Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 2. Berlin, 1840.Status und Capitis deminutio. So zeigt sich also diese Lehre als eine in sich selbst, auslogischen Gründen, unhaltbare, wenn man ihr nicht eine ganz andere als die gewöhnliche Bedeutung giebt, indem man sie auf die Rechtsfähigkeit bezieht, wovon so- gleich weiter die Rede seyn wird. III. Das Wichtigste aber ist der Inhalt, welchen man je- "Eigenthum nicht unter die Qua-
"litäten eines Menschen." Was geht denn uns, die wir die logi- sche Forderung der Consequenz in der Wissenschaft zu befriedigen ha- ben, der Redegebrauch des ge- meinen Lebens an? Es ist wohl zu bemerken, daß er die Sache an sich damit rechtfertigen will, nicht etwa historisch die Auffas- sung der Römer erklären oder währscheinlich machen. -- Auch die Erwiederung auf unsren Einwurf, als ob gerade nur die wichtigsten Eigenschaften in die Statuslehre aufgenommen wären, würde un- haltbar seyn. In dem Unmündi- gen z. B. können wir zweyerley Eigenschaften unterscheiden: die eines Pflegebefohlenen, und die eines Vermögensinhabers. Jene pflegt in der Statuslehre erwähnt zu werden, diese nicht. Wollten wir nun sagen, das geschehe, weil die erste Eigenschaft so viel wich- tiger wäre als die zweyte, so wür- den wir ja das Mittel höher stel- len als den Zweck. Status und Capitis deminutio. So zeigt ſich alſo dieſe Lehre als eine in ſich ſelbſt, auslogiſchen Gründen, unhaltbare, wenn man ihr nicht eine ganz andere als die gewöhnliche Bedeutung giebt, indem man ſie auf die Rechtsfähigkeit bezieht, wovon ſo- gleich weiter die Rede ſeyn wird. III. Das Wichtigſte aber iſt der Inhalt, welchen man je- „Eigenthum nicht unter die Qua-
„litäten eines Menſchen.“ Was geht denn uns, die wir die logi- ſche Forderung der Conſequenz in der Wiſſenſchaft zu befriedigen ha- ben, der Redegebrauch des ge- meinen Lebens an? Es iſt wohl zu bemerken, daß er die Sache an ſich damit rechtfertigen will, nicht etwa hiſtoriſch die Auffaſ- ſung der Römer erklären oder währſcheinlich machen. — Auch die Erwiederung auf unſren Einwurf, als ob gerade nur die wichtigſten Eigenſchaften in die Statuslehre aufgenommen wären, würde un- haltbar ſeyn. In dem Unmündi- gen z. B. können wir zweyerley Eigenſchaften unterſcheiden: die eines Pflegebefohlenen, und die eines Vermögensinhabers. Jene pflegt in der Statuslehre erwähnt zu werden, dieſe nicht. Wollten wir nun ſagen, das geſchehe, weil die erſte Eigenſchaft ſo viel wich- tiger wäre als die zweyte, ſo wür- den wir ja das Mittel höher ſtel- len als den Zweck. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0461" n="447"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">Status</hi> und <hi rendition="#aq">Capitis deminutio.</hi></fw><lb/> So zeigt ſich alſo dieſe Lehre als eine in ſich ſelbſt, aus<lb/> logiſchen Gründen, unhaltbare, wenn man ihr nicht eine<lb/> ganz andere als die gewöhnliche Bedeutung giebt, indem<lb/> man ſie auf die <hi rendition="#g">Rechtsfähigkeit</hi> bezieht, wovon ſo-<lb/> gleich weiter die Rede ſeyn wird.</p> </div><lb/> <div n="3"> <head> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#aq">III.