hervor, daß der hier angefochtenen Auffassung, selbst von ihren Vertheidigern, kein historischer Boden zugeschrieben wird, und daß also die Frage selbst nicht sowohl Rechts- begriffe und Rechtsregeln, als vielmehr die Zweckmäßig- keit einer gewissen Methode wissenschaftlicher Darstellung zum Gegenstand hat.
Mehr in die Sache selbst geht der Tadel ein, welcher über den oben angegebenen allgemeinen Begriff des Status ausgesprochen werden muß. In diesem Begriff wird das Rechtehaben als eine menschliche Eigenschaft aufgefaßt, so daß z. B. der Status civitatis angegeben wird als der Inbegriff derjenigen Rechte, welche einem Civis zukom- men. Nimmt man nun diese Betrachtungsweise an, so ist durchaus nicht einzusehen, warum sie nicht consequent durchgeführt werden sollte, da alle anderen Rechte eben so gut, als die der Freyheit und der Civität, unter den Begriff von Eigenschaften des Berechtigten gebracht wer- den können. Dann würden wir auch einen Status des Ehegatten, des Eigenthümers und Fructuars, des Credi- tors, des Erben u. s. w. annehmen müssen, und die ganze Rechtswissenschaft wäre in der Lehre vom Status enthal- ten. Dieses heißt aber mit anderen Worten nur so viel, daß die Lehre vom Status in der Lehre von den Rech- ten überhaupt aufgegangen, folglich als eine beson- dere, selbstständige Lehre gänzlich aufgegeben wäre (c).
(c) Sehr schwach ist die Ant- wort von Höpfner (§ 62 Note a) auf diesen Einwurf: "nach dem "Redegebrauch rechnet man das
Beylage VI.
hervor, daß der hier angefochtenen Auffaſſung, ſelbſt von ihren Vertheidigern, kein hiſtoriſcher Boden zugeſchrieben wird, und daß alſo die Frage ſelbſt nicht ſowohl Rechts- begriffe und Rechtsregeln, als vielmehr die Zweckmäßig- keit einer gewiſſen Methode wiſſenſchaftlicher Darſtellung zum Gegenſtand hat.
Mehr in die Sache ſelbſt geht der Tadel ein, welcher über den oben angegebenen allgemeinen Begriff des Status ausgeſprochen werden muß. In dieſem Begriff wird das Rechtehaben als eine menſchliche Eigenſchaft aufgefaßt, ſo daß z. B. der Status civitatis angegeben wird als der Inbegriff derjenigen Rechte, welche einem Civis zukom- men. Nimmt man nun dieſe Betrachtungsweiſe an, ſo iſt durchaus nicht einzuſehen, warum ſie nicht conſequent durchgeführt werden ſollte, da alle anderen Rechte eben ſo gut, als die der Freyheit und der Civität, unter den Begriff von Eigenſchaften des Berechtigten gebracht wer- den können. Dann würden wir auch einen Status des Ehegatten, des Eigenthümers und Fructuars, des Credi- tors, des Erben u. ſ. w. annehmen müſſen, und die ganze Rechtswiſſenſchaft wäre in der Lehre vom Status enthal- ten. Dieſes heißt aber mit anderen Worten nur ſo viel, daß die Lehre vom Status in der Lehre von den Rech- ten überhaupt aufgegangen, folglich als eine beſon- dere, ſelbſtſtändige Lehre gänzlich aufgegeben wäre (c).
(c) Sehr ſchwach iſt die Ant- wort von Höpfner (§ 62 Note a) auf dieſen Einwurf: „nach dem „Redegebrauch rechnet man das
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Beylage VI.
hervor, daß der hier angefochtenen Auffaſſung, ſelbſt von
ihren Vertheidigern, kein hiſtoriſcher Boden zugeſchrieben
wird, und daß alſo die Frage ſelbſt nicht ſowohl Rechts-
begriffe und Rechtsregeln, als vielmehr die Zweckmäßig-
keit einer gewiſſen Methode wiſſenſchaftlicher Darſtellung
zum Gegenſtand hat.
Mehr in die Sache ſelbſt geht der Tadel ein, welcher
über den oben angegebenen allgemeinen Begriff des Status
ausgeſprochen werden muß. In dieſem Begriff wird das
Rechtehaben als eine menſchliche Eigenſchaft aufgefaßt,
ſo daß z. B. der Status civitatis angegeben wird als der
Inbegriff derjenigen Rechte, welche einem Civis zukom-
men. Nimmt man nun dieſe Betrachtungsweiſe an, ſo iſt
durchaus nicht einzuſehen, warum ſie nicht conſequent
durchgeführt werden ſollte, da alle anderen Rechte eben
ſo gut, als die der Freyheit und der Civität, unter den
Begriff von Eigenſchaften des Berechtigten gebracht wer-
den können. Dann würden wir auch einen Status des
Ehegatten, des Eigenthümers und Fructuars, des Credi-
tors, des Erben u. ſ. w. annehmen müſſen, und die ganze
Rechtswiſſenſchaft wäre in der Lehre vom Status enthal-
ten. Dieſes heißt aber mit anderen Worten nur ſo viel,
daß die Lehre vom Status in der Lehre von den Rech-
ten überhaupt aufgegangen, folglich als eine beſon-
dere, ſelbſtſtändige Lehre gänzlich aufgegeben wäre (c).
(c) Sehr ſchwach iſt die Ant-
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auf dieſen Einwurf: „nach dem
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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 2. Berlin, 1840, S. 446. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system02_1840/460>, abgerufen am 22.11.2024.
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