Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 2. Berlin, 1840.

Bild:
<< vorherige Seite

Beylage V.
die Form des legitimum judicium kein Hinderniß für die
Tochter als Klägerin, so kann in dieser Form auch kein
Grund liegen, sie zur Stellung einer Beklagten im alten
Prozeß für unfähig zu halten; vielmehr war sie dazu eben
so fähig wie der Sohn, das heißt in großer Ausdehnung.
Denn der materielle Grund, der die Söhne und Töchter
in der Regel hinderte Kläger zu werden, hatte auf das
Beklagtenverhältniß keinen Einfluß, indem sie Schulden
haben, und aus diesen, gleich unabhängigen Personen,
verklagt werden konnten.



Fassen wir alle diese Gründe kurz zusammen, so er-
giebt es sich, daß der angebliche Unterschied zwischen Söh-
nen und Töchtern, in der Fähigkeit zu Schuldverhältnis-
sen, auf einer irrigen Annahme beruht, daß vielmehr eine
filiafamilias ganz eben so fähig war Schulden zu haben,
als ihr gleichfalls in väterlicher Gewalt lebender Bruder.



Beylage V.
die Form des legitimum judicium kein Hinderniß für die
Tochter als Klägerin, ſo kann in dieſer Form auch kein
Grund liegen, ſie zur Stellung einer Beklagten im alten
Prozeß für unfähig zu halten; vielmehr war ſie dazu eben
ſo fähig wie der Sohn, das heißt in großer Ausdehnung.
Denn der materielle Grund, der die Söhne und Töchter
in der Regel hinderte Kläger zu werden, hatte auf das
Beklagtenverhältniß keinen Einfluß, indem ſie Schulden
haben, und aus dieſen, gleich unabhängigen Perſonen,
verklagt werden konnten.



Faſſen wir alle dieſe Gründe kurz zuſammen, ſo er-
giebt es ſich, daß der angebliche Unterſchied zwiſchen Söh-
nen und Töchtern, in der Fähigkeit zu Schuldverhältniſ-
ſen, auf einer irrigen Annahme beruht, daß vielmehr eine
filiafamilias ganz eben ſo fähig war Schulden zu haben,
als ihr gleichfalls in väterlicher Gewalt lebender Bruder.



<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0456" n="442"/><fw place="top" type="header">Beylage <hi rendition="#aq">V.</hi></fw><lb/>
die Form des <hi rendition="#aq">legitimum judicium</hi> kein Hinderniß für die<lb/>
Tochter als Klägerin, &#x017F;o kann in die&#x017F;er Form auch kein<lb/>
Grund liegen, &#x017F;ie zur Stellung einer Beklagten im alten<lb/>
Prozeß für unfähig zu halten; vielmehr war &#x017F;ie dazu eben<lb/>
&#x017F;o fähig wie der Sohn, das heißt in großer Ausdehnung.<lb/>
Denn der materielle Grund, der die Söhne und Töchter<lb/>
in der Regel hinderte Kläger zu werden, hatte auf das<lb/>
Beklagtenverhältniß keinen Einfluß, indem &#x017F;ie Schulden<lb/>
haben, und aus die&#x017F;en, gleich unabhängigen Per&#x017F;onen,<lb/>
verklagt werden konnten.</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
          <p>Fa&#x017F;&#x017F;en wir alle die&#x017F;e Gründe kurz zu&#x017F;ammen, &#x017F;o er-<lb/>
giebt es &#x017F;ich, daß der angebliche Unter&#x017F;chied zwi&#x017F;chen Söh-<lb/>
nen und Töchtern, in der Fähigkeit zu Schuldverhältni&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en, auf einer irrigen Annahme beruht, daß vielmehr eine<lb/><hi rendition="#aq">filiafamilias</hi> ganz eben &#x017F;o fähig war Schulden zu haben,<lb/>
als ihr gleichfalls in väterlicher Gewalt lebender Bruder.</p>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[442/0456] Beylage V. die Form des legitimum judicium kein Hinderniß für die Tochter als Klägerin, ſo kann in dieſer Form auch kein Grund liegen, ſie zur Stellung einer Beklagten im alten Prozeß für unfähig zu halten; vielmehr war ſie dazu eben ſo fähig wie der Sohn, das heißt in großer Ausdehnung. Denn der materielle Grund, der die Söhne und Töchter in der Regel hinderte Kläger zu werden, hatte auf das Beklagtenverhältniß keinen Einfluß, indem ſie Schulden haben, und aus dieſen, gleich unabhängigen Perſonen, verklagt werden konnten. Faſſen wir alle dieſe Gründe kurz zuſammen, ſo er- giebt es ſich, daß der angebliche Unterſchied zwiſchen Söh- nen und Töchtern, in der Fähigkeit zu Schuldverhältniſ- ſen, auf einer irrigen Annahme beruht, daß vielmehr eine filiafamilias ganz eben ſo fähig war Schulden zu haben, als ihr gleichfalls in väterlicher Gewalt lebender Bruder.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system02_1840
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system02_1840/456
Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 2. Berlin, 1840, S. 442. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system02_1840/456>, abgerufen am 25.11.2024.