eben die jetzt vorliegende Zweydeutigkeit entstehen mußte; vielmehr würden sie dann die völlige Gleichheit beider Ge- schlechter geradezu ausgesprochen haben, was ja durch bloße Wiederholung des von Ulpian bey dem Sohn ein- geschalteten Zusatzes so leicht zu bewirken war.
Man könnte endlich versuchen, der hier bekämpften Meynung noch eine neue Seite abzugewinnen, die Seite der gerichtlichen Verfolgung. Wenn auch, könnte man sagen, eine filiafamilias die Fähigkeit hatte, Schuldnerin zu seyn, so konnte sie doch niemals verklagt werden, da Ulpian sagt, daß eine Frau nie anders als mit einem Tutor in einem legitimum judicium auftreten durfte (Note a), die filiafamilias aber niemals einen Tutor ha- ben konnte. -- Gegen diese prozessualische Vertheidigung jener Meynung aber ist Folgendes zu bemerken.
Zuerst Dasselbe, was schon oben über die Schulden ge- sagt worden ist. Die Nothwendigkeit der auctoritas bezog sich nur auf diejenigen Frauen, die überhaupt einen Tu- tor hatten oder haben sollten, das heißt auf die unab- hängigen, nicht auf die in väterlicher Gewalt lebenden.
Zweytens würden die alten Juristen durch die Rück- sicht auf das legitimum judicium in keinem Fall haben bestimmt werden können, eine Unfähigkeit der Frauen im Allgemeinen zu behaupten, da zu ihrer Zeit bey weitem die meisten Prozesse im Römischen Reich nicht legitima judicia waren, sondern judicia quae imperio contineban-
Schuldenfähigkeit einer filiafamilias.
eben die jetzt vorliegende Zweydeutigkeit entſtehen mußte; vielmehr würden ſie dann die völlige Gleichheit beider Ge- ſchlechter geradezu ausgeſprochen haben, was ja durch bloße Wiederholung des von Ulpian bey dem Sohn ein- geſchalteten Zuſatzes ſo leicht zu bewirken war.
Man könnte endlich verſuchen, der hier bekämpften Meynung noch eine neue Seite abzugewinnen, die Seite der gerichtlichen Verfolgung. Wenn auch, könnte man ſagen, eine filiafamilias die Fähigkeit hatte, Schuldnerin zu ſeyn, ſo konnte ſie doch niemals verklagt werden, da Ulpian ſagt, daß eine Frau nie anders als mit einem Tutor in einem legitimum judicium auftreten durfte (Note a), die filiafamilias aber niemals einen Tutor ha- ben konnte. — Gegen dieſe prozeſſualiſche Vertheidigung jener Meynung aber iſt Folgendes zu bemerken.
Zuerſt Daſſelbe, was ſchon oben über die Schulden ge- ſagt worden iſt. Die Nothwendigkeit der auctoritas bezog ſich nur auf diejenigen Frauen, die überhaupt einen Tu- tor hatten oder haben ſollten, das heißt auf die unab- hängigen, nicht auf die in väterlicher Gewalt lebenden.
Zweytens würden die alten Juriſten durch die Rück- ſicht auf das legitimum judicium in keinem Fall haben beſtimmt werden koͤnnen, eine Unfähigkeit der Frauen im Allgemeinen zu behaupten, da zu ihrer Zeit bey weitem die meiſten Prozeſſe im Römiſchen Reich nicht legitima judicia waren, ſondern judicia quae imperio contineban-
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Schuldenfähigkeit einer filiafamilias.
eben die jetzt vorliegende Zweydeutigkeit entſtehen mußte;
vielmehr würden ſie dann die völlige Gleichheit beider Ge-
ſchlechter geradezu ausgeſprochen haben, was ja durch
bloße Wiederholung des von Ulpian bey dem Sohn ein-
geſchalteten Zuſatzes ſo leicht zu bewirken war.
Man könnte endlich verſuchen, der hier bekämpften
Meynung noch eine neue Seite abzugewinnen, die Seite
der gerichtlichen Verfolgung. Wenn auch, könnte man
ſagen, eine filiafamilias die Fähigkeit hatte, Schuldnerin
zu ſeyn, ſo konnte ſie doch niemals verklagt werden, da
Ulpian ſagt, daß eine Frau nie anders als mit einem
Tutor in einem legitimum judicium auftreten durfte
(Note a), die filiafamilias aber niemals einen Tutor ha-
ben konnte. — Gegen dieſe prozeſſualiſche Vertheidigung
jener Meynung aber iſt Folgendes zu bemerken.
Zuerſt Daſſelbe, was ſchon oben über die Schulden ge-
ſagt worden iſt. Die Nothwendigkeit der auctoritas bezog
ſich nur auf diejenigen Frauen, die überhaupt einen Tu-
tor hatten oder haben ſollten, das heißt auf die unab-
hängigen, nicht auf die in väterlicher Gewalt lebenden.
Zweytens würden die alten Juriſten durch die Rück-
ſicht auf das legitimum judicium in keinem Fall haben
beſtimmt werden koͤnnen, eine Unfähigkeit der Frauen im
Allgemeinen zu behaupten, da zu ihrer Zeit bey weitem
die meiſten Prozeſſe im Römiſchen Reich nicht legitima
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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 2. Berlin, 1840, S. 439. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system02_1840/453>, abgerufen am 25.11.2024.
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