Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 2. Berlin, 1840.Beylage IV. den. Während die Bedingung noch unentschieden, er alsonoch Sklave war, schloß er mit den Glaubigern des Ver- storbenen einen Nachlaßvertrag; wenn nun die Bedingung eintrat, und er dadurch Erbe wurde, konnte er den Glau- bigern aus jenem Vertrag die exceptio pacti entgegen setzen? Ulpian verneint dieses aus dem Grunde "quoni- "am non solet ei proficere, si quid in servitute egit, post "libertatem: quod in pacti exceptione admittendum est." Hier ist unsre Regel unmittelbar ausgesprochen, und auf den Erwerb einer bloßen Exception, durch naturalis obli- gatio, angewendet; dann folgt aber die merkwürdige Er- klärung, die für den praktischen Erfolg gerade das Ge- gentheil feststellt: unter der Form der doli exceptio könne der Sklave nach erworbener Freyheit seinen Zweck den- noch erreichen. Dieses wird bestätigt durch das Beyspiel des Sohnes, der noch bey des Vaters Leben mit dessen Creditoren den Erlaßvertrag geschlossen habe, und gleich- falls zwar nicht die pacti, wohl aber die doli exceptio, nachdem er späterhin Erbe des Vaters geworden, gebrau- chen könne. "Idem probat, et si filius vivo patre cum "creditoribus paternis pactus sit: nam et huic doli excep- "tionem profuturam. Immo et in servo doli exceptio "non est respuenda." Damit soll nun ohne Zweifel ge- sagt werden, der Sklave habe die doli exceptio, selbst wenn er während des Lebens seines Herrn den Vertrag geschlossen habe: um so mehr also, wenn dieses erst nach dessen Tod, aber vor erfüllter Bedingung der Freyheit Beylage IV. den. Während die Bedingung noch unentſchieden, er alſonoch Sklave war, ſchloß er mit den Glaubigern des Ver- ſtorbenen einen Nachlaßvertrag; wenn nun die Bedingung eintrat, und er dadurch Erbe wurde, konnte er den Glau- bigern aus jenem Vertrag die exceptio pacti entgegen ſetzen? Ulpian verneint dieſes aus dem Grunde „quoni- „am non solet ei proficere, si quid in servitute egit, post „libertatem: quod in pacti exceptione admittendum est.” Hier iſt unſre Regel unmittelbar ausgeſprochen, und auf den Erwerb einer bloßen Exception, durch naturalis obli- gatio, angewendet; dann folgt aber die merkwürdige Er- klärung, die für den praktiſchen Erfolg gerade das Ge- gentheil feſtſtellt: unter der Form der doli exceptio könne der Sklave nach erworbener Freyheit ſeinen Zweck den- noch erreichen. Dieſes wird beſtätigt durch das Beyſpiel des Sohnes, der noch bey des Vaters Leben mit deſſen Creditoren den Erlaßvertrag geſchloſſen habe, und gleich- falls zwar nicht die pacti, wohl aber die doli exceptio, nachdem er ſpäterhin Erbe des Vaters geworden, gebrau- chen könne. „Idem probat, et si filius vivo patre cum „creditoribus paternis pactus sit: nam et huic doli excep- „tionem profuturam. Immo et in servo doli exceptio „non est respuenda.” Damit ſoll nun ohne Zweifel ge- ſagt werden, der Sklave habe die doli exceptio, ſelbſt wenn er während des Lebens ſeines Herrn den Vertrag geſchloſſen habe: um ſo mehr alſo, wenn dieſes erſt nach deſſen Tod, aber vor erfüllter Bedingung der Freyheit <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0434" n="420"/><fw place="top" type="header">Beylage <hi rendition="#aq">IV.</hi></fw><lb/> den. Während die Bedingung noch unentſchieden, er alſo<lb/> noch Sklave war, ſchloß er mit den Glaubigern des Ver-<lb/> ſtorbenen einen Nachlaßvertrag; wenn nun die Bedingung<lb/> eintrat, und er dadurch Erbe wurde, konnte er den Glau-<lb/> bigern aus jenem Vertrag die <hi rendition="#aq">exceptio pacti</hi> entgegen<lb/> ſetzen? 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Beylage IV.
den. Während die Bedingung noch unentſchieden, er alſo
noch Sklave war, ſchloß er mit den Glaubigern des Ver-
ſtorbenen einen Nachlaßvertrag; wenn nun die Bedingung
eintrat, und er dadurch Erbe wurde, konnte er den Glau-
bigern aus jenem Vertrag die exceptio pacti entgegen
ſetzen? Ulpian verneint dieſes aus dem Grunde „quoni-
„am non solet ei proficere, si quid in servitute egit, post
„libertatem: quod in pacti exceptione admittendum est.”
Hier iſt unſre Regel unmittelbar ausgeſprochen, und auf
den Erwerb einer bloßen Exception, durch naturalis obli-
gatio, angewendet; dann folgt aber die merkwürdige Er-
klärung, die für den praktiſchen Erfolg gerade das Ge-
gentheil feſtſtellt: unter der Form der doli exceptio könne
der Sklave nach erworbener Freyheit ſeinen Zweck den-
noch erreichen. Dieſes wird beſtätigt durch das Beyſpiel
des Sohnes, der noch bey des Vaters Leben mit deſſen
Creditoren den Erlaßvertrag geſchloſſen habe, und gleich-
falls zwar nicht die pacti, wohl aber die doli exceptio,
nachdem er ſpäterhin Erbe des Vaters geworden, gebrau-
chen könne. „Idem probat, et si filius vivo patre cum
„creditoribus paternis pactus sit: nam et huic doli excep-
„tionem profuturam. Immo et in servo doli exceptio
„non est respuenda.” Damit ſoll nun ohne Zweifel ge-
ſagt werden, der Sklave habe die doli exceptio, ſelbſt
wenn er während des Lebens ſeines Herrn den Vertrag
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