes Begriffs gerettet wird, so verdient dieselbe entschieden den Vorzug vor der- jenigen, die diesen Dienst nicht leistet.
Die hier hervorgehobene Schwäche der Erklärung des Paulus ist auch in vielen neueren Behandlungen unsres Gegenstandes sehr fühlbar. So in den beiden oben (Num. I.) angeführten Schriften von Feuerbach und Löhr, die sich
Status und Capitis deminutio.
wartung weniger Rückſicht verdienen ſollte, als die der Inteſtaterbſchaft der Agnaten.
Eben ſo müßte auch die Emancipation eine Capitis de- minutio des Vaters genannt werden. Denn der Vater ſcheidet aus dem bisherigen Familienverhältniß aus, und verliert dadurch die Möglichkeit, durch die Handlungen des Sohnes Etwas zu erwerben, wodurch er vielleicht weit reicher werden koͤnnte, als durch die ganz unſichere Inte- ſtaterbfolge aller ſeiner Agnaten.
Unſere Erklärung hat mit dieſen Schwierigkeiten wie- der nicht zu kämpfen, da es augenſcheinlich iſt, daß in allen ſolchen Ereigniſſen keine Verminderung der Rechts- fähigkeit liegt.
Auf den hier entwickelten Grund übrigens will ich nicht allzuviel Gewicht legen. Die Capitis deminutio iſt ein hiſtoriſcher Begriff, und es wäre denkbar, daß dieſer auf ganz unlogiſche Weiſe, ohne Rückſicht auf inneren Zu- ſammenhang, conſtruirt und gegliedert worden wäre. Aber für wahrſcheinlich können wir das doch nicht halten, und wenn es möglich iſt eine Erklärung zu finden, durch welche die Conſequenz in der Ausbildung jenes Begriffs gerettet wird, ſo verdient dieſelbe entſchieden den Vorzug vor der- jenigen, die dieſen Dienſt nicht leiſtet.
Die hier hervorgehobene Schwäche der Erklärung des Paulus iſt auch in vielen neueren Behandlungen unſres Gegenſtandes ſehr fuͤhlbar. So in den beiden oben (Num. I.) angeführten Schriften von Feuerbach und Löhr, die ſich
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[489/0503]
Status und Capitis deminutio.
wartung weniger Rückſicht verdienen ſollte, als die der
Inteſtaterbſchaft der Agnaten.
Eben ſo müßte auch die Emancipation eine Capitis de-
minutio des Vaters genannt werden. Denn der Vater
ſcheidet aus dem bisherigen Familienverhältniß aus, und
verliert dadurch die Möglichkeit, durch die Handlungen des
Sohnes Etwas zu erwerben, wodurch er vielleicht weit
reicher werden koͤnnte, als durch die ganz unſichere Inte-
ſtaterbfolge aller ſeiner Agnaten.
Unſere Erklärung hat mit dieſen Schwierigkeiten wie-
der nicht zu kämpfen, da es augenſcheinlich iſt, daß in
allen ſolchen Ereigniſſen keine Verminderung der Rechts-
fähigkeit liegt.
Auf den hier entwickelten Grund übrigens will ich nicht
allzuviel Gewicht legen. Die Capitis deminutio iſt ein
hiſtoriſcher Begriff, und es wäre denkbar, daß dieſer auf
ganz unlogiſche Weiſe, ohne Rückſicht auf inneren Zu-
ſammenhang, conſtruirt und gegliedert worden wäre. Aber
für wahrſcheinlich können wir das doch nicht halten, und
wenn es möglich iſt eine Erklärung zu finden, durch welche
die Conſequenz in der Ausbildung jenes Begriffs gerettet
wird, ſo verdient dieſelbe entſchieden den Vorzug vor der-
jenigen, die dieſen Dienſt nicht leiſtet.
Die hier hervorgehobene Schwäche der Erklärung des
Paulus iſt auch in vielen neueren Behandlungen unſres
Gegenſtandes ſehr fuͤhlbar. So in den beiden oben (Num. I.)
angeführten Schriften von Feuerbach und Löhr, die ſich
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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 2. Berlin, 1840, S. 489. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system02_1840/503>, abgerufen am 22.11.2024.
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