</hi> </hi> </head><lb/> <p>Das Wichtigſte aber iſt der Inhalt, welchen man je-<lb/> ner Lehre von den <hi rendition="#aq">Status</hi> (den civilen nämlich) geben will,<lb/> alſo der Begriff der mit jedem der angeblichen drey <hi rendition="#aq">Status</hi><lb/> verbunden werden ſoll. Dabey iſt man mit den zwey er-<lb/> ſten wenig in Verlegenheit. <hi rendition="#aq">Status libertatis,</hi> ſagt man,<lb/> bezeichnet den Umſtand, daß Jemand <hi rendition="#g">frey iſt</hi>, <hi rendition="#aq">St. civi-<lb/> tatis,</hi> daß er <hi rendition="#g">Civis iſt</hi>, mit Einſchluß aller der Rechte,<lb/> die er als freyer Menſch oder als Civis zu genießen hat.<lb/> Dieſe Erklärung ſcheint ſo natürlich, da die Benennung<lb/> unmittelbar darauf führt: ſie iſt aber darum nicht auch<lb/><note xml:id="seg2pn_80_2" prev="#seg2pn_80_1" place="foot" n="(c)">„Eigenthum nicht unter die Qua-<lb/> „litäten eines Menſchen.“ Was<lb/> geht denn uns, die wir die logi-<lb/> ſche Forderung der Conſequenz in<lb/> der Wiſſenſchaft zu befriedigen ha-<lb/> ben, der Redegebrauch des ge-<lb/> meinen Lebens an? Es iſt wohl<lb/> zu bemerken, daß er die Sache<lb/> an ſich damit rechtfertigen will,<lb/> nicht etwa hiſtoriſch die Auffaſ-<lb/> ſung der Römer erklären oder<lb/> währſcheinlich machen. — Auch die<lb/> Erwiederung auf unſren Einwurf,<lb/> als ob gerade nur die wichtigſten<lb/> Eigenſchaften in die Statuslehre<lb/> aufgenommen wären, würde un-<lb/> haltbar ſeyn. In dem Unmündi-<lb/> gen z. B. können wir zweyerley<lb/> Eigenſchaften unterſcheiden: die<lb/> eines Pflegebefohlenen, und die<lb/> eines Vermögensinhabers. Jene<lb/> pflegt in der Statuslehre erwähnt<lb/> zu werden, dieſe nicht. Wollten<lb/> wir nun ſagen, das geſchehe, weil<lb/> die erſte Eigenſchaft ſo viel wich-<lb/> tiger wäre als die zweyte, ſo wür-<lb/> den wir ja das Mittel höher ſtel-<lb/> len als den Zweck.</note><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [447/0461]
Status und Capitis deminutio.
So zeigt ſich alſo dieſe Lehre als eine in ſich ſelbſt, aus
logiſchen Gründen, unhaltbare, wenn man ihr nicht eine
ganz andere als die gewöhnliche Bedeutung giebt, indem
man ſie auf die Rechtsfähigkeit bezieht, wovon ſo-
gleich weiter die Rede ſeyn wird.
III.
Das Wichtigſte aber iſt der Inhalt, welchen man je-
ner Lehre von den Status (den civilen nämlich) geben will,
alſo der Begriff der mit jedem der angeblichen drey Status
verbunden werden ſoll. Dabey iſt man mit den zwey er-
ſten wenig in Verlegenheit. Status libertatis, ſagt man,
bezeichnet den Umſtand, daß Jemand frey iſt, St. civi-
tatis, daß er Civis iſt, mit Einſchluß aller der Rechte,
die er als freyer Menſch oder als Civis zu genießen hat.
Dieſe Erklärung ſcheint ſo natürlich, da die Benennung
unmittelbar darauf führt: ſie iſt aber darum nicht auch
(c)
(c) „Eigenthum nicht unter die Qua-
„litäten eines Menſchen.“ Was
geht denn uns, die wir die logi-
ſche Forderung der Conſequenz in
der Wiſſenſchaft zu befriedigen ha-
ben, der Redegebrauch des ge-
meinen Lebens an? Es iſt wohl
zu bemerken, daß er die Sache
an ſich damit rechtfertigen will,
nicht etwa hiſtoriſch die Auffaſ-
ſung der Römer erklären oder
währſcheinlich machen. — Auch die
Erwiederung auf unſren Einwurf,
als ob gerade nur die wichtigſten
Eigenſchaften in die Statuslehre
aufgenommen wären, würde un-
haltbar ſeyn. In dem Unmündi-
gen z. B. können wir zweyerley
Eigenſchaften unterſcheiden: die
eines Pflegebefohlenen, und die
eines Vermögensinhabers. Jene
pflegt in der Statuslehre erwähnt
zu werden, dieſe nicht. Wollten
wir nun ſagen, das geſchehe, weil
die erſte Eigenſchaft ſo viel wich-
tiger wäre als die zweyte, ſo wür-
den wir ja das Mittel höher ſtel-
len als den Zweck.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |